Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 11. Zürich, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite
an die d. Ges. von Greifswalde.


Petermanns von Langnau Schreiben
an die deutsche Gesellschafft von
Greifswalde.
Meine Herren!

WEr den Vorbericht zu dem ersten Bande
eurer Critis. Versuche gelesen hat, der
wird von eurer Unparteylichkeit im
Urtheilen eine so gütige Meynung vorgefasset
haben, daß er sich nicht entsehen wird, eure
Urtheile und Nachrichten für sicher und zuver-
läßig anzunehmen: Denn es ist nichts, das die
Leser, zumahl solche, denen das Nachdencken
ohnedem ein wenig verdrießlich ist, in dem Ver-
trauen auf die Unbetrüglichkeit ihres Scriben-
ten sicherer mache, und ihre eigene Untersuchung
und Prüffung mehr hemme, als dergleichen star-
ke Versicherungen, daß man sich an keine Ar-
beit wagen wolle, die sich über unsere Kräfte
erstrecket;
daß man nichts ohne Grund loben
oder tadeln;
alles aus einem reinen Grund
herleiten
wolle, und was dergleichen mehr in
eurem Vorbericht zu lesen ist. Nach so stoltzen
Versicherungen mag sich dann ein Schrifft-
verfasser noch so sehr erniedrigen, seine Fehlbar-
keit bekennen, und sich die Erinnerungen seiner
Leser ausbitten; Dieses alles wird die seinen
Lesern vorhin beygebrachte gute Meynung und
das erschlichene Zutrauen eben so wenig ver-

min-
B 5
an die d. Geſ. von Greifswalde.


Petermañs von Langnau Schreiben
an die deutſche Geſellſchafft von
Greifswalde.
Meine Herren!

WEr den Vorbericht zu dem erſten Bande
eurer Critiſ. Verſuche geleſen hat, der
wird von eurer Unparteylichkeit im
Urtheilen eine ſo guͤtige Meynung vorgefaſſet
haben, daß er ſich nicht entſehen wird, eure
Urtheile und Nachrichten fuͤr ſicher und zuver-
laͤßig anzunehmen: Denn es iſt nichts, das die
Leſer, zumahl ſolche, denen das Nachdencken
ohnedem ein wenig verdrießlich iſt, in dem Ver-
trauen auf die Unbetruͤglichkeit ihres Scriben-
ten ſicherer mache, und ihre eigene Unterſuchung
und Pruͤffung mehr hemme, als dergleichen ſtar-
ke Verſicherungen, daß man ſich an keine Ar-
beit wagen wolle, die ſich uͤber unſere Kraͤfte
erſtrecket;
daß man nichts ohne Grund loben
oder tadeln;
alles aus einem reinen Grund
herleiten
wolle, und was dergleichen mehr in
eurem Vorbericht zu leſen iſt. Nach ſo ſtoltzen
Verſicherungen mag ſich dann ein Schrifft-
verfaſſer noch ſo ſehr erniedrigen, ſeine Fehlbar-
keit bekennen, und ſich die Erinnerungen ſeiner
Leſer ausbitten; Dieſes alles wird die ſeinen
Leſern vorhin beygebrachte gute Meynung und
das erſchlichene Zutrauen eben ſo wenig ver-

