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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 12. Aufl. Wien, 1832.

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gegen der Schöpfer jedem Thiere und jeder Pflanze - nur in
verschiedenem Maaße - beigelegt hat.

Viele organisirte Körper verlieren zu bestimmten Zeiten
gewisse Theile ihres Körpers von freien Stücken, die ihnen
nachher wieder reproducirt werden; wohin das Abwerfen der
Geweihe, das Mausern der Vögel, die Häutung der Schlan-
gen, der Raupen, das Schälen der Krebse, das Entblättern
der Gewächse u. s. w. gehört. Man könnte dies die gewöhn-
liche
Reproduction nennen.

Die andere hingegen ist die außerordentliche, von
der hier eigentlich die Rede ist, da nähmlich dem organisirten
Körper, zumahl den Thieren, Wunden, Beinbrüche etc. ge-
heilt, oder gar durch Unfall verstümmelte und verlorene Theile
wieder ersetzt werden. Der Mensch und die ihm zunächst ver-
wandten Thiere besitzen eine freilich sehr eingeschränkte Repro-
ductionskraft: die hingegen bei vielen kaltblütigen Thieren,
besonders bei den Wasser-Molchen, Krebsen, Land-Schnecken,
Regenwürmern, See-Anemonen, See-Sternen, Arm-
Polypen etc. von einer ausnehmenden Stärke und Vollkom-
menheit ist.

Anm. Vor mehreren Jahren habe ich einem Wassermolch der
größern Art (Lacerta lacustris), den ich nun in Spiritus auf-
bewahre, fast das ganze Auge exstirpirt; nähmlich alle Säfte
auslaufen lassen und dann 4/5 der ausgeleerten Häute rein aus-
geschnitten; - und doch hat sich binnen zehn Monaten ein voll-
kommener neuer Augapfel mit neuer Hornhaut, Augenstern,
Crystall-Linse etc. reproducirt, der sich bloß dadurch vom andern
gesunden Auge auszeichnet, daß er nur erst ungefähr halb so
groß ist, (s. - Götting. gel. Anz. 1785. 47. St. -)

§. 20.

Wenn die organisirten Körper durch Ernährung und
Wachsthum zu ihrer vollen Reife gelangen, so erhalten sie dann
auch das Fortpflanzungsvermögen (§. 5.), das aber
auf eine sehr verschiedene Weise vollzogen wird. Ueberhaupt
nämlich ist entweder schon jedes Individuum für sich im Stande,
sein Geschlecht fortzupflanzen; oder aber es müssen sich ihrer
zwey mit einander paaren oder begatten, wenn sie neue organi-
sirte Körper ihrer Art hervorbringen sollen.

Die mannigfaltigen besondern Verschiedenheiten in diesen
beiderlei Hauptweisen der Fortpflanzung lassen sich doch füglich
unter folgende vier Arten bringen:

1) Jedes Individuum vermehrt sich auf die einfachste Weise,
ohne vorhergegangene Befruchtung: entweder durch Theilung,

gegen der Schöpfer jedem Thiere und jeder Pflanze – nur in
verschiedenem Maaße – beigelegt hat.

Viele organisirte Körper verlieren zu bestimmten Zeiten
gewisse Theile ihres Körpers von freien Stücken, die ihnen
nachher wieder reproducirt werden; wohin das Abwerfen der
Geweihe, das Mausern der Vögel, die Häutung der Schlan-
gen, der Raupen, das Schälen der Krebse, das Entblättern
der Gewächse u. s. w. gehört. Man könnte dies die gewöhn-
liche
Reproduction nennen.

Die andere hingegen ist die außerordentliche, von
der hier eigentlich die Rede ist, da nähmlich dem organisirten
Körper, zumahl den Thieren, Wunden, Beinbrüche ꝛc. ge-
heilt, oder gar durch Unfall verstümmelte und verlorene Theile
wieder ersetzt werden. Der Mensch und die ihm zunächst ver-
wandten Thiere besitzen eine freilich sehr eingeschränkte Repro-
ductionskraft: die hingegen bei vielen kaltblütigen Thieren,
besonders bei den Wasser-Molchen, Krebsen, Land-Schnecken,
Regenwürmern, See-Anemonen, See-Sternen, Arm-
Polypen ꝛc. von einer ausnehmenden Stärke und Vollkom-
menheit ist.

