Anm.Vor mehreren Jahren habe ich einem Wasser- molch der größern Art (Lacerta lacustris), den ich nun in Spiritus aufbewahre, fast das ganze Auge exstirpirt; nähmlich alle Säfte auslaufen lassen und dann 4/5 der aus- geleerten Häute rein ausgeschnitten; - und doch hat sich hinnen zehn Monaten ein vollkommener neuer Augapfel mit neuer Hornhaut, Augenstern, Crystall-Linse etc. re- producirt, der sich bloß dadurch vom andern gesunden Auge auszeichnet, das er nur erst ungefähr bald so groß ist. (- s. Götting. gel. Anz. 1785. 47. St. -)
§. 20.
Wenn die organisirten Körper durch Ernährung und Wachsthum zu ihrer vollen Reife gelangen, so erhalten sie dann auch das Fortpflanzungsver- mögen (§. 5.), das aber auf eine sehr verschiedene Weise vollzogen wird. Ueberhaupt nähmlich ist ent- weder schon jedes Individuum für sich im Stande, sein Geschlecht fortzupflanzen; oder aber es müssen sich ihrer zwey mit einander paaren oder begatten, wenn sie neue organisirte Körper ihrer Art hervor- bringen sollen.
Die mannigfaltigen besondern Verschiedenheiten in diesen beiderlei Hauptweisen der Fortpflanzung lassen sich doch füglich unter folgende vier Arten bringen:
1) Jedes Individuum vermehrt sich auf die ein- fachste Weise, ohne vorhergegangene Befruch- tung: entweder durch Theilung, wie manche In- fusions-Thierchen*) und Blumen-Polypen**); oder wie bei der Brunnen-Conferve so, daß das
*) J. Ellis in den philos. Transact. vol. LIX. P. I. S. 138 u. f. tab. VI. fig. 1-6.
**)Abr. Trembley ebendaselbst. vol. XLIII. N. 474. S. 175 u. f. und vol. XLIV. N. 484. S. 138 u. f.
Anm.Vor mehreren Jahren habe ich einem Wasser- molch der größern Art (Lacerta lacustris), den ich nun in Spiritus aufbewahre, fast das ganze Auge exstirpirt; nähmlich alle Säfte auslaufen lassen und dann 4/5 der aus- geleerten Häute rein ausgeschnitten; – und doch hat sich hinnen zehn Monaten ein vollkommener neuer Augapfel mit neuer Hornhaut, Augenstern, Crystall-Linse ꝛc. re- producirt, der sich bloß dadurch vom andern gesunden Auge auszeichnet, das er nur erst ungefähr bald so groß ist. (– s. Götting. gel. Anz. 1785. 47. St. –)
§. 20.
Wenn die organisirten Körper durch Ernährung und Wachsthum zu ihrer vollen Reife gelangen, so erhalten sie dann auch das Fortpflanzungsver- mögen (§. 5.), das aber auf eine sehr verschiedene Weise vollzogen wird. Ueberhaupt nähmlich ist ent- weder schon jedes Individuum für sich im Stande, sein Geschlecht fortzupflanzen; oder aber es müssen sich ihrer zwey mit einander paaren oder begatten, wenn sie neue organisirte Körper ihrer Art hervor- bringen sollen.
Die mannigfaltigen besondern Verschiedenheiten in diesen beiderlei Hauptweisen der Fortpflanzung lassen sich doch füglich unter folgende vier Arten bringen:
1) Jedes Individuum vermehrt sich auf die ein- fachste Weise, ohne vorhergegangene Befruch- tung: entweder durch Theilung, wie manche In- fusions-Thierchen*) und Blumen-Polypen**); oder wie bei der Brunnen-Conferve so, daß das
*) J. Ellis in den philos. Transact. vol. LIX. P. I. S. 138 u. f. tab. VI. fig. 1–6.
