Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 12. Aufl. Göttingen, 1830.

Bild:
<< vorherige Seite

falls die Zermalmung und nachherige Verdauung
der Speisen befördern*). Verschiedene fleischfres-
sende Vögel, wie die Falken, Eulen, Eisvögel etc.
können die Knochen, Haare und Gräten der kleinen
Thiere, die sie verzehrt haben, nicht verdauen, son-
dern brechen sie, in eine Kugel (das Gewölle)
geballt, nach der Mahlzeit wieder von sich**).

§. 64.

Zu den besondern Eigenheiten der Sinnwerk-
zeuge
der Vögel in Vergleichung zu den Säuge-
thieren, gehört unter andern der Mangel der knorp-
ligen zur Auffassung des Schalls dienenden äußern
Ohren; der aber, zumal bei den nächtlichen Raub-
vögeln, durch die äußerst regelmäßige zirkelförmige
Stellung und bestimmte Richtung der Federchen in
der Gegend des Ohres und bei manchen derselben
auch noch überdieß durch eine bewegliche Klappe am
äußern Gehörgange vergütet wird.

Anm. Nur sehr wenige Vögel, die Enten nähmlich
u. a. verwandte Gattungen scheinen den wirklichen Sinn
des Tastens (d. h. des Gefühls im engern Verstande)
zu besitzen; und das Organ dazu ist wohl die weiche Be-
deckung ihres Schnabels, die mit ausnehmend starken
Hautnerven versehen, und beim lebendigen Thier äußerst
empfindlich ist. Auch sieht man, wie die Enten in den

*) Ueber den Zweck und Nutzen, weßhalb diese Vögel solche
Steinchen schlucken müssen, sind die Meinungen der Physiologen
sehr verschieden. - Manche haben gar gewähnt, es geschehe aus
Stupidität. - Nach meinen Untersuchungen ist es ein unent-
behrliches Hülfsmittel, um die eingeschluckten Körner dadurch
zu tödten und ihrer Lebenskraft zu berauben, die
sonst der Digestionskraft widersteht.
**) Einen ähnlichen Ursprung haben auch die vulgo so ge-
nannten Sternschnuppen, nähmlich die graulichweißen, gallert-
artigen, meist darmförmig gewundenen Klumpen, die man oft
haufenweise auf Wiesen etc. antrifft, und halbverdaute Eingeweide
von Fröschen sind, die von Krähen, Sumpf- und Wasservögeln
wieder ausgebrochen worden. - s. Dr. Persoon in Voigt's
neuem Magazin. I. B. 2. St. S. 56 u. f.

falls die Zermalmung und nachherige Verdauung
der Speisen befördern*). Verschiedene fleischfres-
sende Vögel, wie die Falken, Eulen, Eisvögel ꝛc.
können die Knochen, Haare und Gräten der kleinen
Thiere, die sie verzehrt haben, nicht verdauen, son-
dern brechen sie, in eine Kugel (das Gewölle)
geballt, nach der Mahlzeit wieder von sich**).

§. 64.

Zu den besondern Eigenheiten der Sinnwerk-
zeuge
der Vögel in Vergleichung zu den Säuge-
thieren, gehört unter andern der Mangel der knorp-
ligen zur Auffassung des Schalls dienenden äußern
Ohren; der aber, zumal bei den nächtlichen Raub-
vögeln, durch die äußerst regelmäßige zirkelförmige
Stellung und bestimmte Richtung der Federchen in
der Gegend des Ohres und bei manchen derselben
auch noch überdieß durch eine bewegliche Klappe am
äußern Gehörgange vergütet wird.

