Zum Armzeug (franz. brassard, ital. bracciale) am Plattenhar- nische rechnet man die Achseln (fr. epaulieres, ital. spallacci), die Armröhren (canons) und die Ellenbogenkacheln (fr. cubitieres, ital. cubitiere), und benennt gemeiniglich die Achseln mit der an- schliessenden Armröhre Oberarmzeug, die übrigen beiden Stücke Unterarmzeug.
Wiewohl eine Bedeckung der Achseln durch Bronze oder Eisen schon im Altertume allenthalben im Gebrauche war, so gewahren wir doch in der kriegerischen Ausrüstung des früheren Mittelalters nirgends eine besondere Sorge für den Schutz einer so sehr der Verletzung ausgesetzten Körperstelle, wie die Schultern sich darstellen. Wir finden weder an der Brünne (broigne) noch am Haubert des 13. Jahrhun- derts die geringste Verstärkung, und demnach konnte ein Axt- oder mächtigerer Schwerthieb ohne Zweifel jene Stelle ausgiebig verwunden. Als einziges Mittel, seine Schultern zu schützen, blieb dem Krieger bis gegen das Ende des 13. Jahrhunderts der Schild, später die über den Hals gehängte Tartsche. Erst um 1275 schien man sich der Mangelhaftigkeit der Kriegskleidung bewusst zu werden, denn die um jene Zeit auftretenden Achselschilde (ailettes), in Frankreich und England, welche später nähere Erwähnung finden werden, hatten die Aufgabe, nicht nur dem Halse, sondern auch den Schultern einen besseren Schutz zu bieten. Aber diese Schildchen, an sich nicht sehr widerstandsfähig, glitten im Gefechte leicht von der Schulter ab und fielen nach vor- oder rückwärts. Um diesen Nachteilen zu begegnen merkt man schon um jene Zeit schüchterne Versuche, die Achseln unmittelbar mit Platten aus geschlagenem Eisenblech zu be- decken. Man befestigte runde Scheiben mittelst Lederriemen an den Achselpunkten des Hauberts, diese Achselscheiben deckten den Körperteil begreiflicherweise nur höchst unvollständig, weshalb man am Ende des 13. Jahrhunderts begann, die Achseln mit schuppenförmigen, lose herabfallenden Plättchen, bald darauf aber mit quer angeordneten Schienen zu decken, welche schon eine Art von Geschübe darstellten. Man nannte ein derlei Achselstück um 1270 Spaldenier vom lateinischen espalderium. Diese nicht unwichtige Veränderung fällt so ziemlich mit der Aufnahme des Lentners zu- sammen, der, eng den Leib umschliessend, allen Verstärkungen mehr Halt gewährte. Wir sehen auch im 14. Jahrhundert diesen Vorteil rasch benutzt, denn nun wird die Achsel durch halbkugelförmig ge- triebene Platten geschützt, die sich oben an den Lentner, unterhalb an die Armschienen anschliessen. Diese Verbesserung blieb dadurch unvollkommen, als der Arm in gehobener Stellung ungedeckt er- schien, und diese Wahrnehmung führte schon in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts zur Vergrösserung der Achselstücke nach vor-
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3. Das Armzeug.
3. Das Armzeug.
Zum Armzeug (franz. brassard, ital. bracciale) am Plattenhar- nische rechnet man die Achseln (fr. épaulières, ital. spallacci), die Armröhren (canons) und die Ellenbogenkacheln (fr. cubitières, ital. cubitiere), und benennt gemeiniglich die Achseln mit der an- schlieſsenden Armröhre Oberarmzeug, die übrigen beiden Stücke Unterarmzeug.
