salien gegen das Unrecht, welches die englischen Kaper zur See gegen die Preu- ßischen Kauffahrer begehen. Vgl. oben zu § 500.
659.
Ausnahmsweise ist es den Kriegsleuten erlaubt, den von ihnen be- siegten feindlichen Personen ihre Waffen und Pferde und andere zur krie- gerischen Ausrüstung gehörige Sachen wegzunehmen und sich selber als Kriegsbeute anzueignen, aber nicht erlaubt, Geld oder Kleinodien des Feindes zu erbeuten. Nur wenn der getödtete Feind solche Kostbarkeiten auf dem Schlachtfelde zurückläßt, so ist es bei der völligen Ungewißheit, wer der Erbe sei und ob solche Habe für denselben zu retten sei, eher dem Sieger gestattet, diese Sachen sich anzueignen, als sie vergraben oder ver- derben zu lassen.
Das Einzelne bestimmt in jedem Heer das Commando. Das Völkerrecht spricht nur den allgemeinen Grundsatz aus, der bei diesen Verordnungen nicht verletzt werden darf, ohne gerechte Mißbilligung zu erfahren.
660.
Die erbeuteten Fahnen, Kanonen, Munitionswagen, Kriegscassen und überhaupt alles öffentliche Kriegszeug dürfen niemals von einzelnen Nehmern angeeignet werden, sondern sind an den Befehlshaber abzu- liefern.
Am. 45. Das ist seiner Bestimmung nach öffentliches Kriegsgut und kommt daher dem State, nicht dem Nehmer zu. Es ist das der alte Grundsatz der römi- schen praeda, der in dieser Beschränkung noch fortwirkt.
661.
Es gilt unter civilisirten Völkern nicht mehr als gute Kriegssitte, um die Soldaten zur Erstürmung eines Platzes oder Lagers aufzureizen, ihnen die freie Plünderung des eroberten Ortes zu erlauben.
Man vertheidigt zuweilen diese verwerfliche Maßregel damit, daß unter Um- ständen nur durch solche Anreizung der Gewinnsucht die Soldaten dazu gebracht werden können, das Wagniß eines Sturmes zu unternehmen und den hartnäckigen Widerstand zu brechen und mit der Berufung auf die eigenen Verluste an Gut und Blut, die damit einigermaßen ausgeglichen werden. Aber diese Lappen verhüllen
Das Kriegsrecht.
ſalien gegen das Unrecht, welches die engliſchen Kaper zur See gegen die Preu- ßiſchen Kauffahrer begehen. Vgl. oben zu § 500.
659.
Ausnahmsweiſe iſt es den Kriegsleuten erlaubt, den von ihnen be- ſiegten feindlichen Perſonen ihre Waffen und Pferde und andere zur krie- geriſchen Ausrüſtung gehörige Sachen wegzunehmen und ſich ſelber als Kriegsbeute anzueignen, aber nicht erlaubt, Geld oder Kleinodien des Feindes zu erbeuten. Nur wenn der getödtete Feind ſolche Koſtbarkeiten auf dem Schlachtfelde zurückläßt, ſo iſt es bei der völligen Ungewißheit, wer der Erbe ſei und ob ſolche Habe für denſelben zu retten ſei, eher dem Sieger geſtattet, dieſe Sachen ſich anzueignen, als ſie vergraben oder ver- derben zu laſſen.
Das Einzelne beſtimmt in jedem Heer das Commando. Das Völkerrecht ſpricht nur den allgemeinen Grundſatz aus, der bei dieſen Verordnungen nicht verletzt werden darf, ohne gerechte Mißbilligung zu erfahren.
660.
Die erbeuteten Fahnen, Kanonen, Munitionswagen, Kriegscaſſen und überhaupt alles öffentliche Kriegszeug dürfen niemals von einzelnen Nehmern angeeignet werden, ſondern ſind an den Befehlshaber abzu- liefern.
Am. 45. Das iſt ſeiner Beſtimmung nach öffentliches Kriegsgut und kommt daher dem State, nicht dem Nehmer zu. Es iſt das der alte Grundſatz der römi- ſchen praeda, der in dieſer Beſchränkung noch fortwirkt.
661.
Es gilt unter civiliſirten Völkern nicht mehr als gute Kriegsſitte, um die Soldaten zur Erſtürmung eines Platzes oder Lagers aufzureizen, ihnen die freie Plünderung des eroberten Ortes zu erlauben.
Man vertheidigt zuweilen dieſe verwerfliche Maßregel damit, daß unter Um- ſtänden nur durch ſolche Anreizung der Gewinnſucht die Soldaten dazu gebracht werden können, das Wagniß eines Sturmes zu unternehmen und den hartnäckigen Widerſtand zu brechen und mit der Berufung auf die eigenen Verluſte an Gut und Blut, die damit einigermaßen ausgeglichen werden. Aber dieſe Lappen verhüllen
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Das Kriegsrecht.
ſalien gegen das Unrecht, welches die engliſchen Kaper zur See gegen die Preu-
ßiſchen Kauffahrer begehen. Vgl. oben zu § 500.
659.
Ausnahmsweiſe iſt es den Kriegsleuten erlaubt, den von ihnen be-
ſiegten feindlichen Perſonen ihre Waffen und Pferde und andere zur krie-
geriſchen Ausrüſtung gehörige Sachen wegzunehmen und ſich ſelber als
Kriegsbeute anzueignen, aber nicht erlaubt, Geld oder Kleinodien des
Feindes zu erbeuten. Nur wenn der getödtete Feind ſolche Koſtbarkeiten
auf dem Schlachtfelde zurückläßt, ſo iſt es bei der völligen Ungewißheit,
wer der Erbe ſei und ob ſolche Habe für denſelben zu retten ſei, eher dem
Sieger geſtattet, dieſe Sachen ſich anzueignen, als ſie vergraben oder ver-
derben zu laſſen.
Das Einzelne beſtimmt in jedem Heer das Commando. Das Völkerrecht
ſpricht nur den allgemeinen Grundſatz aus, der bei dieſen Verordnungen nicht verletzt
werden darf, ohne gerechte Mißbilligung zu erfahren.
660.
Die erbeuteten Fahnen, Kanonen, Munitionswagen, Kriegscaſſen
und überhaupt alles öffentliche Kriegszeug dürfen niemals von einzelnen
Nehmern angeeignet werden, ſondern ſind an den Befehlshaber abzu-
liefern.
Am. 45. Das iſt ſeiner Beſtimmung nach öffentliches Kriegsgut und kommt
daher dem State, nicht dem Nehmer zu. Es iſt das der alte Grundſatz der römi-
ſchen praeda, der in dieſer Beſchränkung noch fortwirkt.
661.
Es gilt unter civiliſirten Völkern nicht mehr als gute Kriegsſitte,
um die Soldaten zur Erſtürmung eines Platzes oder Lagers aufzureizen,
ihnen die freie Plünderung des eroberten Ortes zu erlauben.
Man vertheidigt zuweilen dieſe verwerfliche Maßregel damit, daß unter Um-
ſtänden nur durch ſolche Anreizung der Gewinnſucht die Soldaten dazu gebracht
werden können, das Wagniß eines Sturmes zu unternehmen und den hartnäckigen
Widerſtand zu brechen und mit der Berufung auf die eigenen Verluſte an Gut und
Blut, die damit einigermaßen ausgeglichen werden. Aber dieſe Lappen verhüllen
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Bluntschli, Johann Caspar: Das moderne Völkerrecht der civilisirten Staten. Nördlingen, 1868, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_voelkerrecht_1868/381>, abgerufen am 21.11.2024.
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