sten ist, aufgefaßt und wieder durch den Schlund hinauf getrie- ben. Nun wird der wiedergekaute, zum zweyten Mahl geschluckte Bissen durch eine besondere Rinne, ohne wieder durch die beiden ersten Mägen zu passiren, gleich aus dem Schlunde in den dritten (Echinus, centipellio, omasus,franz. le feuillet, le pseautier, das Buch, der Psalter, der Blättermagen) gelei- tet, wo er von da endlich zur völligen Verdauung in den vierten (abomasus, franz. la caillette, der Laab, die Ruthe, der Fettmagen) gelangt, der dem Magen anderer Säugethiere am nächsten kommt*).
Anm. 2. Der allgemeine, auf alle wiederkauende Thiere über- haupt passende Haupt-Nutzen der Rumination scheint mir noch unbekannt.
§. 46.
Außer den Klauen, Zähnen etc. sind viele Säugethiere auch mit Hörnern als Waffen versehen. Bei einigen Gattungen, wie beim Hirsch, Reh etc. sind die Weibchen ungehörnt; bei an- dern, wie beim Renthier und im Ziegengeschlecht, sind ihre Hörner doch kleiner als der Männchen ihre. Anzahl, Form und Lage, besonders aber die Textur der Hörner, ist sehr ver- schieden. Beim Ochsen-, Ziegen- und Gazellengeschlecht sind sie hohl, und sitzen wie eine Scheide über einem knöchernen Zapfen oder Fortsatz des Stirnbeins. Die Hörner der beider- lei Rhinocer sind dicht, und bloß mit der Haut auf der Nase verwachsen. Beim Hirschgeschlecht hingegen sind sie zwar eben- falls solide, aber von mehr knochenartiger Textur, und ästig. Sie heißen dann Geweihe, und werden gewöhnlich alljähr- lich abgeworfen und neue an ihrer Statt reproducirt.
§. 47.
Die Oeffnung des Afters wird bei den mehresten Säuge- thieren durch den Schwanz bedeckt, der eine Fortsetzung des Kuckucksbein (coccyx), und von mannichfaltiger Bildung und Gebrauch ist. Er dient z. B. manchen Thieren sich der stechen- den Insecten zu erwehren; vielen Meerkatzen und einigen an- dern americanischen und Neu-holländischen Thieren statt einer Hand, um sich daran halten, oder damit fassen zu können (cauda prehensilis, Rollschwanz); den Springhasen zum Springen (cauda saltatoria); dem Kängaruh zum Gleich- gewicht bei seinem aufrechten Sitz und zur Vertheidigung etc.
§. 48.
Auch sind am Körper einiger Thiere dieser Classe besondere Beutel von verschiedener Bestimmung zu merken. So haben
*) Mehr davon s. im Handbuche der vergleichenden Anatomie S. 130 u. f.
sten ist, aufgefaßt und wieder durch den Schlund hinauf getrie- ben. Nun wird der wiedergekaute, zum zweyten Mahl geschluckte Bissen durch eine besondere Rinne, ohne wieder durch die beiden ersten Mägen zu passiren, gleich aus dem Schlunde in den dritten (Echinus, centipellio, omasus,franz. le feuillet, le pseautier, das Buch, der Psalter, der Blättermagen) gelei- tet, wo er von da endlich zur völligen Verdauung in den vierten (abomasus, franz. la caillette, der Laab, die Ruthe, der Fettmagen) gelangt, der dem Magen anderer Säugethiere am nächsten kommt*).
Anm. 2. Der allgemeine, auf alle wiederkauende Thiere über- haupt passende Haupt-Nutzen der Rumination scheint mir noch unbekannt.
§. 46.
Außer den Klauen, Zähnen ꝛc. sind viele Säugethiere auch mit Hörnern als Waffen versehen. Bei einigen Gattungen, wie beim Hirsch, Reh ꝛc. sind die Weibchen ungehörnt; bei an- dern, wie beim Renthier und im Ziegengeschlecht, sind ihre Hörner doch kleiner als der Männchen ihre. Anzahl, Form und Lage, besonders aber die Textur der Hörner, ist sehr ver- schieden. Beim Ochsen-, Ziegen- und Gazellengeschlecht sind sie hohl, und sitzen wie eine Scheide über einem knöchernen Zapfen oder Fortsatz des Stirnbeins. Die Hörner der beider- lei Rhinocer sind dicht, und bloß mit der Haut auf der Nase verwachsen. Beim Hirschgeschlecht hingegen sind sie zwar eben- falls solide, aber von mehr knochenartiger Textur, und ästig. Sie heißen dann Geweihe, und werden gewöhnlich alljähr- lich abgeworfen und neue an ihrer Statt reproducirt.
