[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 8. Zürich, 1743.Critische Betrachtungen über des Herrn von Hagedorn Ode auf den Weisen. DEr Herr Friedrich von Hagedorn Seere- Ein andrer, dessen Schrift mein wallend Hertz bewegt, Daß mein Gesang sein Lob auf willgen Flügeln trägt, Jst jener, den ein Schwarm verbuhlter Fröhligkeiten, Die Zärtlichkeit, der Witz, und schlaue Schertz begleiten. Er führte sie zuerst bey Hamburgs Schönen ein; Bey ihrer Ankunft floh der falschen Frommen Schein, Der Zunge Furchtsamkeit, die Plumpheit im Betragen, Der Glieder träge Last, die Minen, die nichts sagen, Das Lachen ohne Sinn, die schwartze Sudeley, Mit der gekauften Lust, und wüsten Schwelgerey. Wovon er nur erzählt, das kriegt urplötzlich Sitten. Annehmlichkeit und Reitz wächßt unter seinen Tritten. Die B 3
Critiſche Betrachtungen uͤber des Herrn von Hagedorn Ode auf den Weiſen. DEr Herr Friedrich von Hagedorn Seere- Ein andrer, deſſen Schrift mein wallend Hertz bewegt, Daß mein Geſang ſein Lob auf willgen Fluͤgeln traͤgt, Jſt jener, den ein Schwarm verbuhlter Froͤhligkeiten, Die Zaͤrtlichkeit, der Witz, und ſchlaue Schertz begleiten. Er fuͤhrte ſie zuerſt bey Hamburgs Schoͤnen ein; Bey ihrer Ankunft floh der falſchen Frommen Schein, Der Zunge Furchtſamkeit, die Plumpheit im Betragen, Der Glieder traͤge Laſt, die Minen, die nichts ſagen, Das Lachen ohne Sinn, die ſchwartze Sudeley, Mit der gekauften Luſt, und wuͤſten Schwelgerey. Wovon er nur erzaͤhlt, das kriegt urploͤtzlich Sitten. Annehmlichkeit und Reitz waͤchßt unter ſeinen Tritten. Die B 3
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Critiſche Betrachtungen uͤber des
Herrn von Hagedorn Ode auf
den Weiſen.
DEr Herr Friedrich von Hagedorn Seere-
tair der Engliſchen Compagnie in Ham-
burg iſt einer von denen wenigen Verfaſſern,
welche den Kunſtrichtern unſrer Zeiten durch
vortreffliche Wercke Anlaß geben, die gute
Beſchaffenheit ihres Hertzens, das mit Be-
gierde lobet, und nur genoͤthiget tadelt, an
den Tag zu legen. Die Muſe hat ihn an ih-
rer Bruſt geſaͤuget, und ſein großmuͤthiger
Geiſt hat ihm die Denckensart der Engellaͤn-
der gantz uͤblich und eigen gemachet. Dieſe
hat ſich in ſeine Gedichte ergoſſen. Doch ich
kan ſeinen Werth nicht lebhafter abſchildern,
als einer von meinen Landesleuten in der poe-
tiſchen Sprache, (da er von einem Poeten
redet,) gethan hat:
Ein andrer, deſſen Schrift mein wallend Hertz bewegt,
Daß mein Geſang ſein Lob auf willgen Fluͤgeln traͤgt,
Jſt jener, den ein Schwarm verbuhlter Froͤhligkeiten,
Die Zaͤrtlichkeit, der Witz, und ſchlaue Schertz begleiten.
Er fuͤhrte ſie zuerſt bey Hamburgs Schoͤnen ein;
Bey ihrer Ankunft floh der falſchen Frommen Schein,
Der Zunge Furchtſamkeit, die Plumpheit im Betragen,
Der Glieder traͤge Laſt, die Minen, die nichts ſagen,
Das Lachen ohne Sinn, die ſchwartze Sudeley,
Mit der gekauften Luſt, und wuͤſten Schwelgerey.
Wovon er nur erzaͤhlt, das kriegt urploͤtzlich Sitten.
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