Anm. Nur sehr wenige Vögel, die Enten nähmlich
u. a. verwandte Gattungen scheinen den wirklichen Sinn
des Tastens (d. h. des Gefühls im engern Verstande)
zu besitzen; und das Organ dazu ist wohl die weiche Be-
deckung ihres Schnabels, die mit ausnehmend starken
Hautnerven versehen, und beim lebendigen Thier äußerst
empfindlich ist. Auch sieht man, wie die Enten in den

*) Ueber den Zweck und Nutzen, weßhalb diese Vögel solche
Steinchen schlucken müssen, sind die Meinungen der Physiologen
sehr verschieden. – Manche haben gar gewähnt, es geschehe aus
Stupidität. – Nach meinen Untersuchungen ist es ein unent-
behrliches Hülfsmittel, um die eingeschluckten Körner dadurch
zu tödten und ihrer Lebenskraft zu berauben, die
sonst der Digestionskraft widersteht.
**) Einen ähnlichen Ursprung haben auch die vulgo so ge-
nannten Sternschnuppen, nähmlich die graulichweißen, gallert-
artigen, meist darmförmig gewundenen Klumpen, die man oft
haufenweise auf Wiesen ꝛc. antrifft, und halbverdaute Eingeweide
von Fröschen sind, die von Krähen, Sumpf- und Wasservögeln
wieder ausgebrochen worden. – s. Dr. Persoon in Voigt's
neuem Magazin. I. B. 2. St. S. 56 u. f.
<TEI>
  <text xml:id="blume_hbnatur_000034">
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0138" xml:id="pb120_0001" n="120"/>
falls die Zermalmung und nachherige Verdauung<lb/>
der Speisen befördern<note anchored="true" place="foot" n="*)"><p>Ueber den Zweck und Nutzen, weßhalb diese Vögel solche<lb/>
Steinchen schlucken müssen, sind die Meinungen der Physiologen<lb/>
sehr verschieden. &#x2013; Manche haben gar gewähnt, es geschehe aus<lb/>
Stupidität. &#x2013; Nach meinen Untersuchungen ist es ein unent-<lb/>
behrliches Hülfsmittel, um die eingeschluckten Körner dadurch<lb/><hi rendition="#g">zu tödten</hi> und <hi rendition="#g">ihrer Lebenskraft zu berauben</hi>, die<lb/>
sonst der Digestionskraft widersteht.</p></note>. Verschiedene fleischfres-<lb/>
sende Vögel, wie die Falken, Eulen, Eisvögel &#xA75B;c.<lb/>
können die Knochen, Haare und Gräten der kleinen<lb/>
Thiere, die sie verzehrt haben, nicht verdauen, son-<lb/>
dern brechen sie, in eine Kugel (das <hi rendition="#g">Gewölle</hi>)<lb/>
geballt, nach der Mahlzeit wieder von sich<note anchored="true" place="foot" n="**)"><p>Einen ähnlichen Ursprung haben auch die <hi rendition="#aq">vulgo</hi> so ge-<lb/>
nannten <hi rendition="#g">Sternschnuppen</hi>, nähmlich die graulichweißen, gallert-<lb/>
artigen, meist darmförmig gewundenen Klumpen, die man oft<lb/>
haufenweise auf Wiesen &#xA75B;c. antrifft, und halbverdaute Eingeweide<lb/>
von Fröschen sind, die von Krähen, Sumpf- und Wasservögeln<lb/>
wieder ausgebrochen worden. &#x2013; s. <hi rendition="#aq">Dr</hi>. <hi rendition="#g">Persoon</hi> in <hi rendition="#g">Voigt's</hi><lb/>
neuem Magazin. I. B. 2. St. S. 56 u. f.</p></note>.</p>
        </div>
        <div n="2">
          <head rendition="#c">§. 64.</head><lb/>
          <p>Zu den besondern Eigenheiten der <hi rendition="#g">Sinnwerk-<lb/>
zeuge</hi> der Vögel in Vergleichung zu den Säuge-<lb/>
thieren, gehört unter andern der Mangel der knorp-<lb/>
ligen zur Auffassung des Schalls dienenden <hi rendition="#g">äußern</hi><lb/>
Ohren; der aber, zumal bei den nächtlichen Raub-<lb/>
vögeln, durch die äußerst regelmäßige zirkelförmige<lb/>
Stellung und bestimmte Richtung der Federchen in<lb/>
der Gegend des Ohres und bei manchen derselben<lb/>
auch noch überdieß durch eine bewegliche Klappe am<lb/>
äußern Gehörgange vergütet wird.</p>
