Um diese weiblichen Theile sitzen nun die männlichen oder die Staubfäden (stamina) herum: und bestehen aus dem Faden (fila- mentum), und dem darauf ruhenden Staub- beutel (anthera). Dieser letztere ist mit einem mehligen häufigst gelben Staube (pol- len) überzogen, der aber (wie man unter starker Vergrößerung sieht) eigentlich aus zarten Bläschen besteht, die bey vielen Pflan- zen eine überaus sonderbare Bildung haben, und ein unendlich feineres, duftiges Pulver enthalten, welches seiner Bestimmung nach mit dem männlichen Samen der Thiere ver- glichen zu werden pflegt*).
§. 192.
Bey der Befruchtung fällt jener Blu- menstaub auf die weibliche Narbe: scheint da sich zu öffnen, und sein duftiges Pulver zu verschütten, welches dann vermuthlich durch den Griffel in den Fruchtknoten dringt und die daselbst vorräthig liegenden, bis dahin aber unfruchtbar gewesene Samenkörner fecun- dirt. Wenn man die Blüthe vor der Be-
*) Der gelbe Blumenstaub mancher Gewächse wird zuweilen zur Blüthenzeit und zwar zumahl bey Gewitterregen in Menge abgeweht und abge- schwemmt, wo er sich dann besonders auf stehen- den Wassern, Gossen etc. zeigt, und wohl ehe zur Sage von vermeintem Schwefelregen Anlaß gegeben.
§. 191.
Um diese weiblichen Theile sitzen nun die männlichen oder die Staubfäden (stamina) herum: und bestehen aus dem Faden (fila- mentum), und dem darauf ruhenden Staub- beutel (anthera). Dieser letztere ist mit einem mehligen häufigst gelben Staube (pol- len) überzogen, der aber (wie man unter starker Vergrößerung sieht) eigentlich aus zarten Bläschen besteht, die bey vielen Pflan- zen eine überaus sonderbare Bildung haben, und ein unendlich feineres, duftiges Pulver enthalten, welches seiner Bestimmung nach mit dem männlichen Samen der Thiere ver- glichen zu werden pflegt*).
§. 192.
Bey der Befruchtung fällt jener Blu- menstaub auf die weibliche Narbe: scheint da sich zu öffnen, und sein duftiges Pulver zu verschütten, welches dann vermuthlich durch den Griffel in den Fruchtknoten dringt und die daselbst vorräthig liegenden, bis dahin aber unfruchtbar gewesene Samenkörner fecun- dirt. Wenn man die Blüthe vor der Be-
*) Der gelbe Blumenstaub mancher Gewächse wird zuweilen zur Blüthenzeit und zwar zumahl bey Gewitterregen in Menge abgeweht und abge- schwemmt, wo er sich dann besonders auf stehen- den Wassern, Gossen ꝛc. zeigt, und wohl ehe zur Sage von vermeintem Schwefelregen Anlaß gegeben.
<TEI><textxmlns:xsi="http://www.w3.org/2001/XMLSchema-instance"xml:id="blume_hbnatur_000032"><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0549"xml:id="pb527_0001"n="527"/><headrendition="#c">§. 191.</head><lb/><p>Um diese weiblichen Theile sitzen nun die<lb/>
männlichen oder die Staubfäden (<hirendition="#aq">stamina</hi>)<lb/>
herum: und bestehen aus dem Faden (<hirendition="#aq">fila-<lb/>
mentum</hi>), und dem darauf ruhenden Staub-<lb/>
beutel (<hirendition="#aq">anthera</hi>). Dieser letztere ist mit<lb/>
einem mehligen häufigst gelben Staube (<hirendition="#aq">pol-<lb/>
len</hi>) überzogen, der aber (wie man unter<lb/>
starker Vergrößerung sieht) eigentlich aus<lb/>
zarten Bläschen besteht, die bey vielen Pflan-<lb/>
zen eine überaus sonderbare Bildung haben,<lb/>
und ein unendlich feineres, duftiges Pulver<lb/>
enthalten, welches seiner Bestimmung nach<lb/>
mit dem männlichen Samen der Thiere ver-<lb/>
glichen zu werden pflegt<noteanchored="true"place="foot"n="*)"><p>Der gelbe Blumenstaub mancher Gewächse wird<lb/>
zuweilen zur Blüthenzeit und zwar zumahl bey<lb/>
Gewitterregen in Menge abgeweht und abge-<lb/>
schwemmt, wo er sich dann besonders auf stehen-<lb/>
den Wassern, Gossen ꝛc. zeigt, und wohl ehe zur<lb/>
Sage von vermeintem Schwefelregen Anlaß<lb/>
gegeben.</p></note>.</p></div><divn="2"><headrendition="#c">§. 192.</head><lb/><p>Bey der Befruchtung fällt jener Blu-<lb/>
menstaub auf die weibliche Narbe: scheint<lb/>
da sich zu öffnen, und sein duftiges Pulver<lb/>
zu verschütten, welches dann vermuthlich<lb/>
durch den Griffel in den Fruchtknoten dringt<lb/>
und die daselbst vorräthig liegenden, bis dahin<lb/>
aber unfruchtbar gewesene Samenkörner fecun-<lb/>
dirt. Wenn man die Blüthe vor der Be-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[527/0549]
§. 191.
Um diese weiblichen Theile sitzen nun die
männlichen oder die Staubfäden (stamina)
herum: und bestehen aus dem Faden (fila-
mentum), und dem darauf ruhenden Staub-
beutel (anthera). Dieser letztere ist mit
einem mehligen häufigst gelben Staube (pol-
len) überzogen, der aber (wie man unter
starker Vergrößerung sieht) eigentlich aus
zarten Bläschen besteht, die bey vielen Pflan-
zen eine überaus sonderbare Bildung haben,
und ein unendlich feineres, duftiges Pulver
enthalten, welches seiner Bestimmung nach
mit dem männlichen Samen der Thiere ver-
glichen zu werden pflegt *).
§. 192.
Bey der Befruchtung fällt jener Blu-
menstaub auf die weibliche Narbe: scheint
da sich zu öffnen, und sein duftiges Pulver
zu verschütten, welches dann vermuthlich
durch den Griffel in den Fruchtknoten dringt
und die daselbst vorräthig liegenden, bis dahin
aber unfruchtbar gewesene Samenkörner fecun-
dirt. Wenn man die Blüthe vor der Be-
*) Der gelbe Blumenstaub mancher Gewächse wird
zuweilen zur Blüthenzeit und zwar zumahl bey
Gewitterregen in Menge abgeweht und abge-
schwemmt, wo er sich dann besonders auf stehen-
den Wassern, Gossen ꝛc. zeigt, und wohl ehe zur
Sage von vermeintem Schwefelregen Anlaß
gegeben.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 10. Aufl. Göttingen, 1821, S. 527. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1821/549>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.