Bluntschli, Johann Caspar: Das moderne Völkerrecht der civilisirten Staten. Nördlingen, 1868.Verletzungen des Völkerrechts und Verfahren zur Herstellung desselben. innern, daß unsere Gefangenen nicht an jenem Unrecht schuld und überhaupt keineStrafgefangenen sind. Eher tritt die Analogie der Kriegsgefangenschaft ein. Zu g. Vgl. oben § 455. 501. Die civilisirte moderne Völkersitte mißbilligt als barbarisch: a) jede Grausamkeit gegen einzelne, zumal schuldlose Personen, b) die statliche Ermächtigung von Privatpersonen, Angehörige des gegnerischen Stats zu fangen oder zu tödten oder das Vermögen derselben zu zerstören oder wegzunehmen. 1. Zu a. Auch wenn wilde Stämme unsere Statsgenossen grausam miß- 2. Zu b. Im Mittelalter kamen solche Ermächtigungen öfter vor und wur- 502. Die Wahl und der Umfang der Repressalien richtet sich nach dem Die Repressalien lassen sich nur als eine Art Nothwehr vertheidigen, in Verletzungen des Völkerrechts und Verfahren zur Herſtellung desſelben. innern, daß unſere Gefangenen nicht an jenem Unrecht ſchuld und überhaupt keineStrafgefangenen ſind. Eher tritt die Analogie der Kriegsgefangenſchaft ein. Zu g. Vgl. oben § 455. 501. Die civiliſirte moderne Völkerſitte mißbilligt als barbariſch: a) jede Grauſamkeit gegen einzelne, zumal ſchuldloſe Perſonen, b) die ſtatliche Ermächtigung von Privatperſonen, Angehörige des gegneriſchen Stats zu fangen oder zu tödten oder das Vermögen derſelben zu zerſtören oder wegzunehmen. 1. Zu a. Auch wenn wilde Stämme unſere Statsgenoſſen grauſam miß- 2. Zu b. Im Mittelalter kamen ſolche Ermächtigungen öfter vor und wur- 502. 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Verletzungen des Völkerrechts und Verfahren zur Herſtellung desſelben.
innern, daß unſere Gefangenen nicht an jenem Unrecht ſchuld und überhaupt keine
Strafgefangenen ſind. Eher tritt die Analogie der Kriegsgefangenſchaft ein.
Zu g. Vgl. oben § 455.
501.
Die civiliſirte moderne Völkerſitte mißbilligt als barbariſch:
a) jede Grauſamkeit gegen einzelne, zumal ſchuldloſe Perſonen,
b) die ſtatliche Ermächtigung von Privatperſonen, Angehörige des
gegneriſchen Stats zu fangen oder zu tödten oder das Vermögen
derſelben zu zerſtören oder wegzunehmen.
1. Zu a. Auch wenn wilde Stämme unſere Statsgenoſſen grauſam miß-
handeln, verſtümmeln, tödten, ſo iſt es dennoch der civiliſirten Staten unwürdig,
ebenſo barbariſch gegen Angehörige jener Stämme zu verfahren, welche in ihre Ge-
walt gerathen. Das Geſetz der Talion darf nicht bis zur Barbarei geübt wer-
den. Als ſolche iſt auch die Hinrichtung nichtſchuldiger Perſonen ange-
ſehen. In dem Befreiungskriege der nordamerikaniſchen Colonien gegen England
kam noch ein ſolcher Fall vor. Der engliſche Hauptmann Lippencott ließ einen ge-
fangenen nordamerikaniſchen Officier hängen. Der engliſche General Clinton miß-
billigte das Verfahren und ſtellte ſeinen Untergebenen vor ein Kriegsgericht. Der
General Waſhington verlangte aber Auslieferung des Schuldigen und ließ, als dieſe
verweigert ward, zur Wiedervergeltung einen gefangenen engliſchen Officier, Namens
Argill, vor ein Kriegsgericht ſtellen und ebenfalls zum Tode verurtheilen. In-
deſſen gelang es den Bemühungen, vorzüglich der Königin von Frankreich, den-
ſelben zu retten und eine Begnadigung des Congreſſes zu erwirken. Vgl. Philli-
more III. 150 f.
2. Zu b. Im Mittelalter kamen ſolche Ermächtigungen öfter vor und wur-
den für erlaubt gehalten. Eine Form derſelben, die Caperſchiffe in Kriegszeiten,
wurde ſogar bis in die neueſte Zeit geübt. Siehe unten Buch VIII. Mit Recht
aber verwirft das heutige Völkerrecht alle ſolchen Privatacte der Gewalt. Es fehlt
dabei an jeder Garantie, daß die Selbſthülfe mit Maß geübt werde.
502.
Die Wahl und der Umfang der Repreſſalien richtet ſich nach dem
gerügten Unrecht. Unverhältnißmäßige Repreſſalien ſind widerrechtlich.
Die Repreſſalien laſſen ſich nur als eine Art Nothwehr vertheidigen, in
Ermanglung beſſerer Rechtshülfe. Eben deßhalb ſind ſie nach dem Grund-
ſatz einer gerechten Wiedervergeltung zu beſtimmen und zu bemeſſen. Der Natur
der Dinge nach iſt freilich eine genaue Maßbeſtimmung nicht wohl einzuhalten, aber
das Grundprincip der Verhältnißmäßigkeit darf doch niemals unbeachtet
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