Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bluntschli, Johann Caspar: Das moderne Völkerrecht der civilisirten Staten. Nördlingen, 1868.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>
Neuntes Buch.
Recht der Neutralität.
1. Begriff und Arten der Neutralität.
742.

Neutralität heißt Nichtbetheiligung an dem Kriege Dritter und daher
Behauptung der Friedensordnung für den eigenen Bereich.

Neutral heißen die Staten, welche weder Kriegspartei sind noch zu
Gunsten oder zum Nachtheil einer Kriegspartei an der Kriegsführung
Theil nehmen.

Das Wort und der Begriff der Neutralität gehören vorzüglich der neuern
Rechtsbildung an. Hugo Grotius nennt noch die Neutralen medii; Byn-
kershoek "nonhostes, quineutrarum partium sunt". Die Ausbildung
des Rechts der Neutralität ist eine der fruchtbarsten und nützlichsten Errungenschaften
des neueren Völkerrechts; denn die neutralen Staten beschränken die Uebel
des Kriegs und schützen während des Kriegs, so weit es möglich ist, das Recht
und die Interessen des Friedens. In der Neutralität liegt die Ablehnung
und Vermeidung jeder Theilnahme am Krieg. Klüber: "Ein neutraler Stat ist
weder Richter noch Partei". Der neutrale Stat bleibt also im Frieden, während
die Kriegsparteien einander bekämpfen.

743.

Die neutralen Staten verzichten nicht auf ihr Kriegsrecht. Aber
sie enthalten sich, so lange sie neutral bleiben, der Betheiligung am Kriege.

26*
Neuntes Buch.
Recht der Neutralität.
1. Begriff und Arten der Neutralität.
742.

Neutralität heißt Nichtbetheiligung an dem Kriege Dritter und daher
Behauptung der Friedensordnung für den eigenen Bereich.

Neutral heißen die Staten, welche weder Kriegspartei ſind noch zu
Gunſten oder zum Nachtheil einer Kriegspartei an der Kriegsführung
Theil nehmen.

Das Wort und der Begriff der Neutralität gehören vorzüglich der neuern
Rechtsbildung an. Hugo Grotius nennt noch die Neutralen medii; Byn-
kershoek „nonhostes, quineutrarum partium sunt“. Die Ausbildung
des Rechts der Neutralität iſt eine der fruchtbarſten und nützlichſten Errungenſchaften
des neueren Völkerrechts; denn die neutralen Staten beſchränken die Uebel
des Kriegs und ſchützen während des Kriegs, ſo weit es möglich iſt, das Recht
und die Intereſſen des Friedens. In der Neutralität liegt die Ablehnung
und Vermeidung jeder Theilnahme am Krieg. Klüber: „Ein neutraler Stat iſt
weder Richter noch Partei“. Der neutrale Stat bleibt alſo im Frieden, während
die Kriegsparteien einander bekämpfen.

743.

Die neutralen Staten verzichten nicht auf ihr Kriegsrecht. Aber
ſie enthalten ſich, ſo lange ſie neutral bleiben, der Betheiligung am Kriege.

26*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0425" n="[403]"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Neuntes Buch.<lb/>
Recht der Neutralität.</hi> </head><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">1. Begriff und Arten der Neutralität.</hi> </head><lb/>
            <div n="4">
              <head>742.</head><lb/>
              <p>Neutralität heißt Nichtbetheiligung an dem Kriege Dritter und daher<lb/>
Behauptung der Friedensordnung für den eigenen Bereich.</p><lb/>
              <p>Neutral heißen die Staten, welche weder Kriegspartei &#x017F;ind noch zu<lb/>
Gun&#x017F;ten oder zum Nachtheil einer Kriegspartei an der Kriegsführung<lb/>
Theil nehmen.</p><lb/>
              <p>Das Wort und der Begriff der <hi rendition="#g">Neutralität</hi> gehören vorzüglich der neuern<lb/>
Rechtsbildung an. <hi rendition="#g">Hugo Grotius</hi> nennt noch die Neutralen <hi rendition="#g"><hi rendition="#aq">medii;</hi> Byn-<lb/>
kershoek <hi rendition="#aq">&#x201E;nonhostes</hi></hi>, <hi rendition="#aq">qu<hi rendition="#g">ineutrarum partium</hi> sunt&#x201C;.</hi> Die Ausbildung<lb/>
des Rechts der Neutralität i&#x017F;t eine der fruchtbar&#x017F;ten und nützlich&#x017F;ten Errungen&#x017F;chaften<lb/>
des neueren Völkerrechts; denn die neutralen Staten <hi rendition="#g">be&#x017F;chränken</hi> die <hi rendition="#g">Uebel<lb/>
des Kriegs</hi> und &#x017F;chützen während des Kriegs, &#x017F;o weit es möglich i&#x017F;t, <hi rendition="#g">das Recht<lb/>
und die Intere&#x017F;&#x017F;en des Friedens</hi>. In der Neutralität liegt die Ablehnung<lb/>
und Vermeidung jeder Theilnahme am Krieg. <hi rendition="#g">Klüber</hi>: &#x201E;Ein neutraler Stat i&#x017F;t<lb/>
weder Richter noch Partei&#x201C;. Der neutrale Stat bleibt al&#x017F;o im Frieden, während<lb/>
die Kriegsparteien einander bekämpfen.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>743.</head><lb/>
              <p>Die neutralen Staten verzichten nicht auf ihr Kriegsrecht. Aber<lb/>
&#x017F;ie enthalten &#x017F;ich, &#x017F;o lange &#x017F;ie neutral bleiben, der Betheiligung am Kriege.</p><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig">26*</fw><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[403]/0425] Neuntes Buch. Recht der Neutralität. 1. Begriff und Arten der Neutralität. 742. Neutralität heißt Nichtbetheiligung an dem Kriege Dritter und daher Behauptung der Friedensordnung für den eigenen Bereich. Neutral heißen die Staten, welche weder Kriegspartei ſind noch zu Gunſten oder zum Nachtheil einer Kriegspartei an der Kriegsführung Theil nehmen. Das Wort und der Begriff der Neutralität gehören vorzüglich der neuern Rechtsbildung an. Hugo Grotius nennt noch die Neutralen medii; Byn- kershoek „nonhostes, quineutrarum partium sunt“. Die Ausbildung des Rechts der Neutralität iſt eine der fruchtbarſten und nützlichſten Errungenſchaften des neueren Völkerrechts; denn die neutralen Staten beſchränken die Uebel des Kriegs und ſchützen während des Kriegs, ſo weit es möglich iſt, das Recht und die Intereſſen des Friedens. In der Neutralität liegt die Ablehnung und Vermeidung jeder Theilnahme am Krieg. Klüber: „Ein neutraler Stat iſt weder Richter noch Partei“. Der neutrale Stat bleibt alſo im Frieden, während die Kriegsparteien einander bekämpfen. 743. Die neutralen Staten verzichten nicht auf ihr Kriegsrecht. Aber ſie enthalten ſich, ſo lange ſie neutral bleiben, der Betheiligung am Kriege. 26*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_voelkerrecht_1868
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_voelkerrecht_1868/425
Zitationshilfe: Bluntschli, Johann Caspar: Das moderne Völkerrecht der civilisirten Staten. Nördlingen, 1868, S. [403]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_voelkerrecht_1868/425>, abgerufen am 22.02.2025.