Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 5. Zürich, 1742.

Bild:
<< vorherige Seite

Mauvillons Brief
Richteramt in dieser Streitsache schon vertreten
können. Die Bayern, die Brandenburger, ja
die Schweitzer (i) selber haben eine rechtmassige
Ansprache auf dieses Vorrecht. Es geht schwer
zu, daß eine Nation, die so viel Provinzen, die

einan-
in groß Octav zum andern mahl zusammengedruckten Ge-
dichten angehänget, auch in den Critischen Beyträgen
Stück' II. Art. VII. Bl. 267. zu finden ist, wo er unter
anderm also spricht: "Wie es im Reden ein schweres
"Begehren seyn würde, daß alle angebohrne Mundar-
"ten sollten in der Aussprache sich nach einer allein verän-
"dern; wie es auch, des unterschiedenen Geschmackes
"wegen, ein unausgemachter Streit werden würde; ob
"z. E. die Aussprache eines Schlesiers, oder eines Hol-
"steiners, der Hochdeutsch redet, angenehmer sey? So
"ist dennoch nicht zu leugnen, daß, so wohl der Nieder-
"sachse, als der Schlesier, wenn sie eine gute Feder füh-
"ren, in der Orthographie und in den Grundsätzen der
"Sprache einander gleich kommen werden."
(i) Der Hr. Hof- und Ceremonien-Rath Joh. Ulrich
König
bekennt in dem Vorbericht zu Hrn. D. Steinbachs
deutschem Wörterbuch: "Ehe noch einige Gesellschaf-
"ten in unsrem Vaterlande sich hervorthaten, hatten schon
"viele einzele gelehrte Leute manches zur Aufnahm und
"Erklärung unsrer Sprache beygetragen, ob es gleich
"nur Stückwerck zu nennen ist. Man kan den Schwei-
"zern,
den Schwaben, und den Rheinländern den
"Ruhm nicht abstreiten, daß sie die ersten gewesen, die
"hierinne einen Versuch gewaget haben. Wer nur eini-
"germassen weiß, was in Zürch und Tübingen, in Aug-
"spurg und Franckfurt von solcher Art Büchern, schon
"in der Mitte und zu Ende des sechszehnten Jahrhunderts,
"zum Vorschein gekommen ist, der wird mir seine Bey-
"stimmung in diesem Stücke schwerlich versagen. Der

"geleh[r]te

Mauvillons Brief
Richteramt in dieſer Streitſache ſchon vertreten
koͤnnen. Die Bayern, die Brandenburger, ja
die Schweitzer (i) ſelber haben eine rechtmaſſige
Anſprache auf dieſes Vorrecht. Es geht ſchwer
zu, daß eine Nation, die ſo viel Provinzen, die

einan-
in groß Octav zum andern mahl zuſammengedruckten Ge-
dichten angehaͤnget, auch in den Critiſchen Beytraͤgen
Stuͤck’ II. Art. VII. Bl. 267. zu finden iſt, wo er unter
anderm alſo ſpricht: „Wie es im Reden ein ſchweres
„Begehren ſeyn wuͤrde, daß alle angebohrne Mundar-
„ten ſollten in der Ausſprache ſich nach einer allein veraͤn-
„dern; wie es auch, des unterſchiedenen Geſchmackes
„wegen, ein unausgemachter Streit werden wuͤrde; ob
„z. E. die Ausſprache eines Schleſiers, oder eines Hol-
„ſteiners, der Hochdeutſch redet, angenehmer ſey? So
„iſt dennoch nicht zu leugnen, daß, ſo wohl der Nieder-
„ſachſe, als der Schleſier, wenn ſie eine gute Feder fuͤh-
„ren, in der Orthographie und in den Grundſaͤtzen der
„Sprache einander gleich kommen werden.„
(i) Der Hr. Hof- und Ceremonien-Rath Joh. Ulrich
Koͤnig
bekennt in dem Vorbericht zu Hrn. D. Steinbachs
deutſchem Woͤrterbuch: „Ehe noch einige Geſellſchaf-
„ten in unſrem Vaterlande ſich hervorthaten, hatten ſchon
„viele einzele gelehrte Leute manches zur Aufnahm und
„Erklaͤrung unſrer Sprache beygetragen, ob es gleich
„nur Stuͤckwerck zu nennen iſt. Man kan den Schwei-
„zern,
den Schwaben, und den Rheinlaͤndern den
„Ruhm nicht abſtreiten, daß ſie die erſten geweſen, die
„hierinne einen Verſuch gewaget haben. Wer nur eini-
„germaſſen weiß, was in Zuͤrch und Tuͤbingen, in Aug-
„ſpurg und Franckfurt von ſolcher Art Buͤchern, ſchon
„in der Mitte und zu Ende des ſechszehnten Jahrhunderts,
„zum Vorſchein gekommen iſt, der wird mir ſeine Bey-
„ſtimmung in dieſem Stuͤcke ſchwerlich verſagen. Der