          <p rendition="#small"><hi rendition="#g">Anm</hi>. Nur sehr wenige Vögel, die Enten nähmlich<lb/>
u. a. verwandte Gattungen scheinen den wirklichen Sinn<lb/>
des <hi rendition="#g">Tastens</hi> (d. h. des <hi rendition="#g">Gefühls</hi> im engern Verstande)<lb/>
zu besitzen; und das Organ dazu ist wohl die weiche Be-<lb/>
deckung ihres Schnabels, die mit ausnehmend starken<lb/>
Hautnerven versehen, und beim lebendigen Thier äußerst<lb/>
empfindlich ist. Auch sieht man, wie die Enten in den<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[120/0138] falls die Zermalmung und nachherige Verdauung der Speisen befördern *). Verschiedene fleischfres- sende Vögel, wie die Falken, Eulen, Eisvögel ꝛc. können die Knochen, Haare und Gräten der kleinen Thiere, die sie verzehrt haben, nicht verdauen, son- dern brechen sie, in eine Kugel (das Gewölle) geballt, nach der Mahlzeit wieder von sich **). §. 64. Zu den besondern Eigenheiten der Sinnwerk- zeuge der Vögel in Vergleichung zu den Säuge- thieren, gehört unter andern der Mangel der knorp- ligen zur Auffassung des Schalls dienenden äußern Ohren; der aber, zumal bei den nächtlichen Raub- vögeln, durch die äußerst regelmäßige zirkelförmige Stellung und bestimmte Richtung der Federchen in der Gegend des Ohres und bei manchen derselben auch noch überdieß durch eine bewegliche Klappe am äußern Gehörgange vergütet wird. Anm. Nur sehr wenige Vögel, die Enten nähmlich u. a. verwandte Gattungen scheinen den wirklichen Sinn des Tastens (d. h. des Gefühls im engern Verstande) zu besitzen; und das Organ dazu ist wohl die weiche Be- deckung ihres Schnabels, die mit ausnehmend starken Hautnerven versehen, und beim lebendigen Thier äußerst empfindlich ist. Auch sieht man, wie die Enten in den *) Ueber den Zweck und Nutzen, weßhalb diese Vögel solche Steinchen schlucken müssen, sind die Meinungen der Physiologen sehr verschieden. – Manche haben gar gewähnt, es geschehe aus Stupidität. – Nach meinen Untersuchungen ist es ein unent- behrliches Hülfsmittel, um die eingeschluckten Körner dadurch zu tödten und ihrer Lebenskraft zu berauben, die sonst der Digestionskraft widersteht. **) Einen ähnlichen Ursprung haben auch die vulgo so ge- nannten Sternschnuppen, nähmlich die graulichweißen, gallert- artigen, meist darmförmig gewundenen Klumpen, die man oft haufenweise auf Wiesen ꝛc. antrifft, und halbverdaute Eingeweide von Fröschen sind, die von Krähen, Sumpf- und Wasservögeln wieder ausgebrochen worden. – s. Dr. Persoon in Voigt's neuem Magazin. I. B. 2. St. S. 56 u. f.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Editura GmbH & Co.KG, Berlin: Volltexterstellung und Basis-TEI-Auszeichung
Johann Friedrich Blumenbach – online: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-08-26T09:00:15Z)
Frank Wiegand: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2013-08-26T09:00:15Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Nicht erfasst: Bogensignaturen und Kustoden, Kolumnentitel.
  • Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterschiede zugunsten der Identifizierung von <titlePart>s verzichtet.
  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.
  • Langes ſ: als s transkribiert.
  • Hochgestellte e über Vokalen: in moderner Schreibweise erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1830
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1830/138
Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 12. Aufl. Göttingen, 1830, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1830/138>, abgerufen am 21.12.2024.