min-
B 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0027" n="25"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">an die d. Ge&#x017F;. von Greifswalde.</hi> </fw><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Peterman&#x0303;s von Langnau Schreiben<lb/>
an die deut&#x017F;che Ge&#x017F;ell&#x017F;chafft von<lb/>
Greifswalde.</hi> </head><lb/>
          <salute> <hi rendition="#fr">Meine Herren!</hi> </salute><lb/>
          <p><hi rendition="#in">W</hi>Er den Vorbericht zu dem er&#x017F;ten Bande<lb/>
eurer Criti&#x017F;. Ver&#x017F;uche gele&#x017F;en hat, der<lb/>
wird von eurer Unparteylichkeit im<lb/>
Urtheilen eine &#x017F;o gu&#x0364;tige Meynung vorgefa&#x017F;&#x017F;et<lb/>
haben, daß er &#x017F;ich nicht ent&#x017F;ehen wird, eure<lb/>
Urtheile und Nachrichten fu&#x0364;r &#x017F;icher und zuver-<lb/>
la&#x0364;ßig anzunehmen: Denn es i&#x017F;t nichts, das die<lb/>
Le&#x017F;er, zumahl &#x017F;olche, denen das Nachdencken<lb/>
ohnedem ein wenig verdrießlich i&#x017F;t, in dem Ver-<lb/>
trauen auf die Unbetru&#x0364;glichkeit ihres Scriben-<lb/>
ten &#x017F;icherer mache, und ihre eigene Unter&#x017F;uchung<lb/>
und Pru&#x0364;ffung mehr hemme, als dergleichen &#x017F;tar-<lb/>
ke Ver&#x017F;icherungen, daß man <hi rendition="#fr">&#x017F;ich an keine Ar-<lb/>
beit wagen wolle, die &#x017F;ich u&#x0364;ber un&#x017F;ere Kra&#x0364;fte<lb/>
er&#x017F;trecket;</hi> daß man nichts ohne Grund <hi rendition="#fr">loben<lb/>
oder tadeln;</hi> alles <hi rendition="#fr">aus einem reinen Grund<lb/>
herleiten</hi> wolle, und was dergleichen mehr in<lb/>
eurem Vorbericht zu le&#x017F;en i&#x017F;t. Nach &#x017F;o &#x017F;toltzen<lb/>
Ver&#x017F;icherungen mag &#x017F;ich dann ein Schrifft-<lb/>
verfa&#x017F;&#x017F;er noch &#x017F;o &#x017F;ehr erniedrigen, &#x017F;eine Fehlbar-<lb/>
keit bekennen, und &#x017F;ich die Erinnerungen &#x017F;einer<lb/>
Le&#x017F;er ausbitten; Die&#x017F;es alles wird die &#x017F;einen<lb/>
Le&#x017F;ern vorhin beygebrachte gute Meynung und<lb/>
das er&#x017F;chlichene Zutrauen eben &#x017F;o wenig ver-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">B 5</fw><fw place="bottom" type="catch">min-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[25/0027] an die d. Geſ. von Greifswalde. Petermañs von Langnau Schreiben an die deutſche Geſellſchafft von Greifswalde. Meine Herren! WEr den Vorbericht zu dem erſten Bande eurer Critiſ. Verſuche geleſen hat, der wird von eurer Unparteylichkeit im Urtheilen eine ſo guͤtige Meynung vorgefaſſet haben, daß er ſich nicht entſehen wird, eure Urtheile und Nachrichten fuͤr ſicher und zuver- laͤßig anzunehmen: Denn es iſt nichts, das die Leſer, zumahl ſolche, denen das Nachdencken ohnedem ein wenig verdrießlich iſt, in dem Ver- trauen auf die Unbetruͤglichkeit ihres Scriben- ten ſicherer mache, und ihre eigene Unterſuchung und Pruͤffung mehr hemme, als dergleichen ſtar- ke Verſicherungen, daß man ſich an keine Ar- beit wagen wolle, die ſich uͤber unſere Kraͤfte erſtrecket; daß man nichts ohne Grund loben oder tadeln; alles aus einem reinen Grund herleiten wolle, und was dergleichen mehr in eurem Vorbericht zu leſen iſt. Nach ſo ſtoltzen Verſicherungen mag ſich dann ein Schrifft- verfaſſer noch ſo ſehr erniedrigen, ſeine Fehlbar- keit bekennen, und ſich die Erinnerungen ſeiner Leſer ausbitten; Dieſes alles wird die ſeinen Leſern vorhin beygebrachte gute Meynung und das erſchlichene Zutrauen eben ſo wenig ver- min- B 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung11_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung11_1743/27
Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 11. Zürich, 1743, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung11_1743/27>, abgerufen am 30.12.2024.