nung zu verbreiten suchen, dann werden Oesterreich und Preußen, deren bisheriger Einfluß auf die klei¬ nen deutschen Mächte hierdurch bedroht wird, alles anwenden, dem, was sie als ihr Verderben ansehen, Einhalt zu thun. Und was dann? Geduld. Wir werden sehen, wer am nächsten erste April den An¬ dern in den April schickt.
Dienstag, den 21. Februar.
Diesen Morgen besuchte mich Jemand aus Wis¬ baden und der von dort kömmt. Der erzählte mir, man habe nicht einen Deputirten, sondern einen Be¬ amten arretirt, den man in Verdacht hatte, Artikel gegen die Nassauer Regierung in die Hanauer Zei¬ tung geschrieben zu haben. Der eigentliche Verfasser jener Artikel sey der Papierhändler Schulz in Wis¬ baden, und als dieser von der Arretirung jenes Beamten erfahren, sey er vor Schrecken gestor¬ ben. Wir Deutsche empfinden jetzt die üblen Fol¬ gen, daß man Polignac und seine Gesellen nicht auf¬ geknüpft hat. Ein solches Beispiel hätte die deut¬ schen Ministerchen doch etwas stutzig gemacht. Wie bequem es aber unsere Regierungen haben! Wie wohlfeil die Tyrannei bei uns ist! Die Regierun¬ gen können ein Schreckenssystem ohne Guillotine einführen. Sie brauchen ihre unterthänigen Philister nur mit Gefängniß zu bedrohen, und da sterben sie
IV. 15
nung zu verbreiten ſuchen, dann werden Oeſterreich und Preußen, deren bisheriger Einfluß auf die klei¬ nen deutſchen Mächte hierdurch bedroht wird, alles anwenden, dem, was ſie als ihr Verderben anſehen, Einhalt zu thun. Und was dann? Geduld. Wir werden ſehen, wer am nächſten erſte April den An¬ dern in den April ſchickt.
Dienſtag, den 21. Februar.
Dieſen Morgen beſuchte mich Jemand aus Wis¬ baden und der von dort kömmt. Der erzählte mir, man habe nicht einen Deputirten, ſondern einen Be¬ amten arretirt, den man in Verdacht hatte, Artikel gegen die Naſſauer Regierung in die Hanauer Zei¬ tung geſchrieben zu haben. Der eigentliche Verfaſſer jener Artikel ſey der Papierhändler Schulz in Wis¬ baden, und als dieſer von der Arretirung jenes Beamten erfahren, ſey er vor Schrecken geſtor¬ ben. Wir Deutſche empfinden jetzt die üblen Fol¬ gen, daß man Polignac und ſeine Geſellen nicht auf¬ geknüpft hat. Ein ſolches Beiſpiel hätte die deut¬ ſchen Miniſterchen doch etwas ſtutzig gemacht. Wie bequem es aber unſere Regierungen haben! Wie wohlfeil die Tyrannei bei uns iſt! Die Regierun¬ gen können ein Schreckensſyſtem ohne Guillotine einführen. Sie brauchen ihre unterthänigen Philiſter nur mit Gefängniß zu bedrohen, und da ſterben ſie
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nung zu verbreiten ſuchen, dann werden Oeſterreich
und Preußen, deren bisheriger Einfluß auf die klei¬
nen deutſchen Mächte hierdurch bedroht wird, alles
anwenden, dem, was ſie als ihr Verderben anſehen,
Einhalt zu thun. Und was dann? Geduld. Wir
werden ſehen, wer am nächſten erſte April den An¬
dern in den April ſchickt.
Dienſtag, den 21. Februar.
Dieſen Morgen beſuchte mich Jemand aus Wis¬
baden und der von dort kömmt. Der erzählte mir,
man habe nicht einen Deputirten, ſondern einen Be¬
amten arretirt, den man in Verdacht hatte, Artikel
gegen die Naſſauer Regierung in die Hanauer Zei¬
tung geſchrieben zu haben. Der eigentliche Verfaſſer
jener Artikel ſey der Papierhändler Schulz in Wis¬
baden, und als dieſer von der Arretirung jenes
Beamten erfahren, ſey er vor Schrecken geſtor¬
ben. Wir Deutſche empfinden jetzt die üblen Fol¬
gen, daß man Polignac und ſeine Geſellen nicht auf¬
geknüpft hat. Ein ſolches Beiſpiel hätte die deut¬
ſchen Miniſterchen doch etwas ſtutzig gemacht. Wie
bequem es aber unſere Regierungen haben! Wie
wohlfeil die Tyrannei bei uns iſt! Die Regierun¬
gen können ein Schreckensſyſtem ohne Guillotine
einführen. Sie brauchen ihre unterthänigen Philiſter
nur mit Gefängniß zu bedrohen, und da ſterben ſie
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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris04_1833/239>, abgerufen am 22.02.2025.
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