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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 2. Hamburg, 1832.

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Gestern war nach langer Zeit der Z. einmal
wieder bei mir, blieb aber nicht lange. Ich hörte
etwas von ihm, was euch in Frankfurt gar nicht
gleichgültig sein kann. Ich erinnere mich nicht, ob
ich es Ihnen schon früher mitgetheilt, daß mir wäh¬
rend meines Hierseyns Aeußerungen von französischen
Offizieren hinterbracht worden: daß, wenn sie der
Krieg einmal wieder nach Frankfurt brächte, sie sich
für die Mishandlungen, die sie dort bei ihrem Rück¬
zuge 1814 hätten erleiden müssen, fürchterlich rächen
wollten. Nun erzählte mir Z., er habe einen Tag
vorher mit einem General gegessen, der habe das
Nehmliche geäußert und hinzugefügt, er habe dem
Kriegsminister Marschal Soult schon den Vorschlag
gemacht, Frankfurt hundert Millionen Contribution
bezahlen zu lassen. Erzählen Sie das aber nicht
weiter, ehe Sie meine Stadt-Obligationen verkauft
haben. Aber wie flink die Herren Franzosen sind!
Mögen sie nur kommen, wir sind noch flinker im
Gehorchen als sie im Befehlen. Wollte ich doch
darauf wetten, daß der Censor schon längst die stille


Geſtern war nach langer Zeit der Z. einmal
wieder bei mir, blieb aber nicht lange. Ich hörte
etwas von ihm, was euch in Frankfurt gar nicht
gleichgültig ſein kann. Ich erinnere mich nicht, ob
ich es Ihnen ſchon früher mitgetheilt, daß mir wäh¬
rend meines Hierſeyns Aeußerungen von franzöſiſchen
Offizieren hinterbracht worden: daß, wenn ſie der
Krieg einmal wieder nach Frankfurt brächte, ſie ſich
für die Mishandlungen, die ſie dort bei ihrem Rück¬
zuge 1814 hätten erleiden müſſen, fürchterlich rächen
wollten. Nun erzählte mir Z., er habe einen Tag
vorher mit einem General gegeſſen, der habe das
Nehmliche geäußert und hinzugefügt, er habe dem
Kriegsminiſter Marſchal Soult ſchon den Vorſchlag
gemacht, Frankfurt hundert Millionen Contribution
bezahlen zu laſſen. Erzählen Sie das aber nicht
weiter, ehe Sie meine Stadt-Obligationen verkauft
haben. Aber wie flink die Herren Franzoſen ſind!
Mögen ſie nur kommen, wir ſind noch flinker im
Gehorchen als ſie im Befehlen. Wollte ich doch
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[170/0184] Freitag, den 18. März. Geſtern war nach langer Zeit der Z. einmal wieder bei mir, blieb aber nicht lange. Ich hörte etwas von ihm, was euch in Frankfurt gar nicht gleichgültig ſein kann. Ich erinnere mich nicht, ob ich es Ihnen ſchon früher mitgetheilt, daß mir wäh¬ rend meines Hierſeyns Aeußerungen von franzöſiſchen Offizieren hinterbracht worden: daß, wenn ſie der Krieg einmal wieder nach Frankfurt brächte, ſie ſich für die Mishandlungen, die ſie dort bei ihrem Rück¬ zuge 1814 hätten erleiden müſſen, fürchterlich rächen wollten. Nun erzählte mir Z., er habe einen Tag vorher mit einem General gegeſſen, der habe das Nehmliche geäußert und hinzugefügt, er habe dem Kriegsminiſter Marſchal Soult ſchon den Vorſchlag gemacht, Frankfurt hundert Millionen Contribution bezahlen zu laſſen. Erzählen Sie das aber nicht weiter, ehe Sie meine Stadt-Obligationen verkauft haben. Aber wie flink die Herren Franzoſen ſind! Mögen ſie nur kommen, wir ſind noch flinker im Gehorchen als ſie im Befehlen. Wollte ich doch darauf wetten, daß der Cenſor ſchon längſt die ſtille

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Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 2. Hamburg, 1832, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris02_1832/184>, abgerufen am 21.11.2024.