Ein Recht Steuern zu erheben, kam dem Fürsten nur unter der Bedingung zu, dasz die Stände zuvor das Bedürf- nisz der Steuern anerkannt und die Erhebung der Steuer be- willigt hatten. Die aristokratischen Stände waren aber nicht geneigt, Steuern zu bewilligen. Manche Steuern waren mit der Zeit zu Reallasten geworden, welche hauptsächlich die Bauergüter belasteten, aber eben darum auch unveränderlich. Auch in dieser Hinsicht gebrach es an einem allgemeinen Pflichtgefühl der Stände und der Privaten gegen den Stat.
Dreizehntes Capitel. F. Die neuere absolute Monarchie.
Aus der mittelalterlichen ständischen beschränkten Mon- archie ging die moderne Repräsentativmonarchie nicht unmittelbar hervor als die statliche Ordnung der neuen Zeit. Im Kampfe mit den Ständen erstarkte vorerst eine neue ab- solute Monarchie. Die sämmtlichen germano-romanischen und die germanischen Völker Europa's muszten erst das letztere Statssystem wieder erfahren, bevor es zu der Bildung der neuen Statsform kam.
Am frühesten zeigt sich diese Entwicklung und am hef- tigsten tritt der Absolutismus hervor in Frankreich und in Spanien. Je stärker die germanischen Elemente in einer Nation waren, desto weniger konnte es den Königen gelingen, eine den germanischen Rechtsbegriffen völlig fremde und zu- widerlaufende absolute Gewalt zum geltenden Statsprincip zu erheben. Dagegen waren dieser die römischen Traditionen, die nun in Wissenschaft und Leben wieder wach wurden, durchaus günstig.
Schon seit dem zwölften Jahrhunderte, als noch die Seig- neurs des üppigen Machtgenusses sich erfreuten, arbeiteten
Sechstes Buch. Die Statsformen.
Ein Recht Steuern zu erheben, kam dem Fürsten nur unter der Bedingung zu, dasz die Stände zuvor das Bedürf- nisz der Steuern anerkannt und die Erhebung der Steuer be- willigt hatten. Die aristokratischen Stände waren aber nicht geneigt, Steuern zu bewilligen. Manche Steuern waren mit der Zeit zu Reallasten geworden, welche hauptsächlich die Bauergüter belasteten, aber eben darum auch unveränderlich. Auch in dieser Hinsicht gebrach es an einem allgemeinen Pflichtgefühl der Stände und der Privaten gegen den Stat.
Dreizehntes Capitel. F. Die neuere absolute Monarchie.
Aus der mittelalterlichen ständischen beschränkten Mon- archie ging die moderne Repräsentativmonarchie nicht unmittelbar hervor als die statliche Ordnung der neuen Zeit. Im Kampfe mit den Ständen erstarkte vorerst eine neue ab- solute Monarchie. Die sämmtlichen germano-romanischen und die germanischen Völker Europa's muszten erst das letztere Statssystem wieder erfahren, bevor es zu der Bildung der neuen Statsform kam.
Am frühesten zeigt sich diese Entwicklung und am hef- tigsten tritt der Absolutismus hervor in Frankreich und in Spanien. Je stärker die germanischen Elemente in einer Nation waren, desto weniger konnte es den Königen gelingen, eine den germanischen Rechtsbegriffen völlig fremde und zu- widerlaufende absolute Gewalt zum geltenden Statsprincip zu erheben. Dagegen waren dieser die römischen Traditionen, die nun in Wissenschaft und Leben wieder wach wurden, durchaus günstig.