**)Abr. Trembley ebendaselbst. vol. XLIII. N. 474. S. 175 u. f. und vol. XLIV. N. 484. S. 138 u. f.
<TEI><textxml:id="blume_hbnatur_000034"><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0045"xml:id="pb027_0001"n="27"/><prendition="#small"><hirendition="#g">Anm</hi>.Vor mehreren Jahren habe ich einem Wasser-<lb/>
molch der größern Art (<hirendition="#aq">Lacerta <hirendition="#i">lacustris</hi></hi>), den ich nun<lb/>
in Spiritus aufbewahre, fast das ganze Auge exstirpirt;<lb/>
nähmlich alle Säfte auslaufen lassen und dann 4/5 der aus-<lb/>
geleerten Häute rein ausgeschnitten; – und doch hat sich<lb/>
hinnen zehn Monaten ein vollkommener neuer Augapfel<lb/>
mit neuer Hornhaut, Augenstern, Crystall-Linse ꝛc. re-<lb/>
producirt, der sich bloß dadurch vom andern gesunden<lb/>
Auge auszeichnet, das er nur erst ungefähr bald so groß<lb/>
ist. (– s. Götting. gel. Anz. 1785. 47. St. –)</p></div><divn="2"><headrendition="#c">§. 20.</head><lb/><p>Wenn die organisirten Körper durch Ernährung<lb/>
und Wachsthum zu ihrer vollen Reife gelangen, so<lb/>
erhalten sie dann auch das <hirendition="#g">Fortpflanzungsver-<lb/>
mögen</hi> (§. 5.), das aber auf eine sehr verschiedene<lb/>
Weise vollzogen wird. Ueberhaupt nähmlich ist ent-<lb/>
weder schon jedes Individuum für sich im Stande,<lb/>
sein Geschlecht fortzupflanzen; oder aber es müssen<lb/>
sich ihrer zwey mit einander paaren oder begatten,<lb/>
wenn sie neue organisirte Körper ihrer Art hervor-<lb/>
bringen sollen.</p><p>Die mannigfaltigen besondern Verschiedenheiten<lb/>
in diesen beiderlei Hauptweisen der Fortpflanzung<lb/>
lassen sich doch füglich unter folgende vier Arten<lb/>
bringen:</p><prendition="#indent-1">1) Jedes Individuum vermehrt sich auf die ein-<lb/>
fachste Weise, ohne vorhergegangene Befruch-<lb/>
tung: entweder durch Theilung, wie manche In-<lb/>
fusions-Thierchen<noteanchored="true"place="foot"n="*)"><p>J. <hirendition="#g">Ellis</hi> in den <hirendition="#i"><hirendition="#aq">philos. Transact</hi></hi>. <hirendition="#aq">vol</hi>. LIX. <hirendition="#aq">P</hi>. I.<lb/>
S. 138 u. f. <hirendition="#aq">tab</hi>. VI. <hirendition="#aq">fig</hi>. 1–6.</p></note> und Blumen-Polypen<noteanchored="true"place="foot"n="**)"><p><hirendition="#g">Abr. Trembley</hi> ebendaselbst. <hirendition="#aq">vol</hi>. XLIII. <hirendition="#aq">N</hi>. 474. S. 175<lb/>
u. f. und <hirendition="#aq">vol</hi>. XLIV. <hirendition="#aq">N</hi>. 484. S. 138 u. f.</p></note>;<lb/>
oder wie bei der Brunnen-Conferve so, daß das<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[27/0045]
Anm.Vor mehreren Jahren habe ich einem Wasser-
molch der größern Art (Lacerta lacustris), den ich nun
in Spiritus aufbewahre, fast das ganze Auge exstirpirt;
nähmlich alle Säfte auslaufen lassen und dann 4/5 der aus-
geleerten Häute rein ausgeschnitten; – und doch hat sich
hinnen zehn Monaten ein vollkommener neuer Augapfel
mit neuer Hornhaut, Augenstern, Crystall-Linse ꝛc. re-
producirt, der sich bloß dadurch vom andern gesunden
Auge auszeichnet, das er nur erst ungefähr bald so groß
ist. (– s. Götting. gel. Anz. 1785. 47. St. –)
§. 20.
Wenn die organisirten Körper durch Ernährung
und Wachsthum zu ihrer vollen Reife gelangen, so
erhalten sie dann auch das Fortpflanzungsver-
mögen (§. 5.), das aber auf eine sehr verschiedene
Weise vollzogen wird. Ueberhaupt nähmlich ist ent-
weder schon jedes Individuum für sich im Stande,
sein Geschlecht fortzupflanzen; oder aber es müssen
sich ihrer zwey mit einander paaren oder begatten,
wenn sie neue organisirte Körper ihrer Art hervor-
bringen sollen.
Die mannigfaltigen besondern Verschiedenheiten
in diesen beiderlei Hauptweisen der Fortpflanzung
lassen sich doch füglich unter folgende vier Arten
bringen:
1) Jedes Individuum vermehrt sich auf die ein-
fachste Weise, ohne vorhergegangene Befruch-
tung: entweder durch Theilung, wie manche In-
fusions-Thierchen *) und Blumen-Polypen **);
oder wie bei der Brunnen-Conferve so, daß das
*) J. Ellis in den philos. Transact. vol. LIX. P. I.
S. 138 u. f. tab. VI. fig. 1–6.
**) Abr. Trembley ebendaselbst. vol. XLIII. N. 474. S. 175
u. f. und vol. XLIV. N. 484. S. 138 u. f.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 12. Aufl. Göttingen, 1830, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1830/45>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.