Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 12. Aufl. Wien, 1832.

Bild:
<< vorherige Seite

der organisirten Schöpfung. Und in Verhältniß zu seiner
mäßigen körperlichen Größe, und in Vergleich mit andern
Säugethieren erreicht er ein ausnehmend hohes Alter.



Es gibt nur eine Gattung (species) im Menschengeschlecht;
und alle uns bekannte Völker aller Zeiten und aller Himmels-
striche können von einer gemeinschaftlichen Stammrasse ab-
stammen*). Alle National-Verschiedenheiten in Bildung
und Farbe des menschlichen Körpers sind um nichts auffallen-
der oder unbegreiflicher als die, worin so viele andere Gat-
tungen von organisirten Körpern, zumahl unter den Haus-
thieren, gleichsam unter unsern Augen ausarten. Alle diese
Verschiedenheiten fließen aber durch so mancherlei Abstufungen
und Uebergänge so unvermerkt zusammen, daß sich daher
auch keine andere, als sehr willkürliche Gränzen zwischen ih-
nen festsetzen lassen. Doch habe ich das ganze Menschenge-
schlecht noch am füglichsten unter folgende fünf Rassen**) zu
bringen geglaubt:

1) Die caucasische Rasse:

Abbild. n. h. Gegenst. tab. 3 und 51.

von mehr oder weniger weißer Farbe mit rothen Wangen,
langem, weichem, nußbraunem Haar (das aber einerseits
ins Blonde, anderseits ins Schwarze übergeht), und der
nach den europäischen Begriffen von Schönheit musterhaf-
testen Schädel- und Gesichts-Form. Es gehören dahin
die Europäer mit Ausnahme der Lappen; dann die west-
lichern Asiaten, dießseits des Ob, des caspischen Meers
und des Ganges; nebst den Nordafricanern; - al-
so ungefähr die Bewohner der den alten Griechen und
Römern bekannten Welt.

2) Die mongolische Rasse:

Abbild. n. h. Gegenst. tab. 1.

meist waizengelb (theils wie gekochte Quitten, oder wie ge-
trocknete Citronenschalen); mit wenigem, straffem, schwar-
zem Haar; enggeschlitzten aber gleichsam aufgedunsenen
Augenliedern, plattem Gesicht; und seitwärts eminirenden
Backenknochen. Diese Rasse begreift die übrigen Asia-

*) Ich habe dies in der 3ten Ausgabe der Schrift: de generis
humani varietate nativa
weiter ausgeführt.
**) Vergl. die nach dieser Eintheilung colorirte Weltcharte im
ersten B. des Archivs für Ethnographie und Linguistik von J. F.
Bertuch und J. S. Vater.

der organisirten Schöpfung. Und in Verhältniß zu seiner
mäßigen körperlichen Größe, und in Vergleich mit andern
Säugethieren erreicht er ein ausnehmend hohes Alter.



Es gibt nur eine Gattung (species) im Menschengeschlecht;
und alle uns bekannte Völker aller Zeiten und aller Himmels-
striche können von einer gemeinschaftlichen Stammrasse ab-
stammen*). Alle National-Verschiedenheiten in Bildung
und Farbe des menschlichen Körpers sind um nichts auffallen-
der oder unbegreiflicher als die, worin so viele andere Gat-
tungen von organisirten Körpern, zumahl unter den Haus-
thieren, gleichsam unter unsern Augen ausarten. Alle diese
Verschiedenheiten fließen aber durch so mancherlei Abstufungen
und Uebergänge so unvermerkt zusammen, daß sich daher
auch keine andere, als sehr willkürliche Gränzen zwischen ih-
nen festsetzen lassen. Doch habe ich das ganze Menschenge-
schlecht noch am füglichsten unter folgende fünf Rassen**) zu
bringen geglaubt:

1) Die caucasische Rasse:

Abbild. n. h. Gegenst. tab. 3 und 51.

von mehr oder weniger weißer Farbe mit rothen Wangen,
langem, weichem, nußbraunem Haar (das aber einerseits
ins Blonde, anderseits ins Schwarze übergeht), und der
nach den europäischen Begriffen von Schönheit musterhaf-
testen Schädel- und Gesichts-Form. Es gehören dahin
die Europäer mit Ausnahme der Lappen; dann die west-
lichern Asiaten, dießseits des Ob, des caspischen Meers
und des Ganges; nebst den Nordafricanern; – al-
so ungefähr die Bewohner der den alten Griechen und
Römern bekannten Welt.

