Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 2. Hamburg, 1832.Mittwoch, den 16. Februar. Guten Morgen! Die Tugend, meine Träg¬ -- -- Lassen Sie mich schweigen von den Mittwoch, den 16. Februar. Guten Morgen! Die Tugend, meine Träg¬ — — Laſſen Sie mich ſchweigen von den <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0077" n="63"/> <div n="2"> <dateline> <hi rendition="#right">Mittwoch, den 16. Februar.</hi> </dateline><lb/> <p>Guten Morgen! Die Tugend, meine Träg¬<lb/> heit, hat geſiegt. Ich war auf keinem Masken¬<lb/> balle. Wie ſüß habe ich geſchlafen nach dieſer<lb/> edlen Un-That!</p><lb/> <p>— — Laſſen Sie mich ſchweigen von den<lb/> merkwürdigen Ereigniſſen des geſtrigen und vor¬<lb/> geſtrigen Tages. Sie werden das aus den Zeitun¬<lb/> gen erfahren. Es war ein Roman von Walter<lb/> Scott, der zurück ging und wieder lebendig wurde;<lb/> es war eine Symphonie von Beethoven, die unter<lb/> Thränen lacht; es war ein Drama von Shakeſpeare.<lb/> Solche humoriſtiſche Schickſalstage hat man noch nie<lb/> geſehen. Ich Unglückſeligſter möchte mich todt¬<lb/> ſchießen; ich ſehe nur immer den Spaß, und den<lb/> Ernſt muß ich mir erzählen laſſen. Man ſollte nicht<lb/> mehr lieben, wenn man alt geworden, nicht einmal<lb/> die Freiheit. Die Revolution läuft vor mir fort,<lb/> wie ein junges Mädchen, und lacht mich aus mit<lb/> meinen Liebeserklärungen. Während ich vorgeſtern<lb/> im Theatre Fran<hi rendition="#aq">ç</hi>ais über Mascarills Schelmereien<lb/> lachte, krönten die Carliſten in der Kirche das Bild<lb/> des Herzogs von Bordeaux, und ſtatt einer Ver¬<lb/> ſchwörung beizuwohnen, ſah ich einem verliebten<lb/> Marquis einen Nachttopf über die Friſur fließen.<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [63/0077]
Mittwoch, den 16. Februar.
Guten Morgen! Die Tugend, meine Träg¬
heit, hat geſiegt. Ich war auf keinem Masken¬
balle. Wie ſüß habe ich geſchlafen nach dieſer
edlen Un-That!
— — Laſſen Sie mich ſchweigen von den
merkwürdigen Ereigniſſen des geſtrigen und vor¬
geſtrigen Tages. Sie werden das aus den Zeitun¬
gen erfahren. Es war ein Roman von Walter
Scott, der zurück ging und wieder lebendig wurde;
es war eine Symphonie von Beethoven, die unter
Thränen lacht; es war ein Drama von Shakeſpeare.
Solche humoriſtiſche Schickſalstage hat man noch nie
geſehen. Ich Unglückſeligſter möchte mich todt¬
ſchießen; ich ſehe nur immer den Spaß, und den
Ernſt muß ich mir erzählen laſſen. Man ſollte nicht
mehr lieben, wenn man alt geworden, nicht einmal
die Freiheit. Die Revolution läuft vor mir fort,
wie ein junges Mädchen, und lacht mich aus mit
meinen Liebeserklärungen. Während ich vorgeſtern
im Theatre Français über Mascarills Schelmereien
lachte, krönten die Carliſten in der Kirche das Bild
des Herzogs von Bordeaux, und ſtatt einer Ver¬
ſchwörung beizuwohnen, ſah ich einem verliebten
Marquis einen Nachttopf über die Friſur fließen.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |