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Bluntschli, Johann Caspar: Das moderne Völkerrecht der civilisirten Staten. Nördlingen, 1868.

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Achtes Buch.
Kriegsgefangener ausgewechselt worden und in Folge dessen das Recht der
Auswechslung maßgebend geworden.

Am. 130. Auch bei der Auswechslung kann dieselbe Bestimmung des
Nichtdienens verabredet oder auch ohne Verabredung gemeint sein. Vgl. § 612.
Es sind aber auch entgegengesetzte Verabredungen möglich, in Folge deren die aus-
gewechselten Gefangenen wieder in die Reihen der Armee eintreten dürfen.

624.

Das Versprechen bezieht sich nur auf den activen Felddienst gegen die
entlassende Kriegspartei und ihre Bundesgenossen, nicht auf den innern
Militärdienst und nicht auf civile oder diplomatische Dienstleistungen, auch
nicht auf das Fechten wider andere Feinde.

Am. 130. Nur das Fechten wider die Kriegspartei gilt als Treu-
bruch und als strafbarer Mißbrauch der zurückgegebenen Freiheit. Die auf Ehren-
wort entlassenen Officiere können aber zum Einexercieren von Rekruten,
oder zu Befestigungs- oder Bureauarbeiten verwendet werden, ohne daß
darin ein Treubruch erkannt wird.

625.

Ein Officier, welcher dem Ehrenwort zuwider gegen die entlassende
Kriegspartei ficht, kann um dieses Treubruches willen, wenn er neuerdings
in die Gewalt derselben geräth, kriegsgerichtlich gestraft und sogar zum
Tode verurtheilt werden.

Am. 130. Es ist das ein schweres Vergehen gegen den Stat, der ihn frei-
gelassen hat, aber auch vor dem Ehrgefühl der eigenen Truppen nicht zu rechtfer-
tigen. Werden solche wortbrüchige Officiere wieder ergriffen, so können sie vor
ein Kriegsgericht gestellt und von diesem verurtheilt werden. Freilich wenn der
Krieg zu Ende kommt, dann hört auch das Recht zur Verfolgung und Bestrafung
solcher Verletzungen des Kriegsrechts auf. Man darf im Frieden nicht wieder auf
solche Straffälle zurückgreifen.

626.

Wenn die Regierung, welcher der auf Ehrenwort entlassene Officier
angehört, das Versprechen nicht billigt, so ist derselbe verpflichtet, sich wie-
der zur Kriegsgefangenschaft zu stellen. Nimmt ihn der Feind nicht mehr

Achtes Buch.
Kriegsgefangener ausgewechſelt worden und in Folge deſſen das Recht der
Auswechslung maßgebend geworden.

Am. 130. Auch bei der Auswechslung kann dieſelbe Beſtimmung des
Nichtdienens verabredet oder auch ohne Verabredung gemeint ſein. Vgl. § 612.
Es ſind aber auch entgegengeſetzte Verabredungen möglich, in Folge deren die aus-
gewechſelten Gefangenen wieder in die Reihen der Armee eintreten dürfen.

624.

Das Verſprechen bezieht ſich nur auf den activen Felddienſt gegen die
entlaſſende Kriegspartei und ihre Bundesgenoſſen, nicht auf den innern
Militärdienſt und nicht auf civile oder diplomatiſche Dienſtleiſtungen, auch
nicht auf das Fechten wider andere Feinde.

Am. 130. Nur das Fechten wider die Kriegspartei gilt als Treu-
bruch und als ſtrafbarer Mißbrauch der zurückgegebenen Freiheit. Die auf Ehren-
wort entlaſſenen Officiere können aber zum Einexercieren von Rekruten,
oder zu Befeſtigungs- oder Bureauarbeiten verwendet werden, ohne daß
darin ein Treubruch erkannt wird.

625.

