in einem Gefängniß ist eine extreme Maßregel, zu welcher man insbesondere gegen solche Kriegsgefangene berechtigt ist, welche sich derselben durch die Flucht hatten entziehen wollen. Vgl. zu § 601.
605.
Der Nehmestat ist verpflichtet, für die Ernährung und für die Ge- sundheit der Kriegsgefangenen soweit nöthig zu sorgen.
Vgl. oben zu 601. Die Art der Ernährung wird durch die Landes- und Volkssitte bestimmt.
606.
Soweit die Kriegsgefangenen aus eigenen Mitteln für ihren Lebens- unterhalt zu sorgen im Stande sind, ist der Stat nicht dazu verpflichtet.
Sie können ihr mitgebrachtes Geld dazu verwenden oder ihren Credit benutzen. Die Verpflichtung des Stats, sie zu ernähren, beruht nicht auf einer Unterstützungs- pflicht an sich, sondern darauf, daß er das vermeintliche Recht über Leben und Tod nicht hat, sondern verpflichtet ist, ihr Leben zu erhalten, für dessen Unterhalt sie wegen der Gefangenschaft außer Stande sind, selber zu sorgen.
607.
Die Kriegsgefangenen müssen sich allen den Anordnungen fügen, welche der Nehmestat im Interesse ihrer sichern Verwahrung für nöthig erklärt.
Sie dürfen wohl gegen lästige und unpassende Anordnungen der nähern Auf- sicht je an die übergeordnete Stelle Beschwerde führen und auch ihre Wünsche äußern. Aber Widersetzlichkeit kann nicht geduldet, sondern muß sofort unter- drückt werden, wenn nicht für den Stat und seine Kriegsführung daraus ernste Gefahren und Nachtheile entstehen sollen.
608.
Dieselben können auch inzwischen zu Arbeiten angehalten werden, welche ihren bürgerlichen Verhältnissen und ihrem Range angemessen er- scheinen. Aber niemals dürfen sie zur Theilnahme an dem Waffenkampf zu Gunsten des Nehmestates angehalten werden. Auch dürfen sie nicht gezwungen werden, irgend welche Aufschlüsse zu geben oder Mittheilungen
Achtes Buch.
in einem Gefängniß iſt eine extreme Maßregel, zu welcher man insbeſondere gegen ſolche Kriegsgefangene berechtigt iſt, welche ſich derſelben durch die Flucht hatten entziehen wollen. Vgl. zu § 601.
605.
Der Nehmeſtat iſt verpflichtet, für die Ernährung und für die Ge- ſundheit der Kriegsgefangenen ſoweit nöthig zu ſorgen.
Vgl. oben zu 601. Die Art der Ernährung wird durch die Landes- und Volksſitte beſtimmt.
606.
Soweit die Kriegsgefangenen aus eigenen Mitteln für ihren Lebens- unterhalt zu ſorgen im Stande ſind, iſt der Stat nicht dazu verpflichtet.
Sie können ihr mitgebrachtes Geld dazu verwenden oder ihren Credit benutzen. Die Verpflichtung des Stats, ſie zu ernähren, beruht nicht auf einer Unterſtützungs- pflicht an ſich, ſondern darauf, daß er das vermeintliche Recht über Leben und Tod nicht hat, ſondern verpflichtet iſt, ihr Leben zu erhalten, für deſſen Unterhalt ſie wegen der Gefangenſchaft außer Stande ſind, ſelber zu ſorgen.
607.
Die Kriegsgefangenen müſſen ſich allen den Anordnungen fügen, welche der Nehmeſtat im Intereſſe ihrer ſichern Verwahrung für nöthig erklärt.
Sie dürfen wohl gegen läſtige und unpaſſende Anordnungen der nähern Auf- ſicht je an die übergeordnete Stelle Beſchwerde führen und auch ihre Wünſche äußern. Aber Widerſetzlichkeit kann nicht geduldet, ſondern muß ſofort unter- drückt werden, wenn nicht für den Stat und ſeine Kriegsführung daraus ernſte Gefahren und Nachtheile entſtehen ſollen.
608.
