tritions- und Reproductions-Geschäftes weit an- gemeßner, wenn man annimmt: daß keine prä- formirte Keime präexistiren; sondern daß in dem vorher rohen ungebildeten Zeugungsstoff der organisirten Körper, nachdem er zu seiner Reife und an den Ort seiner Bestimmung gelangt ist, ein besonderer, dann lebenslang thätiger Trieb rege wird, ihre bestimmte Gestalt anfangs an- zunehmen, dann lebenslang zu erhalten, und wenn sie ja etwa verstümmelt worden, wo mög- lich wieder herzustellen. Ein Trieb der folglich die erste wichtigste Kraft zu aller Zeugung, Er- nährung und Reproduction zu seyn scheint, und den man, um ihn von allen andern Lebenskräf- ten zu unterscheiden, mit dem Namen des Bil- dungstriebes (nisus formatiuus) belegen kann*).
§. 11.
Die Ursache dieses Bildungstriebes läßt sich freylich eben so wenig als die der Attraction oder der Schwere und anderer noch so allgemein an- erkannten Naturkräfte angeben. Genug daß es eine eigenthümliche Kraft ist, deren unläugbare Existenz und ausgedehnte Wirksamkeit sich durch
*) Dieß alles habe ich in der Schrift über den Bil- dungstrieb. Götting. 1789. 8. weiter ausgeführt, die ich nicht mit der unreifern Abhandlung, die unter einem ähnlichen Titel 1781. erschienen ist. zu verwechseln bitte.
tritions- und Reproductions-Geschäftes weit an- gemeßner, wenn man annimmt: daß keine prä- formirte Keime präexistiren; sondern daß in dem vorher rohen ungebildeten Zeugungsstoff der organisirten Körper, nachdem er zu seiner Reife und an den Ort seiner Bestimmung gelangt ist, ein besonderer, dann lebenslang thätiger Trieb rege wird, ihre bestimmte Gestalt anfangs an- zunehmen, dann lebenslang zu erhalten, und wenn sie ja etwa verstümmelt worden, wo mög- lich wieder herzustellen. Ein Trieb der folglich die erste wichtigste Kraft zu aller Zeugung, Er- nährung und Reproduction zu seyn scheint, und den man, um ihn von allen andern Lebenskräf- ten zu unterscheiden, mit dem Namen des Bil- dungstriebes (nisus formatiuus) belegen kann*).
§. 11.
Die Ursache dieses Bildungstriebes läßt sich freylich eben so wenig als die der Attraction oder der Schwere und anderer noch so allgemein an- erkannten Naturkräfte angeben. Genug daß es eine eigenthümliche Kraft ist, deren unläugbare Existenz und ausgedehnte Wirksamkeit sich durch
*) Dieß alles habe ich in der Schrift über den Bil- dungstrieb. Götting. 1789. 8. weiter ausgeführt, die ich nicht mit der unreifern Abhandlung, die unter einem ähnlichen Titel 1781. erschienen ist. zu verwechseln bitte.
<TEI><textxml:id="blume_hbnatur_000025"><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0029"xml:id="pb013_0001"n="13"/>
tritions- und Reproductions-Geschäftes weit an-<lb/>
gemeßner, wenn man annimmt: daß keine prä-<lb/>
formirte Keime präexistiren; sondern daß in<lb/>
dem vorher rohen ungebildeten Zeugungsstoff der<lb/>
organisirten Körper, nachdem er zu seiner Reife<lb/>
und an den Ort seiner Bestimmung gelangt ist,<lb/>
ein besonderer, dann lebenslang thätiger Trieb<lb/>
rege wird, ihre bestimmte Gestalt anfangs an-<lb/>
zunehmen, dann lebenslang zu erhalten, und<lb/>
wenn sie ja etwa verstümmelt worden, wo mög-<lb/>
lich wieder herzustellen. Ein Trieb der folglich<lb/>
die erste wichtigste Kraft zu aller Zeugung, Er-<lb/>
nährung und Reproduction zu seyn scheint, und<lb/>
den man, um ihn von allen andern Lebenskräf-<lb/>
ten zu unterscheiden, mit dem Namen des Bil-<lb/>
dungstriebes (<hirendition="#aq">nisus formatiuus</hi>) belegen<lb/>
kann<noteanchored="true"place="foot"n="*)"><p>Dieß alles habe ich in der Schrift <hirendition="#aq"><hirendition="#i">über den Bil-<lb/>
dungstrieb</hi></hi>. Götting. 1789. 8. weiter ausgeführt,<lb/>
die ich nicht mit der unreifern Abhandlung, die<lb/>
unter einem ähnlichen Titel 1781. erschienen ist.<lb/>
zu verwechseln bitte.</p></note>.</p></div><divn="2"><headrendition="#c">§. 11.</head><lb/><p>Die Ursache dieses Bildungstriebes läßt sich<lb/>
freylich eben so wenig als die der Attraction oder<lb/>
der Schwere und anderer noch so allgemein an-<lb/>
erkannten Naturkräfte angeben. Genug daß es<lb/>
eine eigenthümliche Kraft ist, deren unläugbare<lb/>
Existenz und ausgedehnte Wirksamkeit sich durch<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[13/0029]
tritions- und Reproductions-Geschäftes weit an-
gemeßner, wenn man annimmt: daß keine prä-
formirte Keime präexistiren; sondern daß in
dem vorher rohen ungebildeten Zeugungsstoff der
organisirten Körper, nachdem er zu seiner Reife
und an den Ort seiner Bestimmung gelangt ist,
ein besonderer, dann lebenslang thätiger Trieb
rege wird, ihre bestimmte Gestalt anfangs an-
zunehmen, dann lebenslang zu erhalten, und
wenn sie ja etwa verstümmelt worden, wo mög-
lich wieder herzustellen. Ein Trieb der folglich
die erste wichtigste Kraft zu aller Zeugung, Er-
nährung und Reproduction zu seyn scheint, und
den man, um ihn von allen andern Lebenskräf-
ten zu unterscheiden, mit dem Namen des Bil-
dungstriebes (nisus formatiuus) belegen
kann *).
§. 11.
Die Ursache dieses Bildungstriebes läßt sich
freylich eben so wenig als die der Attraction oder
der Schwere und anderer noch so allgemein an-
erkannten Naturkräfte angeben. Genug daß es
eine eigenthümliche Kraft ist, deren unläugbare
Existenz und ausgedehnte Wirksamkeit sich durch
*) Dieß alles habe ich in der Schrift über den Bil-
dungstrieb. Götting. 1789. 8. weiter ausgeführt,
die ich nicht mit der unreifern Abhandlung, die
unter einem ähnlichen Titel 1781. erschienen ist.
zu verwechseln bitte.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 4. Aufl. Göttingen, 1791, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1791/29>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.