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Bluntschli, Johann Caspar: Das moderne Völkerrecht der civilisirten Staten. Nördlingen, 1868.

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Siebentes Buch.
das Völkerrecht zu schützen die Macht haben, veranlaßt, dagegen zu wirken
und für Herstellung und Sicherung der Rechtsordnung einzustehn.

Gemeingefährliche Verletzungen bedrohen die allgemeine Weltordnung
und regen in Folge dessen alle Staten auf. Wie im Strafrecht die Popularklage
die Klage des Verletzten ergänzt und ersetzt hat, so hat aus einem ähnlichen Bedürf-
niß, den Weltfrieden und die Weltordnung besser zu sichern, das Völkerrecht diese
erweiterte Rechtshülfe gebilligt. Zunächst sind alle Staten in gleicher Weise
berechtigt, aber man kann doch eine wirksame Hülfe nur von den Staten erwarten,
deren Macht zu activer Politik ausreicht, in der Regel also nur von den Groß-
mächten
. Wenn in Europa eine Zeit lang die sogenannte Pentarchie der fünf
europäischen Großmächte sich vorzugsweise als Protectorat des Völkerrechts gerirt
hat, so findet das in dieser Rücksicht eine relative Begründung.

472.

Von der Art sind insbesondere:

a) die Seeräuberei (Piraterie) (§ 343 f.),
b) die Beraubung und Rechtloserklärung der Fremden überhaupt
(§ 381 f.),
c) die Zerstörung der Weltverkehrswege (§ 307),
d) die Anmaßung einer ausschließlichen Meeresherrschaft (§ 100. 305),
e) die drohende Universalherrschaft Eines States über die andern
Staten und die Störung des allgemeinen Gleichgewichts (§ 98.
99. 412),
f) der Bruch des Gesantenrechts (§ 191 f.),
g) der gewaltsame Ueberfall fremder Statsgebiete ohne Kriegsursache
(§ 481),
h) die Unterdrückung fremder und selbständiger Völker durch rohe
Uebermacht (§ 81. 412),
i) die Einführung der Sclaverei (§ 361 f.),
k) die offenbare und grausame Tyrannei wider Andersgläubige
(§ 411).

Ueberhaupt kann jeder schwere und unzweifelhafte Bruch und offen-
bare Verhöhnung des Völkerrechts das Einschreiten auch der übrigen nicht
unmittelbar betroffenen Staten veranlassen und rechtfertigen.

473.

Die übrigen Staten können in solchen Fällen ihre diplomatische Ver-

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das Völkerrecht zu ſchützen die Macht haben, veranlaßt, dagegen zu wirken
und für Herſtellung und Sicherung der Rechtsordnung einzuſtehn.

Gemeingefährliche Verletzungen bedrohen die allgemeine Weltordnung
und regen in Folge deſſen alle Staten auf. Wie im Strafrecht die Popularklage
die Klage des Verletzten ergänzt und erſetzt hat, ſo hat aus einem ähnlichen Bedürf-
niß, den Weltfrieden und die Weltordnung beſſer zu ſichern, das Völkerrecht dieſe
erweiterte Rechtshülfe gebilligt. Zunächſt ſind alle Staten in gleicher Weiſe
berechtigt, aber man kann doch eine wirkſame Hülfe nur von den Staten erwarten,
deren Macht zu activer Politik ausreicht, in der Regel alſo nur von den Groß-
mächten
. Wenn in Europa eine Zeit lang die ſogenannte Pentarchie der fünf
europäiſchen Großmächte ſich vorzugsweiſe als Protectorat des Völkerrechts gerirt
hat, ſo findet das in dieſer Rückſicht eine relative Begründung.

472.

Von der Art ſind insbeſondere:

a) die Seeräuberei (Piraterie) (§ 343 f.),
b) die Beraubung und Rechtloserklärung der Fremden überhaupt
(§ 381 f.),
c) die Zerſtörung der Weltverkehrswege (§ 307),
d) die Anmaßung einer ausſchließlichen Meeresherrſchaft (§ 100. 305),
e) die drohende Univerſalherrſchaft Eines States über die andern
Staten und die Störung des allgemeinen Gleichgewichts (§ 98.
99. 412),
f) der Bruch des Geſantenrechts (§ 191 f.),
g) der gewaltſame Ueberfall fremder Statsgebiete ohne Kriegsurſache
(§ 481),
h) die Unterdrückung fremder und ſelbſtändiger Völker durch rohe
Uebermacht (§ 81. 412),
i) die Einführung der Sclaverei (§ 361 f.),
k) die offenbare und grauſame Tyrannei wider Andersgläubige
(§ 411).

Ueberhaupt kann jeder ſchwere und unzweifelhafte Bruch und offen-
bare Verhöhnung des Völkerrechts das Einſchreiten auch der übrigen nicht
unmittelbar betroffenen Staten veranlaſſen und rechtfertigen.

473.

Die übrigen Staten können in ſolchen Fällen ihre diplomatiſche Ver-

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[264/0286] Siebentes Buch. das Völkerrecht zu ſchützen die Macht haben, veranlaßt, dagegen zu wirken und für Herſtellung und Sicherung der Rechtsordnung einzuſtehn. Gemeingefährliche Verletzungen bedrohen die allgemeine Weltordnung und regen in Folge deſſen alle Staten auf. Wie im Strafrecht die Popularklage die Klage des Verletzten ergänzt und erſetzt hat, ſo hat aus einem ähnlichen Bedürf- niß, den Weltfrieden und die Weltordnung beſſer zu ſichern, das Völkerrecht dieſe erweiterte Rechtshülfe gebilligt. Zunächſt ſind alle Staten in gleicher Weiſe berechtigt, aber man kann doch eine wirkſame Hülfe nur von den Staten erwarten, deren Macht zu activer Politik ausreicht, in der Regel alſo nur von den Groß- mächten. Wenn in Europa eine Zeit lang die ſogenannte Pentarchie der fünf europäiſchen Großmächte ſich vorzugsweiſe als Protectorat des Völkerrechts gerirt hat, ſo findet das in dieſer Rückſicht eine relative Begründung. 472. Von der Art ſind insbeſondere: a) die Seeräuberei (Piraterie) (§ 343 f.), b) die Beraubung und Rechtloserklärung der Fremden überhaupt (§ 381 f.), c) die Zerſtörung der Weltverkehrswege (§ 307), d) die Anmaßung einer ausſchließlichen Meeresherrſchaft (§ 100. 305), e) die drohende Univerſalherrſchaft Eines States über die andern Staten und die Störung des allgemeinen Gleichgewichts (§ 98. 99. 412), f) der Bruch des Geſantenrechts (§ 191 f.), g) der gewaltſame Ueberfall fremder Statsgebiete ohne Kriegsurſache (§ 481), h) die Unterdrückung fremder und ſelbſtändiger Völker durch rohe Uebermacht (§ 81. 412), i) die Einführung der Sclaverei (§ 361 f.), k) die offenbare und grauſame Tyrannei wider Andersgläubige (§ 411). Ueberhaupt kann jeder ſchwere und unzweifelhafte Bruch und offen- bare Verhöhnung des Völkerrechts das Einſchreiten auch der übrigen nicht unmittelbar betroffenen Staten veranlaſſen und rechtfertigen. 473. Die übrigen Staten können in ſolchen Fällen ihre diplomatiſche Ver-

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Zitationshilfe: Bluntschli, Johann Caspar: Das moderne Völkerrecht der civilisirten Staten. Nördlingen, 1868, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_voelkerrecht_1868/286>, abgerufen am 21.11.2024.