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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 12. Aufl. Wien, 1832.

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stehung, als ihr Wachsthum (wenn man es gar nur Wachs-
thum nennen darf), wird keinesweges durch Ernährung, son-
dern lediglich nach eigentlich so genannten bloß physischen (me-
chanischen und chemischen), Gesetzen durch Anhäufung oder An-
satz homogener Theile von außen (aggregatio, juxta po-
sitio
) bewirkt; folglich ist bei ihnen weder ursprüngliche Orga-
nisation noch Lebenskraft zu erwarten*).

Und eben deßhalb heißen sie unorganisirte, und jene
hingegen organisirte Körper.

§. 3.

Endlich sind nun aber auch jene organisirten Körper
selbst, besonders in der Art, wie sie ihre Nahrungsmittel zu
sich nehmen, von einer doppelten Verschiedenheit.

Die einen nähmlich saugen einen sehr einfachen Nahrungs-
saft, vorzüglich mittelst zahlreicher Fasern, die sich am untern
Ende ihres Körpers befinden, ohne merkliche willkührliche Be-
wegung in sich.

Da hingegen die andern eine meist einfache Hauptöffnung
am obern oder vordern Ende ihres Körpers haben, die zu einem
geräumigen Schlauche führt, wohin sie, vom innern Gefühle
des Hungers getrieben, ihre Alimente, die von sehr verschiede-
ner Art sind, mittelst willkürlicher Bewegung bringen.

Jenes sind die Pflanzen, dieses die Thiere.

Anm. Hingegen gibt die Fähigkeit den Standort zu verändern
(locomotivitas) kein hinreichendes Unterscheidungszeichen der
Thiere von den Pflanzen, ab. Denn viele Pflanzen, wie z. B.
die gemeinen Wasserlinsen, sind nicht festgewurzelt, sondern kön-
nen zu gewissen Jahrszeiten etc. ihren Aufenthalt verändern, bald
zu Boden sinken, bald wieder auf die Oberfläche des Wassers
steigen u. s. w. Und anderseits gibt es ganze Geschlechter von
Wasserthieren, zumahl unter den Conchylien, Corallen etc. die
ihren einmahl eingenommenen Platz nie von selbst wieder ver-
lassen können.

§. 4.

Diese sehr faßliche Eintheilung der natürlichen Körper in
organisirte und unorganisirte (§. 2.), und der organisirten
wieder unter einander (§. 3.), ist nun der Grund der bekannten
drey Reiche, worunter man die Naturalien sehr schicklich ge-
bracht hat, und wovon das erste die Thiere, das zweyte die
Pflanzen, das dritte die Mineralien begreift.

Die Thiere sind demnach belebte und beseelte organisirte

*) Vergl. Hausmann's Untersuchungen über die Formen der
leblosen Natur. I B. S. 20. u. f.

stehung, als ihr Wachsthum (wenn man es gar nur Wachs-
thum nennen darf), wird keinesweges durch Ernährung, son-
dern lediglich nach eigentlich so genannten bloß physischen (me-
chanischen und chemischen), Gesetzen durch Anhäufung oder An-
satz homogener Theile von außen (aggregatio, juxta po-
sitio
) bewirkt; folglich ist bei ihnen weder ursprüngliche Orga-
nisation noch Lebenskraft zu erwarten*).

Und eben deßhalb heißen sie unorganisirte, und jene
hingegen organisirte Körper.

§. 3.

Endlich sind nun aber auch jene organisirten Körper
selbst, besonders in der Art, wie sie ihre Nahrungsmittel zu
sich nehmen, von einer doppelten Verschiedenheit.

Die einen nähmlich saugen einen sehr einfachen Nahrungs-
saft, vorzüglich mittelst zahlreicher Fasern, die sich am untern
Ende ihres Körpers befinden, ohne merkliche willkührliche Be-
wegung in sich.

Da hingegen die andern eine meist einfache Hauptöffnung
am obern oder vordern Ende ihres Körpers haben, die zu einem
geräumigen Schlauche führt, wohin sie, vom innern Gefühle
des Hungers getrieben, ihre Alimente, die von sehr verschiede-
ner Art sind, mittelst willkürlicher Bewegung bringen.