Ein Officier, welcher dem Ehrenwort zuwider gegen die entlaſſende
Kriegspartei ficht, kann um dieſes Treubruches willen, wenn er neuerdings
in die Gewalt derſelben geräth, kriegsgerichtlich geſtraft und ſogar zum
Tode verurtheilt werden.

Am. 130. Es iſt das ein ſchweres Vergehen gegen den Stat, der ihn frei-
gelaſſen hat, aber auch vor dem Ehrgefühl der eigenen Truppen nicht zu rechtfer-
tigen. Werden ſolche wortbrüchige Officiere wieder ergriffen, ſo können ſie vor
ein Kriegsgericht geſtellt und von dieſem verurtheilt werden. Freilich wenn der
Krieg zu Ende kommt, dann hört auch das Recht zur Verfolgung und Beſtrafung
ſolcher Verletzungen des Kriegsrechts auf. Man darf im Frieden nicht wieder auf
ſolche Straffälle zurückgreifen.

626.

Wenn die Regierung, welcher der auf Ehrenwort entlaſſene Officier
angehört, das Verſprechen nicht billigt, ſo iſt derſelbe verpflichtet, ſich wie-
der zur Kriegsgefangenſchaft zu ſtellen. Nimmt ihn der Feind nicht mehr

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[340/0362] Achtes Buch. Kriegsgefangener ausgewechſelt worden und in Folge deſſen das Recht der Auswechslung maßgebend geworden. Am. 130. Auch bei der Auswechslung kann dieſelbe Beſtimmung des Nichtdienens verabredet oder auch ohne Verabredung gemeint ſein. Vgl. § 612. Es ſind aber auch entgegengeſetzte Verabredungen möglich, in Folge deren die aus- gewechſelten Gefangenen wieder in die Reihen der Armee eintreten dürfen. 624. Das Verſprechen bezieht ſich nur auf den activen Felddienſt gegen die entlaſſende Kriegspartei und ihre Bundesgenoſſen, nicht auf den innern Militärdienſt und nicht auf civile oder diplomatiſche Dienſtleiſtungen, auch nicht auf das Fechten wider andere Feinde. Am. 130. Nur das Fechten wider die Kriegspartei gilt als Treu- bruch und als ſtrafbarer Mißbrauch der zurückgegebenen Freiheit. Die auf Ehren- wort entlaſſenen Officiere können aber zum Einexercieren von Rekruten, oder zu Befeſtigungs- oder Bureauarbeiten verwendet werden, ohne daß darin ein Treubruch erkannt wird. 625. Ein Officier, welcher dem Ehrenwort zuwider gegen die entlaſſende Kriegspartei ficht, kann um dieſes Treubruches willen, wenn er neuerdings in die Gewalt derſelben geräth, kriegsgerichtlich geſtraft und ſogar zum Tode verurtheilt werden. Am. 130. Es iſt das ein ſchweres Vergehen gegen den Stat, der ihn frei- gelaſſen hat, aber auch vor dem Ehrgefühl der eigenen Truppen nicht zu rechtfer- tigen. Werden ſolche wortbrüchige Officiere wieder ergriffen, ſo können ſie vor ein Kriegsgericht geſtellt und von dieſem verurtheilt werden. Freilich wenn der Krieg zu Ende kommt, dann hört auch das Recht zur Verfolgung und Beſtrafung ſolcher Verletzungen des Kriegsrechts auf. Man darf im Frieden nicht wieder auf ſolche Straffälle zurückgreifen. 626. Wenn die Regierung, welcher der auf Ehrenwort entlaſſene Officier angehört, das Verſprechen nicht billigt, ſo iſt derſelbe verpflichtet, ſich wie- der zur Kriegsgefangenſchaft zu ſtellen. Nimmt ihn der Feind nicht mehr

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Zitationshilfe: Bluntschli, Johann Caspar: Das moderne Völkerrecht der civilisirten Staten. Nördlingen, 1868, S. 340. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_voelkerrecht_1868/362>, abgerufen am 21.11.2024.