„geleh[r]te
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0012" n="12"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Mauvillons Brief</hi></fw><lb/>
Richteramt in die&#x017F;er Streit&#x017F;ache &#x017F;chon vertreten<lb/>
ko&#x0364;nnen. Die Bayern, die Brandenburger, ja<lb/>
die Schweitzer <note xml:id="a005" next="#a005b" place="foot" n="(i)">Der Hr. Hof- und Ceremonien-Rath <hi rendition="#fr">Joh. Ulrich<lb/>
Ko&#x0364;nig</hi> bekennt in dem Vorbericht zu Hrn. <hi rendition="#fr">D. Steinbachs</hi><lb/>
deut&#x017F;chem Wo&#x0364;rterbuch: <cit><quote>&#x201E;Ehe noch einige Ge&#x017F;ell&#x017F;chaf-<lb/>
&#x201E;ten in un&#x017F;rem Vaterlande &#x017F;ich hervorthaten, hatten &#x017F;chon<lb/>
&#x201E;viele einzele gelehrte Leute manches zur Aufnahm und<lb/>
&#x201E;Erkla&#x0364;rung un&#x017F;rer Sprache beygetragen, ob es gleich<lb/>
&#x201E;nur Stu&#x0364;ckwerck zu nennen i&#x017F;t. Man kan den <hi rendition="#fr">Schwei-<lb/>
&#x201E;zern,</hi> den <hi rendition="#fr">Schwaben,</hi> und den <hi rendition="#fr">Rheinla&#x0364;ndern</hi> den<lb/>
&#x201E;Ruhm nicht ab&#x017F;treiten, <hi rendition="#fr">daß &#x017F;ie die er&#x017F;ten gewe&#x017F;en,</hi> die<lb/>
&#x201E;hierinne einen Ver&#x017F;uch gewaget haben. Wer nur eini-<lb/>
&#x201E;germa&#x017F;&#x017F;en weiß, was in Zu&#x0364;rch und Tu&#x0364;bingen, in Aug-<lb/>
&#x201E;&#x017F;purg und Franckfurt von &#x017F;olcher Art Bu&#x0364;chern, &#x017F;chon<lb/>
&#x201E;in der Mitte und zu Ende des &#x017F;echszehnten Jahrhunderts,<lb/>
&#x201E;zum Vor&#x017F;chein gekommen i&#x017F;t, der wird mir &#x017F;eine Bey-<lb/>
&#x201E;&#x017F;timmung in die&#x017F;em Stu&#x0364;cke &#x017F;chwerlich ver&#x017F;agen. Der</quote></cit><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x201E;geleh<supplied>r</supplied>te</fw></note> &#x017F;elber haben eine rechtma&#x017F;&#x017F;ige<lb/>
An&#x017F;prache auf die&#x017F;es Vorrecht. Es geht &#x017F;chwer<lb/>
zu, daß eine Nation, die &#x017F;o viel Provinzen, die<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">einan-</fw><lb/><note xml:id="a004b" prev="#a004" place="foot">in groß Octav zum andern mahl zu&#x017F;ammengedruckten Ge-<lb/>
dichten angeha&#x0364;nget, auch in den <hi rendition="#fr">Criti&#x017F;chen Beytra&#x0364;gen</hi><lb/>
Stu&#x0364;ck&#x2019; <hi rendition="#aq">II.</hi> Art. <hi rendition="#aq">VII.</hi> Bl. 267. zu finden i&#x017F;t, wo er unter<lb/>
anderm al&#x017F;o &#x017F;pricht: &#x201E;Wie es im Reden ein &#x017F;chweres<lb/>
&#x201E;Begehren &#x017F;eyn wu&#x0364;rde, daß alle angebohrne Mundar-<lb/>
&#x201E;ten &#x017F;ollten in der Aus&#x017F;prache &#x017F;ich nach einer allein vera&#x0364;n-<lb/>
&#x201E;dern; wie es auch, des unter&#x017F;chiedenen Ge&#x017F;chmackes<lb/>
