Bluntschli, Johann Caspar: Das moderne Völkerrecht der civilisirten Staten. Nördlingen, 1868.Recht der Neutralität. Schwedisch-Russischen Kriege von 1788 gegeben. Die Correspondenz darüber zwischenDänemark, welches an Rußland Schiffe und Truppen geliefert hatte und trotzdem seine Neutralität behauptete, und Schweden, welches zwar diese Behauptung bestritt, aber thatsächlich dennoch Dänemark als neutralen Stat behandelte, siehe bei Phil- limore III. § 140. 760. Kein Stat und daher auch kein kriegführender Stat ist berechtigt, Die Truppenwerbung wie alle Truppenaushebung und Truppensammlung 761. Erlaubt der neutrale Stat ausschließlich oder vorzugsweise einer Kriegs- 1. Indem der neutrale Stat die Werbung gestattet, stellt er dem fremden 2. Die Anwerbung von Truppen in fremdem Lande, ohne Erlaubniß 762. Wenn der neutrale Stat beiden Kriegsparteien die Truppenwerbung Recht der Neutralität. Schwediſch-Ruſſiſchen Kriege von 1788 gegeben. Die Correſpondenz darüber zwiſchenDänemark, welches an Rußland Schiffe und Truppen geliefert hatte und trotzdem ſeine Neutralität behauptete, und Schweden, welches zwar dieſe Behauptung beſtritt, aber thatſächlich dennoch Dänemark als neutralen Stat behandelte, ſiehe bei Phil- limore III. § 140. 760. Kein Stat und daher auch kein kriegführender Stat iſt berechtigt, Die Truppenwerbung wie alle Truppenaushebung und Truppenſammlung 761. Erlaubt der neutrale Stat ausſchließlich oder vorzugsweiſe einer Kriegs- 1. Indem der neutrale Stat die Werbung geſtattet, ſtellt er dem fremden 2. Die Anwerbung von Truppen in fremdem Lande, ohne Erlaubniß 762. Wenn der neutrale Stat beiden Kriegsparteien die Truppenwerbung <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0433" n="411"/><fw place="top" type="header">Recht der Neutralität.</fw><lb/> Schwediſch-Ruſſiſchen Kriege von 1788 gegeben. Die Correſpondenz darüber zwiſchen<lb/> Dänemark, welches an Rußland Schiffe und Truppen geliefert hatte und trotzdem<lb/> ſeine Neutralität behauptete, und Schweden, welches zwar dieſe Behauptung beſtritt,<lb/> aber thatſächlich dennoch Dänemark als neutralen Stat behandelte, ſiehe bei <hi rendition="#g">Phil-<lb/> limore</hi> <hi rendition="#aq">III.</hi> § 140.</p> </div><lb/> <div n="4"> <head>760.</head><lb/> <p>Kein Stat und daher auch kein kriegführender Stat iſt berechtigt,<lb/> in einem fremden, insbeſondere einem neutralen Stat wider den Willen<lb/> der Statsgewalt Truppen zu werben.</p><lb/> <p>Die <hi rendition="#g">Truppenwerbung</hi> wie alle Truppenaushebung und Truppenſammlung<lb/> iſt voraus eine Aeußerung der <hi rendition="#g">Kriegshoheit</hi>, welche ausſchließlich der einhei-<lb/> miſchen Statsgewalt zuſteht. Die <hi rendition="#g">fremde</hi> Werbung, die nicht von dieſer geſtattet<lb/> worden, iſt daher eine Verletzung jener Statshoheit.</p> </div><lb/> <div n="4"> <head>761.</head><lb/> <p>Erlaubt der neutrale Stat ausſchließlich oder vorzugsweiſe einer Kriegs-<lb/> partei die Truppenwerbung in ſeinem Gebiet, ſo erſcheint dieſe Handlung<lb/> als Beihülfe zur Kriegsführung und demgemäß als Verletzung der<lb/> Neutralitätspflicht.</p><lb/> <p>1. Indem der neutrale Stat die Werbung geſtattet, ſtellt er dem fremden<lb/> Stat einen Theil ſeiner militäriſchen Volkskräfte zur Verfügung. Geſchieht das nur<lb/> zu Gunſten einer Partei und daher wider die andere, ſo ergreift der bisher neu-<lb/> trale Stat dadurch ſelber Partei für jene wider dieſe, und gibt damit ſeine neutrale<lb/> Haltung auf. Vielleicht läßt ſich das der Gegner gefallen, ohne deßhalb jenen Stat<lb/> als Feind zu behandeln. Dann dauert trotzdem das Friedensverhältniß fort. Aber<lb/> der befeindete Stat <hi rendition="#g">braucht ſich das nicht gefallen zu laſſen</hi>, und kann<lb/> in Folge deſſen ſich weigern, länger jenen Stat als neutral anzuſehn.