Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 11. Aufl. Göttingen, 1825.

Bild:
<< vorherige Seite

genannt, wenn der Mensch*) absichtlich Verän-
derungen mit ihnen vorgenommen.

Anm. 1. Daß übrigens jene Begriffe vom Wesent-
lichen
und vom Absichtlichen im gegenwärtigen Falle,
bey so verschiedentlicher Rücksicht und Modification, nicht
anders als relativ seyn können, bedarf wohl keiner Erin-
nerung. - Denn so könnte man ein Maulthier, oder einen
Caraiben mit seinem durch die Kunst gemodelten Schedel
und dergl. mehr, aus gewisser Rücksicht auch zu den Ar-
tefacten rechnen.

Anm. 2. Zuweilen können Naturalien manchen Kunst-
producten so ähnlich seyn, daß sie schwer von einander zu
unterscheiden sind. Daher z. B. die ehedem getheilten
Meinungen, ob der Ueberzug in der piscina mirabile
bey Bajä ein von selbst aus dem Wasser abgesetzter Rin-
denstein von Kalksinter, oder aber ein absichtlich aufgetra-
gener künstlicher Mörtel sey. (- s. Götting. gel. An-
zeigen
1791. 188. St. -)

§. 2.

Alle und jede natürliche Körper zeigen, 1) in
Rücksicht ihrer Entstehung, 2) ihres Wachs-
thums
, und 3) ihrer Structur, eine doppelte
Verschiedenheit.

Die einen nähmlich sind allemahl von andern na-
türlichen Körpern derselben Gestalt und Art hervor
gebracht; so daß ihre Existenz in einer ununter-
brochenen Reihe bis zur ersten Schöpfung**)

*) "Ars , sive additus rebus homo." Bacon de Verulam.
de augm. scient. L. II."L'art en general est l'industrie de l'homme appliquee par
ses besoins, ou par son luxe, aux productions de la Nature
."

Diderot Syst. figure des connoiss. humaines.
**) Oder wenigstens bis zu ihren ersten Stammältern
hinauf. - Denn ich habe im ersten Theile meiner Beyträge zur
Naturgeschichte
, Facta angeführet, die es mehr als bloß wahr-
scheinlich machen, daß auch selbst in der jetzigen Schöpfung neue
Gattungen von organisirten Körpern entstehen, und gleichsam

genannt, wenn der Mensch*) absichtlich Verän-
derungen mit ihnen vorgenommen.

Anm. 1. Daß übrigens jene Begriffe vom Wesent-
lichen
und vom Absichtlichen im gegenwärtigen Falle,
bey so verschiedentlicher Rücksicht und Modification, nicht
anders als relativ seyn können, bedarf wohl keiner Erin-
nerung. – Denn so könnte man ein Maulthier, oder einen
Caraiben mit seinem durch die Kunst gemodelten Schedel
und dergl. mehr, aus gewisser Rücksicht auch zu den Ar-
tefacten rechnen.

Anm. 2. Zuweilen können Naturalien manchen Kunst-
producten so ähnlich seyn, daß sie schwer von einander zu
unterscheiden sind. Daher z. B. die ehedem getheilten
Meinungen, ob der Ueberzug in der piscina mirabile
bey Bajä ein von selbst aus dem Wasser abgesetzter Rin-
denstein von Kalksinter, oder aber ein absichtlich aufgetra-
gener künstlicher Mörtel sey. (– s. Götting. gel. An-
zeigen
1791. 188. St. –)

§. 2.

Alle und jede natürliche Körper zeigen, 1) in
Rücksicht ihrer Entstehung, 2) ihres Wachs-
thums
, und 3) ihrer Structur, eine doppelte
Verschiedenheit.

Die einen nähmlich sind allemahl von andern na-
türlichen Körpern derselben Gestalt und Art hervor
gebracht; so daß ihre Existenz in einer ununter-
brochenen Reihe bis zur ersten Schöpfung**)

*)Ars , sive additus rebus homo.” Bacon de Verulam.
de augm. scient. L. II.L'art en général est l'industrie de l'homme appliquée par
ses besoins, ou par son luxe, aux productions de la Nature
.”