Wiewohl eine Bedeckung der Achseln durch Bronze oder Eisen schon im Altertume allenthalben im Gebrauche war, so gewahren wir doch in der kriegerischen Ausrüstung des früheren Mittelalters nirgends eine besondere Sorge für den Schutz einer so sehr der Verletzung ausgesetzten Körperstelle, wie die Schultern sich darstellen. Wir finden weder an der Brünne (broigne) noch am Haubert des 13. Jahrhun- derts die geringste Verstärkung, und demnach konnte ein Axt- oder mächtigerer Schwerthieb ohne Zweifel jene Stelle ausgiebig verwunden. Als einziges Mittel, seine Schultern zu schützen, blieb dem Krieger bis gegen das Ende des 13. Jahrhunderts der Schild, später die über den Hals gehängte Tartsche. Erst um 1275 schien man sich der Mangelhaftigkeit der Kriegskleidung bewuſst zu werden, denn die um jene Zeit auftretenden Achselschilde (ailettes), in Frankreich und England, welche später nähere Erwähnung finden werden, hatten die Aufgabe, nicht nur dem Halse, sondern auch den Schultern einen besseren Schutz zu bieten. Aber diese Schildchen, an sich nicht sehr widerstandsfähig, glitten im Gefechte leicht von der Schulter ab und fielen nach vor- oder rückwärts. Um diesen Nachteilen zu begegnen merkt man schon um jene Zeit schüchterne Versuche, die Achseln unmittelbar mit Platten aus geschlagenem Eisenblech zu be- decken. Man befestigte runde Scheiben mittelst Lederriemen an den Achselpunkten des Hauberts, diese Achselscheiben deckten den Körperteil begreiflicherweise nur höchst unvollständig, weshalb man am Ende des 13. Jahrhunderts begann, die Achseln mit schuppenförmigen, lose herabfallenden Plättchen, bald darauf aber mit quer angeordneten Schienen zu decken, welche schon eine Art von Geschübe darstellten. Man nannte ein derlei Achselstück um 1270 Spaldenier vom lateinischen espalderium. Diese nicht unwichtige Veränderung fällt so ziemlich mit der Aufnahme des Lentners zu- sammen, der, eng den Leib umschlieſsend, allen Verstärkungen mehr Halt gewährte. Wir sehen auch im 14. Jahrhundert diesen Vorteil rasch benutzt, denn nun wird die Achsel durch halbkugelförmig ge- triebene Platten geschützt, die sich oben an den Lentner, unterhalb an die Armschienen anschlieſsen. Diese Verbesserung blieb dadurch unvollkommen, als der Arm in gehobener Stellung ungedeckt er- schien, und diese Wahrnehmung führte schon in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts zur Vergröſserung der Achselstücke nach vor-
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3. Das Armzeug.
Zum Armzeug (franz. brassard, ital. bracciale) am Plattenhar-
nische rechnet man die Achseln (fr. épaulières, ital. spallacci), die
Armröhren (canons) und die Ellenbogenkacheln (fr. cubitières,
ital. cubitiere), und benennt gemeiniglich die Achseln mit der an-
schlieſsenden Armröhre Oberarmzeug, die übrigen beiden Stücke
Unterarmzeug.
Wiewohl eine Bedeckung der Achseln durch Bronze oder Eisen
schon im Altertume allenthalben im Gebrauche war, so gewahren wir
doch in der kriegerischen Ausrüstung des früheren Mittelalters nirgends
eine besondere Sorge für den Schutz einer so sehr der Verletzung
ausgesetzten Körperstelle, wie die Schultern sich darstellen. Wir finden
weder an der Brünne (broigne) noch am Haubert des 13. Jahrhun-
derts die geringste Verstärkung, und demnach konnte ein Axt- oder
mächtigerer Schwerthieb ohne Zweifel jene Stelle ausgiebig verwunden.
Als einziges Mittel, seine Schultern zu schützen, blieb dem Krieger
bis gegen das Ende des 13. Jahrhunderts der Schild, später die über
den Hals gehängte Tartsche. Erst um 1275 schien man sich der
Mangelhaftigkeit der Kriegskleidung bewuſst zu werden, denn die um
jene Zeit auftretenden Achselschilde (ailettes), in Frankreich und
England, welche später nähere Erwähnung finden werden, hatten die
Aufgabe, nicht nur dem Halse, sondern auch den Schultern einen
besseren Schutz zu bieten. Aber diese Schildchen, an sich nicht
sehr widerstandsfähig, glitten im Gefechte leicht von der Schulter
ab und fielen nach vor- oder rückwärts. Um diesen Nachteilen zu
begegnen merkt man schon um jene Zeit schüchterne Versuche, die
Achseln unmittelbar mit Platten aus geschlagenem Eisenblech zu be-
decken. Man befestigte runde Scheiben mittelst Lederriemen an den
Achselpunkten des Hauberts, diese Achselscheiben deckten den
Körperteil begreiflicherweise nur höchst unvollständig, weshalb
man am Ende des 13. Jahrhunderts begann, die Achseln mit
schuppenförmigen, lose herabfallenden Plättchen, bald darauf aber mit
quer angeordneten Schienen zu decken, welche schon eine Art von
Geschübe darstellten. Man nannte ein derlei Achselstück um 1270
Spaldenier vom lateinischen espalderium. Diese nicht unwichtige
Veränderung fällt so ziemlich mit der Aufnahme des Lentners zu-
sammen, der, eng den Leib umschlieſsend, allen Verstärkungen mehr
Halt gewährte. Wir sehen auch im 14. Jahrhundert diesen Vorteil
rasch benutzt, denn nun wird die Achsel durch halbkugelförmig ge-
triebene Platten geschützt, die sich oben an den Lentner, unterhalb
an die Armschienen anschlieſsen. Diese Verbesserung blieb dadurch
unvollkommen, als der Arm in gehobener Stellung ungedeckt er-
schien, und diese Wahrnehmung führte schon in der ersten Hälfte
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Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/85>, abgerufen am 30.12.2024.
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