§. 47.
Die Oeffnung des Afters wird bei den mehresten Säuge- thieren durch den Schwanz bedeckt, der eine Fortsetzung des Kuckucksbein (coccyx), und von mannichfaltiger Bildung und Gebrauch ist. Er dient z. B. manchen Thieren sich der stechen- den Insecten zu erwehren; vielen Meerkatzen und einigen an- dern americanischen und Neu-holländischen Thieren statt einer Hand, um sich daran halten, oder damit fassen zu können (cauda prehensilis, Rollschwanz); den Springhasen zum Springen (cauda saltatoria); dem Kängaruh zum Gleich- gewicht bei seinem aufrechten Sitz und zur Vertheidigung ꝛc.
§. 48.
Auch sind am Körper einiger Thiere dieser Classe besondere Beutel von verschiedener Bestimmung zu merken. So haben
*) Mehr davon s. im Handbuche der vergleichenden Anatomie S. 130 u. f.
<TEIxml:lang="de-DE"><textxmlns:xsi="http://www.w3.org/2001/XMLSchema-instance"xml:id="blume_hbnatur_000042"><body><divn="1"><divn="2"><prendition="#indent-1 #small"><pbfacs="#f0043"xml:id="pb033_0001"n="33"/>
sten ist, aufgefaßt und wieder durch den Schlund hinauf getrie-<lb/>
ben. Nun wird der wiedergekaute, zum zweyten Mahl geschluckte<lb/>
Bissen durch eine besondere Rinne, ohne wieder durch die beiden<lb/>
ersten Mägen zu passiren, gleich aus dem Schlunde in den<lb/><hirendition="#g">dritten</hi> (<hirendition="#aq">Echinus, centipellio, omasus,</hi><hirendition="#g">franz</hi>. <hirendition="#i"><hirendition="#aq">le feuillet,<lb/>
le pseautier,</hi></hi> das Buch, der Psalter, der Blättermagen) gelei-<lb/>
tet, wo er von da endlich zur völligen Verdauung in den vierten<lb/>
(<hirendition="#aq">abomasus</hi>, <hirendition="#g">franz</hi>. <hirendition="#i"><hirendition="#aq">la caillette,</hi></hi> der Laab, die Ruthe, der<lb/>
Fettmagen) gelangt, der dem Magen anderer Säugethiere am<lb/>
nächsten kommt<noteanchored="true"place="foot"n="*)"><p>Mehr davon s. im <hirendition="#g">Handbuche der vergleichenden<lb/>
Anatomie</hi> S. 130 u. f.</p></note>.</p><prendition="#indent-1 #small"><hirendition="#g">Anm</hi>. 2. Der allgemeine, auf alle wiederkauende Thiere über-<lb/>
haupt passende Haupt-Nutzen der Rumination scheint mir noch<lb/>
unbekannt.</p></div><divn="2"><headrendition="#c">§. 46.</head><lb/><p>Außer den Klauen, Zähnen ꝛc. sind viele Säugethiere auch<lb/>
mit <hirendition="#g">Hörnern</hi> als Waffen versehen. Bei einigen Gattungen,<lb/>
wie beim Hirsch, Reh ꝛc. sind die Weibchen ungehörnt; bei an-<lb/>
dern, wie beim Renthier und im Ziegengeschlecht, sind ihre<lb/>
Hörner doch kleiner als der Männchen ihre. Anzahl, Form<lb/>
und Lage, besonders aber die Textur der Hörner, ist sehr ver-<lb/>
schieden. Beim Ochsen-, Ziegen- und Gazellengeschlecht sind<lb/>
sie hohl, und sitzen wie eine Scheide über einem knöchernen<lb/>
Zapfen oder Fortsatz des Stirnbeins. Die Hörner der beider-<lb/>
lei Rhinocer sind dicht, und bloß mit der Haut auf der Nase<lb/>
verwachsen. Beim Hirschgeschlecht hingegen sind sie zwar eben-<lb/>
falls solide, aber von mehr knochenartiger Textur, und ästig.<lb/>
Sie heißen dann <hirendition="#g">Geweihe</hi>, und werden gewöhnlich alljähr-<lb/>
lich abgeworfen und neue an ihrer Statt reproducirt.</p></div><divn="2"><headrendition="#c">§. 47.</head><lb/><p>Die Oeffnung des Afters wird bei den mehresten Säuge-<lb/>
thieren durch den <hirendition="#g">Schwanz</hi> bedeckt, der eine Fortsetzung des<lb/>
