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Bluntschli, Johann Caspar: Das moderne Völkerrecht der civilisirten Staten. Nördlingen, 1868.

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Drittes Buch.

Die repräsentative Stellung des Gesanten erfordert nicht allein, daß der Ge-
sante sich nicht durch persönliche Ehren oder Vortheile von dem besendeten State ge-
winnen lasse, sondern daß er auch den Schein einer solchen Gewinnung vermeide.
Aber wenn der Absendestat darüber beruhigt ist und seine Zustimmung gibt, so ist
der Gesante auch nicht gehindert, eine Auszeichnung von dem besendeten State an-
zunehmen.

9. Ende der diplomatischen Sendung.
227.

Wenn die diplomatische Sendung zu einem besondern Zweck geschehen
ist, wie vorzüglich bei Ceremonialgesanten, so wird dieselbe durch Erfüllung
des Auftrags beendigt.

228.

Ist der Gesante in fortdauernder Eigenschaft beglaubigt, so wird
seine Gesantschaftsstellung gewöhnlich durch die Abberufung beendigt. Das
dem besendeten State mitgetheilte Abberufungsschreiben (lettre de rappel)
hebt die Geltung des Creditivs auf.

Dem Absendestat steht es jederzeit frei, seinen Gesanten abzuberufen. Die
Abberufung kann aber erst für den besendeten Stat rechtsverbindlich wirken, wenn
ihm dieselbe angezeigt worden ist.

229.

Der Tod oder die Abdankung des absendenden Souveräns hebt die
Wirksamkeit des Creditivs nicht nothwendig auf.

Der Grund ist, weil das Statshaupt fortdauert, wenn gleich die
Person des Fürsten wechselt und das Statshaupt den Gesanten ermächtigt hat, nicht
das fürstliche Individuum. Uebungsgemäß wird durch die Notification der
Thronfolge ohne Abberufung die Fortdauer des alten Creditivs von Seite des
Absendestats bestätigt.

230.

Wird dagegen der absendende Souverän durch eine Statsumwälzung
entsetzt oder sonst gewaltsam entthront, so daß die Nachfolge nicht durch
die regelmäßige Thronfolge bestimmt wird, so wird die Fortdauer des

Drittes Buch.

Die repräſentative Stellung des Geſanten erfordert nicht allein, daß der Ge-
ſante ſich nicht durch perſönliche Ehren oder Vortheile von dem beſendeten State ge-
winnen laſſe, ſondern daß er auch den Schein einer ſolchen Gewinnung vermeide.
Aber wenn der Abſendeſtat darüber beruhigt iſt und ſeine Zuſtimmung gibt, ſo iſt
der Geſante auch nicht gehindert, eine Auszeichnung von dem beſendeten State an-
zunehmen.

9. Ende der diplomatiſchen Sendung.
227.

Wenn die diplomatiſche Sendung zu einem beſondern Zweck geſchehen
iſt, wie vorzüglich bei Ceremonialgeſanten, ſo wird dieſelbe durch Erfüllung
des Auftrags beendigt.

228.

Iſt der Geſante in fortdauernder Eigenſchaft beglaubigt, ſo wird
ſeine Geſantſchaftsſtellung gewöhnlich durch die Abberufung beendigt. Das
dem beſendeten State mitgetheilte Abberufungsſchreiben (lettre de rappel)
hebt die Geltung des Creditivs auf.

Dem Abſendeſtat ſteht es jederzeit frei, ſeinen Geſanten abzuberufen. Die
Abberufung kann aber erſt für den beſendeten Stat rechtsverbindlich wirken, wenn
ihm dieſelbe angezeigt worden iſt.

229.

Der Tod oder die Abdankung des abſendenden Souveräns hebt die
Wirkſamkeit des Creditivs nicht nothwendig auf.

Der Grund iſt, weil das Statshaupt fortdauert, wenn gleich die
Perſon des Fürſten wechſelt und das Statshaupt den Geſanten ermächtigt hat, nicht
das fürſtliche Individuum. Uebungsgemäß wird durch die Notification der
Thronfolge ohne Abberufung die Fortdauer des alten Creditivs von Seite des
Abſendeſtats beſtätigt.

230.

Wird dagegen der abſendende Souverän durch eine Statsumwälzung
entſetzt oder ſonſt gewaltſam entthront, ſo daß die Nachfolge nicht durch
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[146/0168] Drittes Buch. Die repräſentative Stellung des Geſanten erfordert nicht allein, daß der Ge- ſante ſich nicht durch perſönliche Ehren oder Vortheile von dem beſendeten State ge- winnen laſſe, ſondern daß er auch den Schein einer ſolchen Gewinnung vermeide. Aber wenn der Abſendeſtat darüber beruhigt iſt und ſeine Zuſtimmung gibt, ſo iſt der Geſante auch nicht gehindert, eine Auszeichnung von dem beſendeten State an- zunehmen. 9. Ende der diplomatiſchen Sendung. 227. Wenn die diplomatiſche Sendung zu einem beſondern Zweck geſchehen iſt, wie vorzüglich bei Ceremonialgeſanten, ſo wird dieſelbe durch Erfüllung des Auftrags beendigt. 228. Iſt der Geſante in fortdauernder Eigenſchaft beglaubigt, ſo wird ſeine Geſantſchaftsſtellung gewöhnlich durch die Abberufung beendigt. Das dem beſendeten State mitgetheilte Abberufungsſchreiben (lettre de rappel) hebt die Geltung des Creditivs auf. Dem Abſendeſtat ſteht es jederzeit frei, ſeinen Geſanten abzuberufen. Die Abberufung kann aber erſt für den beſendeten Stat rechtsverbindlich wirken, wenn ihm dieſelbe angezeigt worden iſt. 229. Der Tod oder die Abdankung des abſendenden Souveräns hebt die Wirkſamkeit des Creditivs nicht nothwendig auf. Der Grund iſt, weil das Statshaupt fortdauert, wenn gleich die Perſon des Fürſten wechſelt und das Statshaupt den Geſanten ermächtigt hat, nicht das fürſtliche Individuum. Uebungsgemäß wird durch die Notification der Thronfolge ohne Abberufung die Fortdauer des alten Creditivs von Seite des Abſendeſtats beſtätigt. 230. Wird dagegen der abſendende Souverän durch eine Statsumwälzung entſetzt oder ſonſt gewaltſam entthront, ſo daß die Nachfolge nicht durch die regelmäßige Thronfolge beſtimmt wird, ſo wird die Fortdauer des

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Zitationshilfe: Bluntschli, Johann Caspar: Das moderne Völkerrecht der civilisirten Staten. Nördlingen, 1868, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_voelkerrecht_1868/168>, abgerufen am 21.11.2024.