Bluntschli, Johann Caspar: Das moderne Völkerrecht der civilisirten Staten. Nördlingen, 1868.Völkerrechtliche Organe. 237. Eine bloße Unterbrechung der diplomatischen Sendung, welche die a) in Folge von Streitigkeiten, welche noch nicht zum Abbruch aber zu einstweiliger Einstellung der diplomatischen Functionen führen, b) bei Statsumwälzungen in einem der beiden Länder, deren Aus- gang noch ungewiß ist, c) wenn der Gesante in Folge persönlicher Hindernisse vorübergehend außer Stande ist, seine Thätigkeit fortzusetzen. In zweifelhaften Fällen der ersten und zweiten Classe hängt es immerhin 238. Wird die diplomatische Sendung in friedlicher Weise durch Abberu- Jene Feierlichkeit und dieses Recreditiv sind aber nicht nothwendig, 239. Unter allen Umständen, selbst nach einer Kriegserklärung, hat der Völkerrechtliche Organe. 237. Eine bloße Unterbrechung der diplomatiſchen Sendung, welche die a) in Folge von Streitigkeiten, welche noch nicht zum Abbruch aber zu einſtweiliger Einſtellung der diplomatiſchen Functionen führen, b) bei Statsumwälzungen in einem der beiden Länder, deren Aus- gang noch ungewiß iſt, c) wenn der Geſante in Folge perſönlicher Hinderniſſe vorübergehend außer Stande iſt, ſeine Thätigkeit fortzuſetzen. In zweifelhaften Fällen der erſten und zweiten Claſſe hängt es immerhin 238. Wird die diplomatiſche Sendung in friedlicher Weiſe durch Abberu- Jene Feierlichkeit und dieſes Recreditiv ſind aber nicht nothwendig, 239. Unter allen Umſtänden, ſelbſt nach einer Kriegserklärung, hat der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0171" n="149"/> <fw place="top" type="header">Völkerrechtliche Organe.</fw><lb/> <div n="5"> <head>237.</head><lb/> <p>Eine bloße Unterbrechung der diplomatiſchen Sendung, welche die<lb/> Fortwirkung des Creditivs zweifelhaft macht, findet Statt:</p><lb/> <list> <item><hi rendition="#aq">a)</hi> in Folge von Streitigkeiten, welche noch nicht zum Abbruch aber<lb/> zu einſtweiliger Einſtellung der diplomatiſchen Functionen führen,</item><lb/> <item><hi rendition="#aq">b)</hi> bei Statsumwälzungen in einem der beiden Länder, deren Aus-<lb/> gang noch ungewiß iſt,</item><lb/> <item><hi rendition="#aq">c)</hi> wenn der Geſante in Folge perſönlicher Hinderniſſe vorübergehend<lb/> außer Stande iſt, ſeine Thätigkeit fortzuſetzen.</item> </list><lb/> <p>In zweifelhaften Fällen der erſten und zweiten Claſſe hängt es immerhin<lb/> von dem Ermeſſen der Staten oder ihrer Geſanten ab, dieſen Zweifeln eine größere<lb/> oder geringere Wirkung zu verſtatten. In Fällen der dritten Art wird die Verhand-<lb/> lung mit Nothwendigkeit unterbrochen. Dahin gehört z. B. die Abſperrung der<lb/> Verbindung in Kriegszeiten, oder eine Krankheit des Geſanten, die ihn zur Vertre-<lb/> tung unfähig macht — ohne Zwiſchenvertretung — u. dgl. In dieſer Zwiſchenzeit<lb/> wird die Wirkſamkeit des Creditivs als ſuspendirt betrachtet. Wenn jedoch das<lb/> Hemmniß beſeitigt, oder die Ungewißheit zu Gunſten der Fortſetzung des diplomati-<lb/> ſchen Verkehrs gehoben wird, ſo tritt das alte Creditiv wieder in volle Kraft und<lb/> wird angenommen, es habe auch in der Zwiſchenzeit gegolten. Wird umgekehrt dieſe<lb/> Zwiſchenzeit durch den Abbruch des Verkehrs beendigt, ſo wird angenommen, das<lb/> ſuspendirte Creditiv ſei unwirkſam geblieben.