Das Fortpflanzungsgeschäfte der Amphi- bien hat ungemein viel sonderbares. Der Paa- rungstrieb ist bey vielen so heftig, daß man z. B. Frösche gesehen hat, die in Ermangelung eines Weibchens andre männliche Frösche oder Kröten oder gar todte Weibchen besprungen haben. Bey den mehresten Fröschen und See-Schildkröten dauert die Paarung mehrere Tage, ja Wochen lang. Die Vipern schlängeln sich in der Paa- rung mit dem Hinterleibe aufs innigste um ein- ander, und züngeln dabey mit gebognem Halse auf einander los. Die Wassermolche hingegen umfassen einander gar nicht, sondern das Männ- chen schwimmt zur Brunstzeit bloß um sein Weibchen herum und bespritzt die Eyerchen so wie sie dieselben von sich gibt, von der Ferne.
§. 94.
Die Amphibien sind, bis auf sehr wenige Ausnahmen, sämmtlich Eyerlegende Thiere. Aber manche, zumahl unter den Schlangen etc. geben die Eyer nicht eher von sich, als bis das darin befindliche Junge schon meist seine völlige Aus- bildung erhalten hat. Die Pipa heckt ihre Junge aus dem Rücken aus.
Anm. 1. Ein Salamander, den ich wenigstens vom Ende des Sommers an ganzer vier Monathe lang völlig isolirt in einem Glase gehalten, hat hierauf um Neujahr herum ganz unerwartet binnen weni- gen Tagen 34 Junge geheckt, so daß folglich hier eine ehemahlige Befruchtung, auf eine noch weit
§. 93.
Das Fortpflanzungsgeschäfte der Amphi- bien hat ungemein viel sonderbares. Der Paa- rungstrieb ist bey vielen so heftig, daß man z. B. Frösche gesehen hat, die in Ermangelung eines Weibchens andre männliche Frösche oder Kröten oder gar todte Weibchen besprungen haben. Bey den mehresten Fröschen und See-Schildkröten dauert die Paarung mehrere Tage, ja Wochen lang. Die Vipern schlängeln sich in der Paa- rung mit dem Hinterleibe aufs innigste um ein- ander, und züngeln dabey mit gebognem Halse auf einander los. Die Wassermolche hingegen umfassen einander gar nicht, sondern das Männ- chen schwimmt zur Brunstzeit bloß um sein Weibchen herum und bespritzt die Eyerchen so wie sie dieselben von sich gibt, von der Ferne.
§. 94.
Die Amphibien sind, bis auf sehr wenige Ausnahmen, sämmtlich Eyerlegende Thiere. Aber manche, zumahl unter den Schlangen ꝛc. geben die Eyer nicht eher von sich, als bis das darin befindliche Junge schon meist seine völlige Aus- bildung erhalten hat. Die Pipa heckt ihre Junge aus dem Rücken aus.
Anm. 1. Ein Salamander, den ich wenigstens vom Ende des Sommers an ganzer vier Monathe lang völlig isolirt in einem Glase gehalten, hat hierauf um Neujahr herum ganz unerwartet binnen weni- gen Tagen 34 Junge geheckt, so daß folglich hier eine ehemahlige Befruchtung, auf eine noch weit
<TEI><textxml:id="blume_hbnatur_000026"><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0248"xml:id="pb226_0001"n="226"/><headrendition="#c">§. 93.</head><lb/><p>Das Fortpflanzungsgeschäfte der Amphi-<lb/>
bien hat ungemein viel sonderbares. Der Paa-<lb/>
rungstrieb ist bey vielen so heftig, daß man z. B.<lb/>
Frösche gesehen hat, die in Ermangelung eines<lb/>
Weibchens andre männliche Frösche oder Kröten<lb/>
oder gar todte Weibchen besprungen haben. Bey<lb/>
den mehresten Fröschen und See-Schildkröten<lb/>
dauert die Paarung mehrere Tage, ja Wochen<lb/>
lang. Die Vipern schlängeln sich in der Paa-<lb/>
rung mit dem Hinterleibe aufs innigste um ein-<lb/>
ander, und züngeln dabey mit gebognem Halse<lb/>
auf einander los. Die Wassermolche hingegen<lb/>
umfassen einander gar nicht, sondern das Männ-<lb/>
chen schwimmt zur Brunstzeit bloß um sein<lb/>
Weibchen herum und bespritzt die Eyerchen so<lb/>
wie sie dieselben von sich gibt, von der Ferne.</p></div><divn="2"><headrendition="#c">§. 94.</head><lb/><p>Die Amphibien sind, bis auf sehr wenige<lb/>
Ausnahmen, sämmtlich Eyerlegende Thiere. Aber<lb/>
manche, zumahl unter den Schlangen ꝛc. geben<lb/>
die Eyer nicht eher von sich, als bis das darin<lb/>
befindliche Junge schon meist seine völlige Aus-<lb/>
bildung erhalten hat. Die Pipa heckt ihre Junge<lb/>
aus dem Rücken aus.</p><prendition="#indent-1 #small">Anm. 1. Ein Salamander, den ich wenigstens vom<lb/>
Ende des Sommers an ganzer vier Monathe lang<lb/>
völlig isolirt in einem Glase gehalten, hat hierauf<lb/>
um Neujahr herum ganz unerwartet binnen weni-<lb/>
gen Tagen 34 Junge geheckt, so daß folglich hier<lb/>
eine ehemahlige Befruchtung, auf eine noch weit<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[226/0248]
§. 93.
Das Fortpflanzungsgeschäfte der Amphi-
bien hat ungemein viel sonderbares. Der Paa-
rungstrieb ist bey vielen so heftig, daß man z. B.
Frösche gesehen hat, die in Ermangelung eines
Weibchens andre männliche Frösche oder Kröten
oder gar todte Weibchen besprungen haben. Bey
den mehresten Fröschen und See-Schildkröten
dauert die Paarung mehrere Tage, ja Wochen
lang. Die Vipern schlängeln sich in der Paa-
rung mit dem Hinterleibe aufs innigste um ein-
ander, und züngeln dabey mit gebognem Halse
auf einander los. Die Wassermolche hingegen
umfassen einander gar nicht, sondern das Männ-
chen schwimmt zur Brunstzeit bloß um sein
Weibchen herum und bespritzt die Eyerchen so
wie sie dieselben von sich gibt, von der Ferne.
§. 94.
Die Amphibien sind, bis auf sehr wenige
Ausnahmen, sämmtlich Eyerlegende Thiere. Aber
manche, zumahl unter den Schlangen ꝛc. geben
die Eyer nicht eher von sich, als bis das darin
befindliche Junge schon meist seine völlige Aus-
bildung erhalten hat. Die Pipa heckt ihre Junge
aus dem Rücken aus.
Anm. 1. Ein Salamander, den ich wenigstens vom
Ende des Sommers an ganzer vier Monathe lang
völlig isolirt in einem Glase gehalten, hat hierauf
um Neujahr herum ganz unerwartet binnen weni-
gen Tagen 34 Junge geheckt, so daß folglich hier
eine ehemahlige Befruchtung, auf eine noch weit
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 5. Aufl. Göttingen, 1797, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1797/248>, abgerufen am 30.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.