nicht. Was ihn hingegen für diesen scheinba- ren Mangel entschädigt, ist der Gebrauch der Vernunft.
Diese mag nun entweder eine ausschließlich eigenthümliche Fähigkeit der menschlichen Seele, oder aber ein unendlich stärkerer Grad einer Fähigkeit seyn, wovon manche Thiere auch einige schwache Spur hätten; oder eine eigene Richtung der gesammten menschlichen Seelen- kräfte u. s. w. so liegt wenigstens der gedachte auszeichnende Vorzug, den der Mensch durch den Besitz derselben erhält, unwiderredlich am Tage.
Denn da ihm die ganze bewohnbare Erde zum Aufenthalt offen steht, und fast die ganze organisirte Schöpfung zur Speise überlassen ist, so erzeugt freylich eben die große Verschie- denheit der Climate, die er bewohnen soll, und der Nahrung, die ihm der Ort seines Aufent- halts gestattet, eben so verschiedene Bedürfnisse, die er durch keinen einförmigen Kunsttrieb, aber wohl durch den Gebrauch seiner sich nach den Umständen gleichsam accommodirenden Ver- nunft auf eben so mannigfaltige Weise zu stil- len vermag.
§. 38.
Wie unendlich aber der Mensch schon durch diesen einzigen Vorzug über die ganze übrige
nicht. Was ihn hingegen für diesen scheinba- ren Mangel entschädigt, ist der Gebrauch der Vernunft.
Diese mag nun entweder eine ausschließlich eigenthümliche Fähigkeit der menschlichen Seele, oder aber ein unendlich stärkerer Grad einer Fähigkeit seyn, wovon manche Thiere auch einige schwache Spur hätten; oder eine eigene Richtung der gesammten menschlichen Seelen- kräfte u. s. w. so liegt wenigstens der gedachte auszeichnende Vorzug, den der Mensch durch den Besitz derselben erhält, unwiderredlich am Tage.
Denn da ihm die ganze bewohnbare Erde zum Aufenthalt offen steht, und fast die ganze organisirte Schöpfung zur Speise überlassen ist, so erzeugt freylich eben die große Verschie- denheit der Climate, die er bewohnen soll, und der Nahrung, die ihm der Ort seines Aufent- halts gestattet, eben so verschiedene Bedürfnisse, die er durch keinen einförmigen Kunsttrieb, aber wohl durch den Gebrauch seiner sich nach den Umständen gleichsam accommodirenden Ver- nunft auf eben so mannigfaltige Weise zu stil- len vermag.
§. 38.
Wie unendlich aber der Mensch schon durch diesen einzigen Vorzug über die ganze übrige
<TEI><textxml:id="blume_hbnatur_000029"><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0064"xml:id="pb044_0001"n="44"/>
nicht. Was ihn hingegen für diesen scheinba-<lb/>
ren Mangel entschädigt, ist der Gebrauch der<lb/>
Vernunft.</p><p>Diese mag nun entweder eine ausschließlich<lb/>
eigenthümliche Fähigkeit der menschlichen Seele,<lb/>
oder aber ein unendlich stärkerer Grad einer<lb/>
Fähigkeit seyn, wovon manche Thiere auch<lb/>
einige schwache Spur hätten; oder eine eigene<lb/>
Richtung der gesammten menschlichen Seelen-<lb/>
kräfte u. s. w. so liegt wenigstens der gedachte<lb/>
auszeichnende Vorzug, den der Mensch durch<lb/>
den Besitz derselben erhält, unwiderredlich am Tage.</p><p>Denn da ihm die ganze bewohnbare Erde<lb/>
zum Aufenthalt offen steht, und fast die ganze<lb/>
organisirte Schöpfung zur Speise überlassen<lb/>
ist, so erzeugt freylich eben die große Verschie-<lb/>
denheit der Climate, die er bewohnen soll, und<lb/>
der Nahrung, die ihm der Ort seines Aufent-<lb/>
halts gestattet, eben so verschiedene Bedürfnisse,<lb/>
die er durch keinen einförmigen Kunsttrieb,<lb/>
aber wohl durch den Gebrauch seiner sich nach<lb/>
den Umständen gleichsam accommodirenden Ver-<lb/>
nunft auf eben so mannigfaltige Weise zu stil-<lb/>
len vermag.</p></div><divn="2"><headrendition="#c">§. 38.</head><lb/><p>Wie unendlich aber der Mensch schon durch<lb/>
diesen einzigen Vorzug über die ganze übrige<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[44/0064]
nicht. Was ihn hingegen für diesen scheinba-
ren Mangel entschädigt, ist der Gebrauch der
Vernunft.
Diese mag nun entweder eine ausschließlich
eigenthümliche Fähigkeit der menschlichen Seele,
oder aber ein unendlich stärkerer Grad einer
Fähigkeit seyn, wovon manche Thiere auch
einige schwache Spur hätten; oder eine eigene
Richtung der gesammten menschlichen Seelen-
kräfte u. s. w. so liegt wenigstens der gedachte
auszeichnende Vorzug, den der Mensch durch
den Besitz derselben erhält, unwiderredlich am Tage.
Denn da ihm die ganze bewohnbare Erde
zum Aufenthalt offen steht, und fast die ganze
organisirte Schöpfung zur Speise überlassen
ist, so erzeugt freylich eben die große Verschie-
denheit der Climate, die er bewohnen soll, und
der Nahrung, die ihm der Ort seines Aufent-
halts gestattet, eben so verschiedene Bedürfnisse,
die er durch keinen einförmigen Kunsttrieb,
aber wohl durch den Gebrauch seiner sich nach
den Umständen gleichsam accommodirenden Ver-
nunft auf eben so mannigfaltige Weise zu stil-
len vermag.
§. 38.
Wie unendlich aber der Mensch schon durch
diesen einzigen Vorzug über die ganze übrige
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 7. Aufl. Göttingen, 1803, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1803/64>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.