Diderot Syst. figuré des connoiss. humaines.
**) Oder wenigstens bis zu ihren ersten Stammältern
hinauf. – Denn ich habe im ersten Theile meiner Beyträge zur
Naturgeschichte
, Facta angeführet, die es mehr als bloß wahr-
scheinlich machen, daß auch selbst in der jetzigen Schöpfung neue
Gattungen von organisirten Körpern entstehen, und gleichsam
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0024" xml:id="pb002_0001" n="2"/>
genannt, wenn der Mensch<note anchored="true" place="foot" n="*)"><p>&#x201E;<hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Ars</hi> , sive additus rebus <hi rendition="#i">homo</hi></hi>.&#x201D; <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Bacon de Verulam</hi></hi>.<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">de augm. scient</hi>. L</hi>. II.</p><p><q type="preline">&#x201C;<hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L'art</hi> en général est l'industrie <hi rendition="#i">de l'homme</hi> appliquée par<lb/>
ses besoins, ou par son luxe, aux productions de la Nature</hi>.&#x201D;</q><lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Diderot</hi><hi rendition="#i">Syst. figuré des connoiss. humaines</hi></hi>.</p></note> absichtlich Verän-<lb/>
derungen mit ihnen vorgenommen.</p>
          <p rendition="#small"><hi rendition="#g">Anm</hi>. 1. Daß übrigens jene Begriffe vom <hi rendition="#g">Wesent-<lb/>
lichen</hi> und vom <hi rendition="#g">Absichtlichen</hi> im gegenwärtigen Falle,<lb/>
bey so verschiedentlicher Rücksicht und Modification, nicht<lb/>
anders als relativ seyn können, bedarf wohl keiner Erin-<lb/>
nerung. &#x2013; Denn so könnte man ein Maulthier, oder einen<lb/>
Caraiben mit seinem durch die Kunst gemodelten Schedel<lb/>
und dergl. mehr, aus gewisser Rücksicht auch zu den Ar-<lb/>
tefacten rechnen.</p>
          <p rendition="#small"><hi rendition="#g">Anm</hi>. 2. Zuweilen können Naturalien manchen Kunst-<lb/>
producten so ähnlich seyn, daß sie schwer von einander zu<lb/>
unterscheiden sind. Daher z. B. die ehedem getheilten<lb/>
Meinungen, ob der Ueberzug in der <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">piscina mirabile</hi></hi><lb/>
bey Bajä ein von selbst aus dem Wasser abgesetzter Rin-<lb/>
denstein von Kalksinter, oder aber ein absichtlich aufgetra-<lb/>
gener künstlicher Mörtel sey. (&#x2013; s. <hi rendition="#g">Götting</hi>. <hi rendition="#g">gel</hi>. <hi rendition="#g">An-<lb/>
zeigen</hi> 1791. 188. St. &#x2013;)</p>
        </div>
        <div n="2">
          <head rendition="#c">§. 2.</head><lb/>
          <p>Alle und jede natürliche Körper zeigen, 1) in<lb/>
Rücksicht ihrer <hi rendition="#g">Entstehung</hi>, 2) ihres <hi rendition="#g">Wachs-<lb/>
thums</hi>, und 3) ihrer <hi rendition="#g">Structur</hi>, eine <hi rendition="#g">doppelte</hi><lb/>
Verschiedenheit.</p>
          <p>Die einen nähmlich sind allemahl von andern na-<lb/>
türlichen Körpern derselben Gestalt und Art hervor<lb/>
gebracht; so daß ihre Existenz in einer ununter-<lb/>
brochenen Reihe bis zur ersten Schöpfung<note anchored="true" place="foot" n="**)"><p>Oder wenigstens <hi rendition="#g">bis zu ihren ersten Stammältern</hi><lb/>
hinauf. &#x2013; Denn ich habe im ersten Theile meiner <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Beyträge zur<lb/>
Naturgeschichte</hi></hi>, Facta angeführet, die es mehr als bloß wahr-<lb/>
scheinlich machen, daß auch selbst in der jetzigen Schöpfung neue<lb/>
Gattungen von organisirten Körpern entstehen, und gleichsam
</p></note></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[2/0024] genannt, wenn der Mensch *) absichtlich Verän- derungen mit ihnen vorgenommen. Anm. 1. Daß übrigens jene Begriffe vom Wesent- lichen und vom Absichtlichen im gegenwärtigen Falle, bey so verschiedentlicher Rücksicht und Modification, nicht anders als relativ seyn können, bedarf wohl keiner Erin- nerung. – Denn so könnte man ein Maulthier, oder einen Caraiben mit seinem durch die Kunst gemodelten Schedel und dergl. mehr, aus gewisser Rücksicht auch zu den Ar- tefacten rechnen. Anm. 2. Zuweilen können Naturalien manchen Kunst- producten so ähnlich seyn, daß sie schwer von einander zu unterscheiden sind. Daher z. B. die ehedem getheilten Meinungen, ob der Ueberzug in der piscina mirabile bey Bajä ein von selbst aus dem Wasser abgesetzter Rin- denstein von Kalksinter, oder aber ein absichtlich aufgetra- gener künstlicher Mörtel sey. (– s. Götting. gel. An- zeigen 1791. 188. St. –) §. 2. Alle und jede natürliche Körper zeigen, 1) in Rücksicht ihrer Entstehung, 2) ihres Wachs- thums, und 3) ihrer Structur, eine doppelte Verschiedenheit. Die einen nähmlich sind allemahl von andern na- türlichen Körpern derselben Gestalt und Art hervor gebracht; so daß ihre Existenz in einer ununter- brochenen Reihe bis zur ersten Schöpfung **) *) „Ars , sive additus rebus homo.” Bacon de Verulam. de augm. scient. L. II. “L'art en général est l'industrie de l'homme appliquée par ses besoins, ou par son luxe, aux productions de la Nature.” Diderot Syst. figuré des connoiss. humaines. **) Oder wenigstens bis zu ihren ersten Stammältern hinauf. – Denn ich habe im ersten Theile meiner Beyträge zur Naturgeschichte, Facta angeführet, die es mehr als bloß wahr- scheinlich machen, daß auch selbst in der jetzigen Schöpfung neue Gattungen von organisirten Körpern entstehen, und gleichsam

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Editura GmbH & Co.KG, Berlin: Volltexterstellung und Basis-TEI-Auszeichung
Johann Friedrich Blumenbach – online: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-08-26T09:00:15Z)
Frank Wiegand: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2013-08-26T09:00:15Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Nicht erfasst: Bogensignaturen und Kustoden, Kolumnentitel.
  • Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterschiede zugunsten der Identifizierung von <titlePart>s verzichtet.
  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.
  • Langes ſ: als s transkribiert.
  • Hochgestellte e über Vokalen: in moderner Schreibweise erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1825
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1825/24
Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 11. Aufl. Göttingen, 1825, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1825/24>, abgerufen am 21.12.2024.