</p><lb/> <p>2. Die <hi rendition="#g">Anwerbung</hi> von Truppen in fremdem Lande, <hi rendition="#g">ohne Erlaubniß<lb/> der Landesregierung</hi> gilt daher als ein <hi rendition="#g">ſtrafbares Vergehen</hi>. Vgl. dar-<lb/> über das <hi rendition="#g">nordamerikaniſche Neutralitätsgeſetz</hi> vom 5. Juni 1794, be-<lb/> ſtätigt und ergänzt den 20. April 1818 Art. 2, das <hi rendition="#g">engliſche</hi> Geſetz <hi rendition="#g"><hi rendition="#aq">British<lb/> foreign-enlistment Act</hi></hi> v. 3. Juli 1819 (59 Georg <hi rendition="#aq">III. c.</hi> 69) § 2 und die<lb/> Rede <hi rendition="#g">Cannings</hi> im engliſchen Parlament bei <hi rendition="#g">Phillimore</hi> <hi rendition="#aq">III.</hi> § 146 u. 147.<lb/><hi rendition="#g">Wheaton</hi> <hi rendition="#aq">Int. L.</hi> § 439 und beſonders die Anmerkung dazu von Dana.</p> </div><lb/> <div n="4"> <head>762.</head><lb/> <p>Wenn der neutrale Stat beiden Kriegsparteien die Truppenwerbung<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [411/0433]
Recht der Neutralität.
Schwediſch-Ruſſiſchen Kriege von 1788 gegeben. Die Correſpondenz darüber zwiſchen
Dänemark, welches an Rußland Schiffe und Truppen geliefert hatte und trotzdem
ſeine Neutralität behauptete, und Schweden, welches zwar dieſe Behauptung beſtritt,
aber thatſächlich dennoch Dänemark als neutralen Stat behandelte, ſiehe bei Phil-
limore III. § 140.
760.
Kein Stat und daher auch kein kriegführender Stat iſt berechtigt,
in einem fremden, insbeſondere einem neutralen Stat wider den Willen
der Statsgewalt Truppen zu werben.
Die Truppenwerbung wie alle Truppenaushebung und Truppenſammlung
iſt voraus eine Aeußerung der Kriegshoheit, welche ausſchließlich der einhei-
miſchen Statsgewalt zuſteht. Die fremde Werbung, die nicht von dieſer geſtattet
worden, iſt daher eine Verletzung jener Statshoheit.
761.
Erlaubt der neutrale Stat ausſchließlich oder vorzugsweiſe einer Kriegs-
partei die Truppenwerbung in ſeinem Gebiet, ſo erſcheint dieſe Handlung
als Beihülfe zur Kriegsführung und demgemäß als Verletzung der
Neutralitätspflicht.
1. Indem der neutrale Stat die Werbung geſtattet, ſtellt er dem fremden
Stat einen Theil ſeiner militäriſchen Volkskräfte zur Verfügung. Geſchieht das nur
zu Gunſten einer Partei und daher wider die andere, ſo ergreift der bisher neu-
trale Stat dadurch ſelber Partei für jene wider dieſe, und gibt damit ſeine neutrale
Haltung auf. Vielleicht läßt ſich das der Gegner gefallen, ohne deßhalb jenen Stat
als Feind zu behandeln. Dann dauert trotzdem das Friedensverhältniß fort. Aber
der befeindete Stat braucht ſich das nicht gefallen zu laſſen, und kann
in Folge deſſen ſich weigern, länger jenen Stat als neutral anzuſehn.
2. Die Anwerbung von Truppen in fremdem Lande, ohne Erlaubniß
der Landesregierung gilt daher als ein ſtrafbares Vergehen. Vgl. dar-
über das nordamerikaniſche Neutralitätsgeſetz vom 5. Juni 1794, be-
ſtätigt und ergänzt den 20. April 1818 Art. 2, das engliſche Geſetz British
foreign-enlistment Act v. 3. Juli 1819 (59 Georg III. c. 69) § 2 und die
Rede Cannings im engliſchen Parlament bei Phillimore III. § 146 u. 147.
Wheaton Int. L. § 439 und beſonders die Anmerkung dazu von Dana.
762.
Wenn der neutrale Stat beiden Kriegsparteien die Truppenwerbung
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