Anm. Vor mehreren Jahren habe ich einem Wassermolch der
größern Art (Lacerta lacustris), den ich nun in Spiritus auf-
bewahre, fast das ganze Auge exstirpirt; nähmlich alle Säfte
auslaufen lassen und dann ⅘ der ausgeleerten Häute rein aus-
geschnitten; – und doch hat sich binnen zehn Monaten ein voll-
kommener neuer Augapfel mit neuer Hornhaut, Augenstern,
Crystall-Linse ꝛc. reproducirt, der sich bloß dadurch vom andern
gesunden Auge auszeichnet, daß er nur erst ungefähr halb so
groß ist, (s. – Götting. gel. Anz. 1785. 47. St. –)

§. 20.

Wenn die organisirten Körper durch Ernährung und
Wachsthum zu ihrer vollen Reife gelangen, so erhalten sie dann
auch das Fortpflanzungsvermögen (§. 5.), das aber
auf eine sehr verschiedene Weise vollzogen wird. Ueberhaupt
nämlich ist entweder schon jedes Individuum für sich im Stande,
sein Geschlecht fortzupflanzen; oder aber es müssen sich ihrer
zwey mit einander paaren oder begatten, wenn sie neue organi-
sirte Körper ihrer Art hervorbringen sollen.

Die mannigfaltigen besondern Verschiedenheiten in diesen
beiderlei Hauptweisen der Fortpflanzung lassen sich doch füglich
unter folgende vier Arten bringen:

1) Jedes Individuum vermehrt sich auf die einfachste Weise,
ohne vorhergegangene Befruchtung: entweder durch Theilung,

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[19/0029] gegen der Schöpfer jedem Thiere und jeder Pflanze – nur in verschiedenem Maaße – beigelegt hat. Viele organisirte Körper verlieren zu bestimmten Zeiten gewisse Theile ihres Körpers von freien Stücken, die ihnen nachher wieder reproducirt werden; wohin das Abwerfen der Geweihe, das Mausern der Vögel, die Häutung der Schlan- gen, der Raupen, das Schälen der Krebse, das Entblättern der Gewächse u. s. w. gehört. Man könnte dies die gewöhn- liche Reproduction nennen. Die andere hingegen ist die außerordentliche, von der hier eigentlich die Rede ist, da nähmlich dem organisirten Körper, zumahl den Thieren, Wunden, Beinbrüche ꝛc. ge- heilt, oder gar durch Unfall verstümmelte und verlorene Theile wieder ersetzt werden. Der Mensch und die ihm zunächst ver- wandten Thiere besitzen eine freilich sehr eingeschränkte Repro- ductionskraft: die hingegen bei vielen kaltblütigen Thieren, besonders bei den Wasser-Molchen, Krebsen, Land-Schnecken, Regenwürmern, See-Anemonen, See-Sternen, Arm- Polypen ꝛc. von einer ausnehmenden Stärke und Vollkom- menheit ist. Anm. Vor mehreren Jahren habe ich einem Wassermolch der größern Art (Lacerta lacustris), den ich nun in Spiritus auf- bewahre, fast das ganze Auge exstirpirt; nähmlich alle Säfte auslaufen lassen und dann ⅘ der ausgeleerten Häute rein aus- geschnitten; – und doch hat sich binnen zehn Monaten ein voll- kommener neuer Augapfel mit neuer Hornhaut, Augenstern, Crystall-Linse ꝛc. reproducirt, der sich bloß dadurch vom andern gesunden Auge auszeichnet, daß er nur erst ungefähr halb so groß ist, (s. – Götting. gel. Anz. 1785. 47. St. –) §. 20. Wenn die organisirten Körper durch Ernährung und Wachsthum zu ihrer vollen Reife gelangen, so erhalten sie dann auch das Fortpflanzungsvermögen (§. 5.), das aber auf eine sehr verschiedene Weise vollzogen wird. Ueberhaupt nämlich ist entweder schon jedes Individuum für sich im Stande, sein Geschlecht fortzupflanzen; oder aber es müssen sich ihrer zwey mit einander paaren oder begatten, wenn sie neue organi- sirte Körper ihrer Art hervorbringen sollen. Die mannigfaltigen besondern Verschiedenheiten in diesen beiderlei Hauptweisen der Fortpflanzung lassen sich doch füglich unter folgende vier Arten bringen: 1) Jedes Individuum vermehrt sich auf die einfachste Weise, ohne vorhergegangene Befruchtung: entweder durch Theilung,

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  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.
  • Langes ſ: als s transkribiert.
  • Hochgestellte e über Vokalen: in moderner Schreibweise erfasst.



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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 12. Aufl. Wien, 1832, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1832/29>, abgerufen am 21.11.2024.