Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bluntschli, Johann Caspar: Das moderne Völkerrecht der civilisirten Staten. Nördlingen, 1868.

Bild:
<< vorherige Seite
Achtes Buch.

Den Feldherren soll gestattet sein, die während des Kampfes Ver-
wundeten sofort den feindlichen Vorposten zu übergeben, wenn die Um-
stände es erlauben und beide Theile zustimmen.

Diejenigen, welche nach ihrer Genesung dienstuntüchtig befunden
werden, sind heimzuschicken.

Die andern können ebenfalls nach Hause entlassen werden unter der
Bedingung, daß sie für die Dauer des Krieges die Waffen nicht mehr
tragen.

Die Evacuationen und das sie leitende (besorgende) Personal wer-
den durch unbedingte Neutralität geschützt.

Ebenda Art. 6.

592.

Eine auszeichnende und überall gleiche Fahne wird für die Spitäler,
Ambulancen und Evacuationen angenommen. Ihr soll unter allen Um-
ständen die Landesfahne zur Seite stehen.

Deßgleichen wird für das neutralisirte Personal ein Armband zu-
gelassen, dessen Verabfolgung jedoch der Militärbehörde überlassen bleibt.

Fahne und Armband tragen das rothe Kreuz auf weißem Grund.

Ebenda Art. 7.

593.

Die siegende Kriegsgewalt ist berechtigt, Kriegsgefangene zu machen.

Die moderne Kriegsgefangenschaft hat einen durchaus andern Charakter als
die antike und selbst die mittelalterliche. Der Grundgedanke der antiken Kriegs-
gefangenschaft war die Sclaverei, wenn nicht gar die Absicht des Siegers, mit
den Gefangenen im Triumphzuge zu prunken und ihre Führer schließlich aus Rache
dem Tode zu weihen; das Mittelalter betrachtete die Gefangenen entweder als ein
Mittel, Lösegelder zu erpressen, oder geradezu als Gegenstand der persön-
lichen Rache. Das moderne Kriegsrecht sieht in der Kriegsgefangenschaft vorzüglich
ein Mittel, die feindliche Kriegsmacht zu schwächen und den Sieg
zu sichern
.

594.

In der Regel sind alle feindlichen Personen der Kriegsgefangenschaft

Achtes Buch.

Den Feldherren ſoll geſtattet ſein, die während des Kampfes Ver-
wundeten ſofort den feindlichen Vorpoſten zu übergeben, wenn die Um-
ſtände es erlauben und beide Theile zuſtimmen.

Diejenigen, welche nach ihrer Geneſung dienſtuntüchtig befunden
werden, ſind heimzuſchicken.

Die andern können ebenfalls nach Hauſe entlaſſen werden unter der
Bedingung, daß ſie für die Dauer des Krieges die Waffen nicht mehr
tragen.

Die Evacuationen und das ſie leitende (beſorgende) Perſonal wer-
den durch unbedingte Neutralität geſchützt.

Ebenda Art. 6.

592.

Eine auszeichnende und überall gleiche Fahne wird für die Spitäler,
Ambulancen und Evacuationen angenommen. Ihr ſoll unter allen Um-
ſtänden die Landesfahne zur Seite ſtehen.

Deßgleichen wird für das neutraliſirte Perſonal ein Armband zu-
gelaſſen, deſſen Verabfolgung jedoch der Militärbehörde überlaſſen bleibt.

Fahne und Armband tragen das rothe Kreuz auf weißem Grund.

Ebenda Art. 7.

593.

Die ſiegende Kriegsgewalt iſt berechtigt, Kriegsgefangene zu machen.

Die moderne Kriegsgefangenſchaft hat einen durchaus andern Charakter als
die antike und ſelbſt die mittelalterliche. Der Grundgedanke der antiken Kriegs-
gefangenſchaft war die Sclaverei, wenn nicht gar die Abſicht des Siegers, mit
den Gefangenen im Triumphzuge zu prunken und ihre Führer ſchließlich aus Rache
dem Tode zu weihen; das Mittelalter betrachtete die Gefangenen entweder als ein
Mittel, Löſegelder zu erpreſſen, oder geradezu als Gegenſtand der perſön-
lichen Rache. Das moderne Kriegsrecht ſieht in der Kriegsgefangenſchaft vorzüglich
ein Mittel, die feindliche Kriegsmacht zu ſchwächen und den Sieg
zu ſichern
.

594.