Jenes sind die Pflanzen, dieses die Thiere.

Anm. Hingegen gibt die Fähigkeit den Standort zu verändern
(locomotivitas) kein hinreichendes Unterscheidungszeichen der
Thiere von den Pflanzen, ab. Denn viele Pflanzen, wie z. B.
die gemeinen Wasserlinsen, sind nicht festgewurzelt, sondern kön-
nen zu gewissen Jahrszeiten ꝛc. ihren Aufenthalt verändern, bald
zu Boden sinken, bald wieder auf die Oberfläche des Wassers
steigen u. s. w. Und anderseits gibt es ganze Geschlechter von
Wasserthieren, zumahl unter den Conchylien, Corallen ꝛc. die
ihren einmahl eingenommenen Platz nie von selbst wieder ver-
lassen können.

§. 4.

Diese sehr faßliche Eintheilung der natürlichen Körper in
organisirte und unorganisirte (§. 2.), und der organisirten
wieder unter einander (§. 3.), ist nun der Grund der bekannten
drey Reiche, worunter man die Naturalien sehr schicklich ge-
bracht hat, und wovon das erste die Thiere, das zweyte die
Pflanzen, das dritte die Mineralien begreift.

Die Thiere sind demnach belebte und beseelte organisirte

*) Vergl. Hausmann's Untersuchungen über die Formen der
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[3/0013] stehung, als ihr Wachsthum (wenn man es gar nur Wachs- thum nennen darf), wird keinesweges durch Ernährung, son- dern lediglich nach eigentlich so genannten bloß physischen (me- chanischen und chemischen), Gesetzen durch Anhäufung oder An- satz homogener Theile von außen (aggregatio, juxta po- sitio) bewirkt; folglich ist bei ihnen weder ursprüngliche Orga- nisation noch Lebenskraft zu erwarten *). Und eben deßhalb heißen sie unorganisirte, und jene hingegen organisirte Körper. §. 3. Endlich sind nun aber auch jene organisirten Körper selbst, besonders in der Art, wie sie ihre Nahrungsmittel zu sich nehmen, von einer doppelten Verschiedenheit. Die einen nähmlich saugen einen sehr einfachen Nahrungs- saft, vorzüglich mittelst zahlreicher Fasern, die sich am untern Ende ihres Körpers befinden, ohne merkliche willkührliche Be- wegung in sich. Da hingegen die andern eine meist einfache Hauptöffnung am obern oder vordern Ende ihres Körpers haben, die zu einem geräumigen Schlauche führt, wohin sie, vom innern Gefühle des Hungers getrieben, ihre Alimente, die von sehr verschiede- ner Art sind, mittelst willkürlicher Bewegung bringen. Jenes sind die Pflanzen, dieses die Thiere. Anm. Hingegen gibt die Fähigkeit den Standort zu verändern (locomotivitas) kein hinreichendes Unterscheidungszeichen der Thiere von den Pflanzen, ab. Denn viele Pflanzen, wie z. B. die gemeinen Wasserlinsen, sind nicht festgewurzelt, sondern kön- nen zu gewissen Jahrszeiten ꝛc. ihren Aufenthalt verändern, bald zu Boden sinken, bald wieder auf die Oberfläche des Wassers steigen u. s. w. Und anderseits gibt es ganze Geschlechter von Wasserthieren, zumahl unter den Conchylien, Corallen ꝛc. die ihren einmahl eingenommenen Platz nie von selbst wieder ver- lassen können. §. 4. Diese sehr faßliche Eintheilung der natürlichen Körper in organisirte und unorganisirte (§. 2.), und der organisirten wieder unter einander (§. 3.), ist nun der Grund der bekannten drey Reiche, worunter man die Naturalien sehr schicklich ge- bracht hat, und wovon das erste die Thiere, das zweyte die Pflanzen, das dritte die Mineralien begreift. Die Thiere sind demnach belebte und beseelte organisirte *) Vergl. Hausmann's Untersuchungen über die Formen der leblosen Natur. I B. S. 20. u. f.

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  • Langes ſ: als s transkribiert.
  • Hochgestellte e über Vokalen: in moderner Schreibweise erfasst.



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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 12. Aufl. Wien, 1832, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1832/13>, abgerufen am 21.11.2024.