&#x201E;wegen, ein unausgemachter Streit werden wu&#x0364;rde; ob<lb/>
&#x201E;z. E. die Aus&#x017F;prache eines Schle&#x017F;iers, oder eines Hol-<lb/>
&#x201E;&#x017F;teiners, der Hochdeut&#x017F;ch redet, angenehmer &#x017F;ey? So<lb/>
&#x201E;i&#x017F;t dennoch nicht zu leugnen, daß, &#x017F;o wohl der Nieder-<lb/>
&#x201E;&#x017F;ach&#x017F;e, als der Schle&#x017F;ier, wenn &#x017F;ie eine gute Feder fu&#x0364;h-<lb/>
&#x201E;ren, in der Orthographie und in den Grund&#x017F;a&#x0364;tzen der<lb/>
&#x201E;Sprache einander gleich kommen werden.&#x201E;</note><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[12/0012] Mauvillons Brief Richteramt in dieſer Streitſache ſchon vertreten koͤnnen. Die Bayern, die Brandenburger, ja die Schweitzer (i) ſelber haben eine rechtmaſſige Anſprache auf dieſes Vorrecht. Es geht ſchwer zu, daß eine Nation, die ſo viel Provinzen, die einan- (i) Der Hr. Hof- und Ceremonien-Rath Joh. Ulrich Koͤnig bekennt in dem Vorbericht zu Hrn. D. Steinbachs deutſchem Woͤrterbuch: „Ehe noch einige Geſellſchaf- „ten in unſrem Vaterlande ſich hervorthaten, hatten ſchon „viele einzele gelehrte Leute manches zur Aufnahm und „Erklaͤrung unſrer Sprache beygetragen, ob es gleich „nur Stuͤckwerck zu nennen iſt. Man kan den Schwei- „zern, den Schwaben, und den Rheinlaͤndern den „Ruhm nicht abſtreiten, daß ſie die erſten geweſen, die „hierinne einen Verſuch gewaget haben. Wer nur eini- „germaſſen weiß, was in Zuͤrch und Tuͤbingen, in Aug- „ſpurg und Franckfurt von ſolcher Art Buͤchern, ſchon „in der Mitte und zu Ende des ſechszehnten Jahrhunderts, „zum Vorſchein gekommen iſt, der wird mir ſeine Bey- „ſtimmung in dieſem Stuͤcke ſchwerlich verſagen. Der „gelehrte in groß Octav zum andern mahl zuſammengedruckten Ge- dichten angehaͤnget, auch in den Critiſchen Beytraͤgen Stuͤck’ II. Art. VII. Bl. 267. zu finden iſt, wo er unter anderm alſo ſpricht: „Wie es im Reden ein ſchweres „Begehren ſeyn wuͤrde, daß alle angebohrne Mundar- „ten ſollten in der Ausſprache ſich nach einer allein veraͤn- „dern; wie es auch, des unterſchiedenen Geſchmackes „wegen, ein unausgemachter Streit werden wuͤrde; ob „z. E. die Ausſprache eines Schleſiers, oder eines Hol- „ſteiners, der Hochdeutſch redet, angenehmer ſey? So „iſt dennoch nicht zu leugnen, daß, ſo wohl der Nieder- „ſachſe, als der Schleſier, wenn ſie eine gute Feder fuͤh- „ren, in der Orthographie und in den Grundſaͤtzen der „Sprache einander gleich kommen werden.„

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung05_1742
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung05_1742/12
Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 5. Zürich, 1742, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung05_1742/12>, abgerufen am 26.04.2024.