Kuckucksbein (<hirendition="#aq">coccyx</hi>), und von mannichfaltiger Bildung und<lb/>
Gebrauch ist. Er dient z. B. manchen Thieren sich der stechen-<lb/>
den Insecten zu erwehren; vielen Meerkatzen und einigen an-<lb/>
dern americanischen und Neu-holländischen Thieren statt einer<lb/>
Hand, um sich daran halten, oder damit fassen zu können<lb/>
(<hirendition="#aq">cauda prehensilis</hi>, Rollschwanz); den Springhasen zum<lb/>
Springen (<hirendition="#aq">cauda saltatoria</hi>); dem Kängaruh zum Gleich-<lb/>
gewicht bei seinem aufrechten Sitz und zur Vertheidigung ꝛc.</p></div><divn="2"><headrendition="#c">§. 48.</head><lb/><p>Auch sind am Körper einiger Thiere dieser Classe besondere<lb/><hirendition="#g">Beutel</hi> von verschiedener Bestimmung zu merken. So haben<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[33/0043]
sten ist, aufgefaßt und wieder durch den Schlund hinauf getrie-
ben. Nun wird der wiedergekaute, zum zweyten Mahl geschluckte
Bissen durch eine besondere Rinne, ohne wieder durch die beiden
ersten Mägen zu passiren, gleich aus dem Schlunde in den
dritten (Echinus, centipellio, omasus, franz. le feuillet,
le pseautier, das Buch, der Psalter, der Blättermagen) gelei-
tet, wo er von da endlich zur völligen Verdauung in den vierten
(abomasus, franz. la caillette, der Laab, die Ruthe, der
Fettmagen) gelangt, der dem Magen anderer Säugethiere am
nächsten kommt *).
Anm. 2. Der allgemeine, auf alle wiederkauende Thiere über-
haupt passende Haupt-Nutzen der Rumination scheint mir noch
unbekannt.
§. 46.
Außer den Klauen, Zähnen ꝛc. sind viele Säugethiere auch
mit Hörnern als Waffen versehen. Bei einigen Gattungen,
wie beim Hirsch, Reh ꝛc. sind die Weibchen ungehörnt; bei an-
dern, wie beim Renthier und im Ziegengeschlecht, sind ihre
Hörner doch kleiner als der Männchen ihre. Anzahl, Form
und Lage, besonders aber die Textur der Hörner, ist sehr ver-
schieden. Beim Ochsen-, Ziegen- und Gazellengeschlecht sind
sie hohl, und sitzen wie eine Scheide über einem knöchernen
Zapfen oder Fortsatz des Stirnbeins. Die Hörner der beider-
lei Rhinocer sind dicht, und bloß mit der Haut auf der Nase
verwachsen. Beim Hirschgeschlecht hingegen sind sie zwar eben-
falls solide, aber von mehr knochenartiger Textur, und ästig.
Sie heißen dann Geweihe, und werden gewöhnlich alljähr-
lich abgeworfen und neue an ihrer Statt reproducirt.
§. 47.
Die Oeffnung des Afters wird bei den mehresten Säuge-
thieren durch den Schwanz bedeckt, der eine Fortsetzung des
Kuckucksbein (coccyx), und von mannichfaltiger Bildung und
Gebrauch ist. Er dient z. B. manchen Thieren sich der stechen-
den Insecten zu erwehren; vielen Meerkatzen und einigen an-
dern americanischen und Neu-holländischen Thieren statt einer
Hand, um sich daran halten, oder damit fassen zu können
(cauda prehensilis, Rollschwanz); den Springhasen zum
Springen (cauda saltatoria); dem Kängaruh zum Gleich-
gewicht bei seinem aufrechten Sitz und zur Vertheidigung ꝛc.
§. 48.
Auch sind am Körper einiger Thiere dieser Classe besondere
Beutel von verschiedener Bestimmung zu merken. So haben
*) Mehr davon s. im Handbuche der vergleichenden
Anatomie S. 130 u. f.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 12. Aufl. Wien, 1832, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1832/43>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.