In der Regel ſind alle feindlichen Perſonen der Kriegsgefangenſchaft

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0350" n="328"/>
              <fw place="top" type="header">Achtes Buch.</fw><lb/>
              <p>Den Feldherren &#x017F;oll ge&#x017F;tattet &#x017F;ein, die während des Kampfes Ver-<lb/>
wundeten &#x017F;ofort den feindlichen Vorpo&#x017F;ten zu übergeben, wenn die Um-<lb/>
&#x017F;tände es erlauben und beide Theile zu&#x017F;timmen.</p><lb/>
              <p>Diejenigen, welche nach ihrer Gene&#x017F;ung dien&#x017F;tuntüchtig befunden<lb/>
werden, &#x017F;ind heimzu&#x017F;chicken.</p><lb/>
              <p>Die andern können ebenfalls nach Hau&#x017F;e entla&#x017F;&#x017F;en werden unter der<lb/>
Bedingung, daß &#x017F;ie für die Dauer des Krieges die Waffen nicht mehr<lb/>
tragen.</p><lb/>
              <p>Die Evacuationen und das &#x017F;ie leitende (be&#x017F;orgende) Per&#x017F;onal wer-<lb/>
den durch unbedingte Neutralität ge&#x017F;chützt.</p><lb/>
              <p>Ebenda Art. 6.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>592.</head><lb/>
              <p>Eine auszeichnende und überall gleiche Fahne wird für die Spitäler,<lb/>
Ambulancen und Evacuationen angenommen. Ihr &#x017F;oll unter allen Um-<lb/>
&#x017F;tänden die Landesfahne zur Seite &#x017F;tehen.</p><lb/>
              <p>Deßgleichen wird für das neutrali&#x017F;irte Per&#x017F;onal ein Armband zu-<lb/>
gela&#x017F;&#x017F;en, de&#x017F;&#x017F;en Verabfolgung jedoch der Militärbehörde überla&#x017F;&#x017F;en bleibt.</p><lb/>
              <p>Fahne und Armband tragen das rothe Kreuz auf weißem Grund.</p><lb/>
              <p>Ebenda Art. 7.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>593.</head><lb/>
              <p>Die &#x017F;iegende Kriegsgewalt i&#x017F;t berechtigt, Kriegsgefangene zu machen.</p><lb/>
              <p>Die moderne Kriegsgefangen&#x017F;chaft hat einen durchaus andern Charakter als<lb/>
die antike und &#x017F;elb&#x017F;t die mittelalterliche. Der Grundgedanke der antiken Kriegs-<lb/>
gefangen&#x017F;chaft war die <hi rendition="#g">Sclaverei</hi>, wenn nicht gar die Ab&#x017F;icht des Siegers, mit<lb/>
den Gefangenen im Triumphzuge zu prunken und ihre Führer &#x017F;chließlich aus Rache<lb/>
dem Tode zu weihen; das Mittelalter betrachtete die Gefangenen entweder als ein<lb/><hi rendition="#g">Mittel, Lö&#x017F;egelder zu erpre&#x017F;&#x017F;en</hi>, oder geradezu als Gegen&#x017F;tand der per&#x017F;ön-<lb/>
lichen Rache. Das moderne Kriegsrecht &#x017F;ieht in der Kriegsgefangen&#x017F;chaft vorzüglich<lb/>
ein <hi rendition="#g">Mittel, die feindliche Kriegsmacht zu &#x017F;chwächen</hi> und <hi rendition="#g">den Sieg<lb/>
zu &#x017F;ichern</hi>.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>594.</head><lb/>
              <p>In der Regel &#x017F;ind alle feindlichen Per&#x017F;onen der Kriegsgefangen&#x017F;chaft<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[328/0350] Achtes Buch. Den Feldherren ſoll geſtattet ſein, die während des Kampfes Ver- wundeten ſofort den feindlichen Vorpoſten zu übergeben, wenn die Um- ſtände es erlauben und beide Theile zuſtimmen. Diejenigen, welche nach ihrer Geneſung dienſtuntüchtig befunden werden, ſind heimzuſchicken. Die andern können ebenfalls nach Hauſe entlaſſen werden unter der Bedingung, daß ſie für die Dauer des Krieges die Waffen nicht mehr tragen. Die Evacuationen und das ſie leitende (beſorgende) Perſonal wer- den durch unbedingte Neutralität geſchützt. Ebenda Art. 6. 592. Eine auszeichnende und überall gleiche Fahne wird für die Spitäler, Ambulancen und Evacuationen angenommen. Ihr ſoll unter allen Um- ſtänden die Landesfahne zur Seite ſtehen. Deßgleichen wird für das neutraliſirte Perſonal ein Armband zu- gelaſſen, deſſen Verabfolgung jedoch der Militärbehörde überlaſſen bleibt. Fahne und Armband tragen das rothe Kreuz auf weißem Grund. Ebenda Art. 7. 593. Die ſiegende Kriegsgewalt iſt berechtigt, Kriegsgefangene zu machen. Die moderne Kriegsgefangenſchaft hat einen durchaus andern Charakter als die antike und ſelbſt die mittelalterliche. Der Grundgedanke der antiken Kriegs- gefangenſchaft war die Sclaverei, wenn nicht gar die Abſicht des Siegers, mit den Gefangenen im Triumphzuge zu prunken und ihre Führer ſchließlich aus Rache dem Tode zu weihen; das Mittelalter betrachtete die Gefangenen entweder als ein Mittel, Löſegelder zu erpreſſen, oder geradezu als Gegenſtand der perſön- lichen Rache. Das moderne Kriegsrecht ſieht in der Kriegsgefangenſchaft vorzüglich ein Mittel, die feindliche Kriegsmacht zu ſchwächen und den Sieg zu ſichern. 594. In der Regel ſind alle feindlichen Perſonen der Kriegsgefangenſchaft

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_voelkerrecht_1868
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_voelkerrecht_1868/350
Zitationshilfe: Bluntschli, Johann Caspar: Das moderne Völkerrecht der civilisirten Staten. Nördlingen, 1868, S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_voelkerrecht_1868/350>, abgerufen am 22.12.2024.