</p> </div><lb/> <div n="5"> <head>238.</head><lb/> <p>Wird die diplomatiſche Sendung in friedlicher Weiſe durch Abberu-<lb/> fung des Geſanten beendigt und iſt derſelbe bei dem Souverän perſönlich<lb/> beglaubigt, ſo kann eine dem feierlichen Empfang entſprechende feierliche<lb/> Verabſchiedung des Geſanten ſtattfinden. Der Geſante erhält dann gegen<lb/> das Abberufungsſchreiben von dem Souverän des beſendeten Stats ein<lb/> Recreditivſchreiben <hi rendition="#aq">(lettres de récréance)</hi> an den Souverän des Abſende-<lb/> ſtats, welches die Beendigung des bisherigen Repräſentationsverhältniſſes<lb/> beurkundet.</p><lb/> <p>Jene Feierlichkeit und dieſes Recreditiv ſind aber nicht nothwendig,<lb/> um das frühere Creditiv außer Wirkſamkeit zu ſetzen.</p> </div><lb/> <div n="5"> <head>239.</head><lb/> <p>Unter allen Umſtänden, ſelbſt nach einer Kriegserklärung, hat der<lb/> Empfangſtat die Pflicht, dafür zu ſorgen, daß der ſcheidende Geſante un-<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [149/0171]
Völkerrechtliche Organe.
237.
Eine bloße Unterbrechung der diplomatiſchen Sendung, welche die
Fortwirkung des Creditivs zweifelhaft macht, findet Statt:
a) in Folge von Streitigkeiten, welche noch nicht zum Abbruch aber
zu einſtweiliger Einſtellung der diplomatiſchen Functionen führen,
b) bei Statsumwälzungen in einem der beiden Länder, deren Aus-
gang noch ungewiß iſt,
c) wenn der Geſante in Folge perſönlicher Hinderniſſe vorübergehend
außer Stande iſt, ſeine Thätigkeit fortzuſetzen.
In zweifelhaften Fällen der erſten und zweiten Claſſe hängt es immerhin
von dem Ermeſſen der Staten oder ihrer Geſanten ab, dieſen Zweifeln eine größere
oder geringere Wirkung zu verſtatten. In Fällen der dritten Art wird die Verhand-
lung mit Nothwendigkeit unterbrochen. Dahin gehört z. B. die Abſperrung der
Verbindung in Kriegszeiten, oder eine Krankheit des Geſanten, die ihn zur Vertre-
tung unfähig macht — ohne Zwiſchenvertretung — u. dgl. In dieſer Zwiſchenzeit
wird die Wirkſamkeit des Creditivs als ſuspendirt betrachtet. Wenn jedoch das
Hemmniß beſeitigt, oder die Ungewißheit zu Gunſten der Fortſetzung des diplomati-
ſchen Verkehrs gehoben wird, ſo tritt das alte Creditiv wieder in volle Kraft und
wird angenommen, es habe auch in der Zwiſchenzeit gegolten. Wird umgekehrt dieſe
Zwiſchenzeit durch den Abbruch des Verkehrs beendigt, ſo wird angenommen, das
ſuspendirte Creditiv ſei unwirkſam geblieben.
238.
Wird die diplomatiſche Sendung in friedlicher Weiſe durch Abberu-
fung des Geſanten beendigt und iſt derſelbe bei dem Souverän perſönlich
beglaubigt, ſo kann eine dem feierlichen Empfang entſprechende feierliche
Verabſchiedung des Geſanten ſtattfinden. Der Geſante erhält dann gegen
das Abberufungsſchreiben von dem Souverän des beſendeten Stats ein
Recreditivſchreiben (lettres de récréance) an den Souverän des Abſende-
ſtats, welches die Beendigung des bisherigen Repräſentationsverhältniſſes
beurkundet.
Jene Feierlichkeit und dieſes Recreditiv ſind aber nicht nothwendig,
um das frühere Creditiv außer Wirkſamkeit zu ſetzen.
239.
Unter allen Umſtänden, ſelbſt nach einer Kriegserklärung, hat der
Empfangſtat die Pflicht, dafür zu ſorgen, daß der ſcheidende Geſante un-
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