Dieſelben können auch inzwiſchen zu Arbeiten angehalten werden, welche ihren bürgerlichen Verhältniſſen und ihrem Range angemeſſen er- ſcheinen. Aber niemals dürfen ſie zur Theilnahme an dem Waffenkampf zu Gunſten des Nehmeſtates angehalten werden. Auch dürfen ſie nicht gezwungen werden, irgend welche Aufſchlüſſe zu geben oder Mittheilungen
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbn="334"facs="#f0356"/><fwtype="header"place="top">Achtes Buch.</fw><lb/>
in einem <hirendition="#g">Gefängniß</hi> iſt eine extreme Maßregel, zu welcher man insbeſondere<lb/>
gegen ſolche Kriegsgefangene berechtigt iſt, welche ſich derſelben durch die Flucht<lb/>
hatten entziehen wollen. Vgl. zu § 601.</p></div><lb/><divn="4"><head>605.</head><lb/><p>Der Nehmeſtat iſt verpflichtet, für die Ernährung und für die Ge-<lb/>ſundheit der Kriegsgefangenen ſoweit nöthig zu ſorgen.</p><lb/><p>Vgl. oben zu 601. Die <hirendition="#g">Art der Ernährung</hi> wird durch die Landes-<lb/>
und Volksſitte beſtimmt.</p></div><lb/><divn="4"><head>606.</head><lb/><p>Soweit die Kriegsgefangenen aus eigenen Mitteln für ihren Lebens-<lb/>
unterhalt zu ſorgen im Stande ſind, iſt der Stat nicht dazu verpflichtet.</p><lb/><p>Sie können ihr mitgebrachtes Geld dazu verwenden oder ihren Credit benutzen.<lb/>
Die Verpflichtung des Stats, ſie zu ernähren, beruht nicht auf einer Unterſtützungs-<lb/>
pflicht an ſich, ſondern darauf, daß er das vermeintliche Recht über Leben und Tod<lb/>
nicht hat, ſondern verpflichtet iſt, <hirendition="#g">ihr Leben zu erhalten</hi>, für deſſen Unterhalt<lb/>ſie wegen der Gefangenſchaft <hirendition="#g">außer Stande ſind, ſelber zu ſorgen</hi>.</p></div><lb/><divn="4"><head>607.</head><lb/><p>Die Kriegsgefangenen müſſen ſich allen den Anordnungen fügen,<lb/>
welche der Nehmeſtat im Intereſſe ihrer ſichern Verwahrung für nöthig<lb/>
erklärt.</p><lb/><p>Sie dürfen wohl gegen läſtige und unpaſſende Anordnungen der nähern Auf-<lb/>ſicht je an die übergeordnete Stelle <hirendition="#g">Beſchwerde führen</hi> und auch ihre <hirendition="#g">Wünſche<lb/>
äußern</hi>. Aber <hirendition="#g">Widerſetzlichkeit</hi> kann nicht geduldet, ſondern muß ſofort unter-<lb/>
drückt werden, wenn nicht für den Stat und ſeine Kriegsführung daraus ernſte<lb/>
Gefahren und Nachtheile entſtehen ſollen.</p></div><lb/><divn="4"><head>608.</head><lb/><p>Dieſelben können auch inzwiſchen zu Arbeiten angehalten werden,<lb/>
welche ihren bürgerlichen Verhältniſſen und ihrem Range angemeſſen er-<lb/>ſcheinen. Aber niemals dürfen ſie zur Theilnahme an dem Waffenkampf<lb/>
zu Gunſten des Nehmeſtates angehalten werden. Auch dürfen ſie nicht<lb/>
gezwungen werden, irgend welche Aufſchlüſſe zu geben oder Mittheilungen<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[334/0356]
Achtes Buch.
in einem Gefängniß iſt eine extreme Maßregel, zu welcher man insbeſondere
gegen ſolche Kriegsgefangene berechtigt iſt, welche ſich derſelben durch die Flucht
hatten entziehen wollen. Vgl. zu § 601.
605.
Der Nehmeſtat iſt verpflichtet, für die Ernährung und für die Ge-
ſundheit der Kriegsgefangenen ſoweit nöthig zu ſorgen.
Vgl. oben zu 601. Die Art der Ernährung wird durch die Landes-
und Volksſitte beſtimmt.
606.
Soweit die Kriegsgefangenen aus eigenen Mitteln für ihren Lebens-
unterhalt zu ſorgen im Stande ſind, iſt der Stat nicht dazu verpflichtet.
Sie können ihr mitgebrachtes Geld dazu verwenden oder ihren Credit benutzen.
Die Verpflichtung des Stats, ſie zu ernähren, beruht nicht auf einer Unterſtützungs-
pflicht an ſich, ſondern darauf, daß er das vermeintliche Recht über Leben und Tod
nicht hat, ſondern verpflichtet iſt, ihr Leben zu erhalten, für deſſen Unterhalt
ſie wegen der Gefangenſchaft außer Stande ſind, ſelber zu ſorgen.
607.
Die Kriegsgefangenen müſſen ſich allen den Anordnungen fügen,
welche der Nehmeſtat im Intereſſe ihrer ſichern Verwahrung für nöthig
erklärt.
Sie dürfen wohl gegen läſtige und unpaſſende Anordnungen der nähern Auf-
ſicht je an die übergeordnete Stelle Beſchwerde führen und auch ihre Wünſche
äußern. Aber Widerſetzlichkeit kann nicht geduldet, ſondern muß ſofort unter-
drückt werden, wenn nicht für den Stat und ſeine Kriegsführung daraus ernſte
Gefahren und Nachtheile entſtehen ſollen.
608.
Dieſelben können auch inzwiſchen zu Arbeiten angehalten werden,
welche ihren bürgerlichen Verhältniſſen und ihrem Range angemeſſen er-
ſcheinen. Aber niemals dürfen ſie zur Theilnahme an dem Waffenkampf
zu Gunſten des Nehmeſtates angehalten werden. Auch dürfen ſie nicht
gezwungen werden, irgend welche Aufſchlüſſe zu geben oder Mittheilungen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bluntschli, Johann Caspar: Das moderne Völkerrecht der civilisirten Staten. Nördlingen, 1868, S. 334. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_voelkerrecht_1868/356>, abgerufen am 03.03.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.