Schon seit dem zwölften Jahrhunderte, als noch die Seig- neurs des üppigen Machtgenusses sich erfreuten, arbeiteten
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0458"n="440"/><fwplace="top"type="header">Sechstes Buch. Die Statsformen.</fw><lb/><p>Ein Recht <hirendition="#g">Steuern</hi> zu erheben, kam dem Fürsten nur<lb/>
unter der Bedingung zu, dasz die Stände zuvor das Bedürf-<lb/>
nisz der Steuern anerkannt und die Erhebung der Steuer be-<lb/>
willigt hatten. Die aristokratischen Stände waren aber nicht<lb/>
geneigt, Steuern zu bewilligen. Manche Steuern waren mit<lb/>
der Zeit zu Reallasten geworden, welche hauptsächlich die<lb/>
Bauergüter belasteten, aber eben darum auch unveränderlich.<lb/>
Auch in dieser Hinsicht gebrach es an einem allgemeinen<lb/>
Pflichtgefühl der Stände und der Privaten gegen den Stat.</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="2"><head>Dreizehntes Capitel.<lb/><hirendition="#b">F. Die neuere absolute Monarchie.</hi></head><lb/><p>Aus der mittelalterlichen ständischen beschränkten Mon-<lb/>
archie ging die moderne <hirendition="#g">Repräsentativmonarchie</hi> nicht<lb/>
unmittelbar hervor als die statliche Ordnung der neuen Zeit.<lb/>
Im Kampfe mit den Ständen erstarkte vorerst eine neue <hirendition="#g">ab-<lb/>
solute Monarchie</hi>. Die sämmtlichen germano-romanischen<lb/>
und die germanischen Völker Europa's muszten erst das<lb/>
letztere Statssystem wieder erfahren, bevor es zu der Bildung<lb/>
der neuen Statsform kam.</p><lb/><p>Am frühesten zeigt sich diese Entwicklung und am hef-<lb/>
tigsten tritt der Absolutismus hervor in Frankreich und in<lb/>
Spanien. Je stärker die germanischen Elemente in einer<lb/>
Nation waren, desto weniger konnte es den Königen gelingen,<lb/>
eine den germanischen Rechtsbegriffen völlig fremde und zu-<lb/>
widerlaufende absolute Gewalt zum geltenden Statsprincip zu<lb/>
erheben. Dagegen waren dieser die römischen Traditionen,<lb/>
die nun in Wissenschaft und Leben wieder wach wurden,<lb/>
durchaus günstig.</p><lb/><p>Schon seit dem zwölften Jahrhunderte, als noch die Seig-<lb/>
neurs des üppigen Machtgenusses sich erfreuten, arbeiteten<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[440/0458]
Sechstes Buch. Die Statsformen.
Ein Recht Steuern zu erheben, kam dem Fürsten nur
unter der Bedingung zu, dasz die Stände zuvor das Bedürf-
nisz der Steuern anerkannt und die Erhebung der Steuer be-
willigt hatten. Die aristokratischen Stände waren aber nicht
geneigt, Steuern zu bewilligen. Manche Steuern waren mit
der Zeit zu Reallasten geworden, welche hauptsächlich die
Bauergüter belasteten, aber eben darum auch unveränderlich.
Auch in dieser Hinsicht gebrach es an einem allgemeinen
Pflichtgefühl der Stände und der Privaten gegen den Stat.
Dreizehntes Capitel.
F. Die neuere absolute Monarchie.
Aus der mittelalterlichen ständischen beschränkten Mon-
archie ging die moderne Repräsentativmonarchie nicht
unmittelbar hervor als die statliche Ordnung der neuen Zeit.
Im Kampfe mit den Ständen erstarkte vorerst eine neue ab-
solute Monarchie. Die sämmtlichen germano-romanischen
und die germanischen Völker Europa's muszten erst das
letztere Statssystem wieder erfahren, bevor es zu der Bildung
der neuen Statsform kam.
Am frühesten zeigt sich diese Entwicklung und am hef-
tigsten tritt der Absolutismus hervor in Frankreich und in
Spanien. Je stärker die germanischen Elemente in einer
Nation waren, desto weniger konnte es den Königen gelingen,
eine den germanischen Rechtsbegriffen völlig fremde und zu-
widerlaufende absolute Gewalt zum geltenden Statsprincip zu
erheben. Dagegen waren dieser die römischen Traditionen,
die nun in Wissenschaft und Leben wieder wach wurden,
durchaus günstig.
Schon seit dem zwölften Jahrhunderte, als noch die Seig-
neurs des üppigen Machtgenusses sich erfreuten, arbeiteten
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bluntschli, Johann Caspar: Allgemeine Statslehre. Stuttgart, 1875, S. 440. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_staatslehre_1875/458>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.