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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 11. Aufl. Göttingen, 1825.

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reißende Thiere, besonders aus dem Katzen-Ge-
schlecht, fallen Menschen an. Eben diese und
noch manche andere, z. B. die Wiesel, Marder,
Iltisse, Vielfraße, Fischottern, Wallfische etc. vertil-
gen viele nutzbare Thiere: - oder schaden den
Gewächsen
, Bäumen, Gartenfrüchten, dem
Getreide u.s.w
. wie die Feldmäuse, Hamster,
Lemming, Hirsche, Hasen, Biber, Affen, Elephan-
ten, Rhinocer, Nilpferde etc. oder gehen andern
Eßwaren
nach, wie Ratten, Mäuse, Fleder-
mäuse u. s. w. Gift scheint (außer etwa dem männ-
lichen Schnabelthier dessen Sporn am Hinterfuße für
giftig gehalten worden) kein anderes Thier dieser
Classe im gesunden Zustande zu besitzen.

§. 53.

Man hat verschiedene künstliche, d. h. bloß
von einzelnen zum Classificationsgrunde gelegten Cha-
raktern entlehnte Systeme (systemata artificialia),
nach welchen verdiente Naturforscher die Säugethiere
zu ordnen versucht haben. Aristotelis Einthei-
lung z. B. ist bloß auf die allgemeinste Verschieden-
heit der Zehen und Klauen gegründet, und die haben
auch Ray u. a. zum Grunde gelegt, nach der
Zahl der Zehen etc. weiter bearbeitet. Aber hierbey
müssen die verwandtesten und im Ganzen noch so
ähnlichen Gattungen von Ameisenbären, Faulthie-
ren etc. getrennt, und in ganz verschiedene Ordnun-
gen versetzt werden, bloß weil die eine mehr, die
andere weniger Zehen hat. Linne hat die Zähne
zum Classificationsgrund gewählt, ein Weg, auf
dem man aber nicht minder, bald auf die unnatür-
lichsten Trennungen, bald auf die sonderbarsten Ver-
bindungen stößt*). Das Geschlecht der Fledermäuse

*) "Non enim methodicorum scholis se adstringere voluit
natura - systemata artificialia nostra flocci faciens
"
. Pallas.

reißende Thiere, besonders aus dem Katzen-Ge-
schlecht, fallen Menschen an. Eben diese und
noch manche andere, z. B. die Wiesel, Marder,
Iltisse, Vielfraße, Fischottern, Wallfische ꝛc. vertil-
gen viele nutzbare Thiere: – oder schaden den
Gewächsen
, Bäumen, Gartenfrüchten, dem
Getreide u.s.w
. wie die Feldmäuse, Hamster,
Lemming, Hirsche, Hasen, Biber, Affen, Elephan-
ten, Rhinocer, Nilpferde ꝛc. oder gehen andern
Eßwaren
nach, wie Ratten, Mäuse, Fleder-
mäuse u. s. w. Gift scheint (außer etwa dem männ-
lichen Schnabelthier dessen Sporn am Hinterfuße für
giftig gehalten worden) kein anderes Thier dieser
Classe im gesunden Zustande zu besitzen.

§. 53.

Man hat verschiedene künstliche, d. h. bloß
von einzelnen zum Classificationsgrunde gelegten Cha-
raktern entlehnte Systeme (systemata artificialia),
nach welchen verdiente Naturforscher die Säugethiere
zu ordnen versucht haben. Aristotelis Einthei-
lung z. B. ist bloß auf die allgemeinste Verschieden-
heit der Zehen und Klauen gegründet, und die haben
auch Ray u. a. zum Grunde gelegt, nach der
Zahl der Zehen ꝛc. weiter bearbeitet. Aber hierbey
müssen die verwandtesten und im Ganzen noch so
ähnlichen Gattungen von Ameisenbären, Faulthie-
ren ꝛc. getrennt, und in ganz verschiedene Ordnun-
gen versetzt werden, bloß weil die eine mehr, die
andere weniger Zehen hat. Linné hat die Zähne
zum Classificationsgrund gewählt, ein Weg, auf
dem man aber nicht minder, bald auf die unnatür-
lichsten Trennungen, bald auf die sonderbarsten Ver-
bindungen stößt*). Das Geschlecht der Fledermäuse

*) “Non enim methodicorum scholis se adstringere voluit
natura – systemata artificialia nostra flocci faciens
. Pallas.
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[50/0072] reißende Thiere, besonders aus dem Katzen-Ge- schlecht, fallen Menschen an. Eben diese und noch manche andere, z. B. die Wiesel, Marder, Iltisse, Vielfraße, Fischottern, Wallfische ꝛc. vertil- gen viele nutzbare Thiere: – oder schaden den Gewächsen, Bäumen, Gartenfrüchten, dem Getreide u.s.w. wie die Feldmäuse, Hamster, Lemming, Hirsche, Hasen, Biber, Affen, Elephan- ten, Rhinocer, Nilpferde ꝛc. oder gehen andern Eßwaren nach, wie Ratten, Mäuse, Fleder- mäuse u. s. w. Gift scheint (außer etwa dem männ- lichen Schnabelthier dessen Sporn am Hinterfuße für giftig gehalten worden) kein anderes Thier dieser Classe im gesunden Zustande zu besitzen. §. 53. Man hat verschiedene künstliche, d. h. bloß von einzelnen zum Classificationsgrunde gelegten Cha- raktern entlehnte Systeme (systemata artificialia), nach welchen verdiente Naturforscher die Säugethiere zu ordnen versucht haben. Aristotelis Einthei- lung z. B. ist bloß auf die allgemeinste Verschieden- heit der Zehen und Klauen gegründet, und die haben auch Ray u. a. zum Grunde gelegt, nach der Zahl der Zehen ꝛc. weiter bearbeitet. Aber hierbey müssen die verwandtesten und im Ganzen noch so ähnlichen Gattungen von Ameisenbären, Faulthie- ren ꝛc. getrennt, und in ganz verschiedene Ordnun- gen versetzt werden, bloß weil die eine mehr, die andere weniger Zehen hat. Linné hat die Zähne zum Classificationsgrund gewählt, ein Weg, auf dem man aber nicht minder, bald auf die unnatür- lichsten Trennungen, bald auf die sonderbarsten Ver- bindungen stößt *). Das Geschlecht der Fledermäuse *) “Non enim methodicorum scholis se adstringere voluit natura – systemata artificialia nostra flocci faciens”. Pallas.

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 11. Aufl. Göttingen, 1825, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1825/72>, abgerufen am 21.12.2024.