2) Die mongolische Rasse:

Abbild. n. h. Gegenst. tab. 1.

meist waizengelb (theils wie gekochte Quitten, oder wie ge-
trocknete Citronenschalen); mit wenigem, straffem, schwar-
zem Haar; enggeschlitzten aber gleichsam aufgedunsenen
Augenliedern, plattem Gesicht; und seitwärts eminirenden
Backenknochen. Diese Rasse begreift die übrigen Asia-

*) Ich habe dies in der 3ten Ausgabe der Schrift: de generis
humani varietate nativa
weiter ausgeführt.
**) Vergl. die nach dieser Eintheilung colorirte Weltcharte im
ersten B. des Archivs für Ethnographie und Linguistik von J. F.
Bertuch und J. S. Vater.
<TEI xml:lang="de-DE">
  <text xmlns:xsi="http://www.w3.org/2001/XMLSchema-instance" xml:id="blume_hbnatur_000042">
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p rendition="#l1em"><pb facs="#f0050" xml:id="pb040_0001" n="40"/>
der organisirten Schöpfung. Und in Verhältniß zu seiner<lb/>
mäßigen körperlichen Größe, und in Vergleich mit andern<lb/>
Säugethieren erreicht er ein ausnehmend hohes Alter.</p>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
            <p rendition="#l1em">Es gibt nur eine Gattung (<hi rendition="#aq">species</hi>) im Menschengeschlecht;<lb/>
und alle uns bekannte Völker aller Zeiten und aller Himmels-<lb/>
striche können von einer gemeinschaftlichen Stammrasse ab-<lb/>
stammen<note anchored="true" place="foot" n="*)"><p>Ich habe dies in der 3ten Ausgabe der Schrift: <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">de generis<lb/>
humani varietate nativa</hi></hi> weiter ausgeführt.</p></note>. Alle National-Verschiedenheiten in Bildung<lb/>
und Farbe des menschlichen Körpers sind um nichts auffallen-<lb/>
der oder unbegreiflicher als die, worin so viele andere Gat-<lb/>
tungen von organisirten Körpern, zumahl unter den Haus-<lb/>
thieren, gleichsam unter unsern Augen ausarten. Alle diese<lb/>
Verschiedenheiten fließen aber durch so mancherlei Abstufungen<lb/>
und Uebergänge so unvermerkt zusammen, daß sich daher<lb/>
auch keine andere, als sehr willkürliche Gränzen zwischen ih-<lb/>
nen festsetzen lassen. Doch habe ich das ganze Menschenge-<lb/>
schlecht noch am füglichsten unter folgende fünf Rassen<note anchored="true" place="foot" n="**)"><p>Vergl. die nach dieser Eintheilung colorirte Weltcharte im<lb/>
ersten B. des Archivs für Ethnographie und Linguistik von J. F.<lb/><hi rendition="#g">Bertuch</hi> und J. S. <hi rendition="#g">Vater</hi>.</p></note> zu<lb/>
bringen geglaubt:</p>
            <p rendition="#indent-2">1) Die <hi rendition="#g">caucasische</hi> Rasse:</p>
            <p rendition="#l2em"><hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Abbild. n. h. Gegenst.</hi></hi><hi rendition="#aq">tab.</hi> 3 und 51.</p>
            <p rendition="#l1em">von mehr oder weniger weißer Farbe mit rothen Wangen,<lb/>
langem, weichem, nußbraunem Haar (das aber einerseits<lb/>
ins Blonde, anderseits ins Schwarze übergeht), und der<lb/>
nach den europäischen Begriffen von Schönheit musterhaf-<lb/>
testen Schädel- und Gesichts-Form. Es gehören dahin<lb/>
die <hi rendition="#g">Europäer</hi> mit Ausnahme der Lappen; dann die <hi rendition="#g">west</hi>-<lb/><hi rendition="#g">lichern Asiaten</hi>, dießseits des Ob, des caspischen Meers<lb/>
und des Ganges; nebst den <hi rendition="#g">Nordafricanern</hi>; &#x2013; al-<lb/>
so <hi rendition="#g">ungefähr</hi> die Bewohner der den alten Griechen und<lb/>
Römern bekannten Welt.</p>
            <p rendition="#indent-2">2) Die <hi rendition="#g">mongolische</hi> Rasse:</p>
            <p rendition="#l2em"><hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Abbild. n. h. Gegenst.</hi></hi><hi rendition="#aq">tab.</hi> 1.</p>
            <p rendition="#l1em">meist waizengelb (theils wie gekochte Quitten, oder wie ge-<lb/>
trocknete Citronenschalen); mit wenigem, straffem, schwar-<lb/>
zem Haar; enggeschlitzten aber gleichsam aufgedunsenen<lb/>
Augenliedern, plattem Gesicht; und seitwärts eminirenden<lb/>
Backenknochen. Diese Rasse begreift die <hi rendition="#g">übrigen Asia-<lb/></hi></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[40/0050] der organisirten Schöpfung. Und in Verhältniß zu seiner mäßigen körperlichen Größe, und in Vergleich mit andern Säugethieren erreicht er ein ausnehmend hohes Alter. Es gibt nur eine Gattung (species) im Menschengeschlecht; und alle uns bekannte Völker aller Zeiten und aller Himmels- striche können von einer gemeinschaftlichen Stammrasse ab- stammen *). Alle National-Verschiedenheiten in Bildung und Farbe des menschlichen Körpers sind um nichts auffallen- der oder unbegreiflicher als die, worin so viele andere Gat- tungen von organisirten Körpern, zumahl unter den Haus- thieren, gleichsam unter unsern Augen ausarten. Alle diese Verschiedenheiten fließen aber durch so mancherlei Abstufungen und Uebergänge so unvermerkt zusammen, daß sich daher auch keine andere, als sehr willkürliche Gränzen zwischen ih- nen festsetzen lassen. Doch habe ich das ganze Menschenge- schlecht noch am füglichsten unter folgende fünf Rassen **) zu bringen geglaubt: 1) Die caucasische Rasse: Abbild. n. h. Gegenst. tab. 3 und 51. von mehr oder weniger weißer Farbe mit rothen Wangen, langem, weichem, nußbraunem Haar (das aber einerseits ins Blonde, anderseits ins Schwarze übergeht), und der nach den europäischen Begriffen von Schönheit musterhaf- testen Schädel- und Gesichts-Form. Es gehören dahin die Europäer mit Ausnahme der Lappen; dann die west- lichern Asiaten, dießseits des Ob, des caspischen Meers und des Ganges; nebst den Nordafricanern; – al- so ungefähr die Bewohner der den alten Griechen und Römern bekannten Welt. 2) Die mongolische Rasse: Abbild. n. h. Gegenst. tab. 1. meist waizengelb (theils wie gekochte Quitten, oder wie ge- trocknete Citronenschalen); mit wenigem, straffem, schwar- zem Haar; enggeschlitzten aber gleichsam aufgedunsenen Augenliedern, plattem Gesicht; und seitwärts eminirenden Backenknochen. Diese Rasse begreift die übrigen Asia- *) Ich habe dies in der 3ten Ausgabe der Schrift: de generis humani varietate nativa weiter ausgeführt. **) Vergl. die nach dieser Eintheilung colorirte Weltcharte im ersten B. des Archivs für Ethnographie und Linguistik von J. F. Bertuch und J. S. Vater.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Editura GmbH & Co.KG, Berlin: Volltexterstellung und Basis-TEI-Auszeichung
Johann Friedrich Blumenbach – online: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-08-26T09:00:15Z)
Frank Wiegand: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2013-08-26T09:00:15Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Nicht erfasst: Bogensignaturen und Kustoden, Kolumnentitel.
  • Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterschiede zugunsten der Identifizierung von <titlePart>s verzichtet.
  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.
  • Langes ſ: als s transkribiert.
  • Hochgestellte e über Vokalen: in moderner Schreibweise erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1832
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1832/50
Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 12. Aufl. Wien, 1832, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1832/50>, abgerufen am 21.12.2024.