Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 3. Aufl. Göttingen, 1788.

Bild:
<< vorherige Seite

weben, die Failgruben des Ameisenlöwen; fer-
ner die Auswahl der bestimmten Bau-Mate-
rialien, und die regelmäßige - aber ewig einför-
mige - Gestalt dieser Wohnungen überhaupt,
folgends aber die einzelnen erstaunenswürdigen
Beyspiele wie z. E. der Bienen die nicht einerley
- sondern drey ganz verschiedne Sorten von
Zellen, nach eben so verschiedenen Maas und
Zweck erbauen müssen; vor allen aber die innere
Einrichtung der colossalischen Wohnhügel der
sogenannten weißen Ameisen u. s. w. geben un-
erschöpflich zahlreiche Beweise von der Größe
und Mannichfaltigkeit dieser unbegreiflichen Na-
turtriebe.

§. 37.

Der Mensch zeigt außer den Begattungs-
trieben wenig andere Spuren von Instinct:
Kunsttriebe aber hat er folgends ganz und gar
nicht. Was ihn hingegen reichlich für diesen
Mangel entschädigt, ist der Gebrauch der Ver-
nunft, die ihm allein ausschließlich, und durch-
aus keinem andern Thiere zukommt, und die
sich schon dadurch von den Instincten aufs deut-
lichste auszeichnet, daß sie erstens nicht so wie
diese eine angebohrne Fertigkeit ist, sondern erst
durch Erziehung, Unterricht und Cultur gleichsam
entwickelt und ausgebildet werden muß; daß sie
aber dagegen zweytens auch unendlich unbe-
schränkter und eines täglich zunehmenden Wachs-

weben, die Failgruben des Ameisenlöwen; fer-
ner die Auswahl der bestimmten Bau-Mate-
rialien, und die regelmäßige – aber ewig einför-
mige – Gestalt dieser Wohnungen überhaupt,
folgends aber die einzelnen erstaunenswürdigen
Beyspiele wie z. E. der Bienen die nicht einerley
– sondern drey ganz verschiedne Sorten von
Zellen, nach eben so verschiedenen Maas und
Zweck erbauen müssen; vor allen aber die innere
Einrichtung der colossalischen Wohnhügel der
sogenannten weißen Ameisen u. s. w. geben un-
erschöpflich zahlreiche Beweise von der Größe
und Mannichfaltigkeit dieser unbegreiflichen Na-
turtriebe.

§. 37.

Der Mensch zeigt außer den Begattungs-
trieben wenig andere Spuren von Instinct:
Kunsttriebe aber hat er folgends ganz und gar
nicht. Was ihn hingegen reichlich für diesen
Mangel entschädigt, ist der Gebrauch der Ver-
nunft, die ihm allein ausschließlich, und durch-
aus keinem andern Thiere zukommt, und die
sich schon dadurch von den Instincten aufs deut-
lichste auszeichnet, daß sie erstens nicht so wie
diese eine angebohrne Fertigkeit ist, sondern erst
durch Erziehung, Unterricht und Cultur gleichsam
entwickelt und ausgebildet werden muß; daß sie
aber dagegen zweytens auch unendlich unbe-
schränkter und eines täglich zunehmenden Wachs-

<TEI>
  <text xml:id="blume_hbnatur_000024">
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0058" xml:id="pb038_0001" n="38"/>
weben,                         die Failgruben des Ameisenlöwen; fer-<lb/>
ner die Auswahl der                         bestimmten Bau-Mate-<lb/>
rialien, und die regelmäßige &#x2013; aber                         ewig einför-<lb/>
mige &#x2013; Gestalt dieser Wohnungen                         überhaupt,<lb/>
folgends aber die einzelnen erstaunenswürdigen<lb/>
Beyspiele                         wie z. E. der Bienen die nicht einerley<lb/>
&#x2013; sondern drey ganz verschiedne                         Sorten von<lb/>
Zellen, nach eben so verschiedenen Maas und<lb/>
Zweck erbauen                         müssen; vor allen aber die innere<lb/>
Einrichtung der colossalischen                         Wohnhügel der<lb/>
sogenannten weißen Ameisen u. s. w. geben un-<lb type="inWord"/>
erschöpflich zahlreiche Beweise von der Größe<lb/>
und                         Mannichfaltigkeit dieser unbegreiflichen Na-<lb/>
turtriebe.</p>
        </div>
        <div n="2">
          <head rendition="#c">§. 37.</head><lb/>
          <p>Der Mensch zeigt außer den Begattungs-<lb/>
trieben wenig andere                         Spuren von Instinct:<lb/>
Kunsttriebe aber hat er folgends ganz und                         gar<lb/>
nicht. Was ihn hingegen reichlich für diesen<lb/>
Mangel entschädigt,                         ist der Gebrauch der Ver-<lb/>
nunft, die ihm allein                         ausschließlich, und durch-<lb/>
aus keinem andern Thiere                         zukommt, und die<lb/>
sich schon dadurch von den Instincten aufs deut-<lb type="inWord"/>
lichste auszeichnet, daß sie erstens nicht so wie<lb/>
diese                         eine angebohrne Fertigkeit ist, sondern erst<lb/>
durch Erziehung, Unterricht                         und Cultur gleichsam<lb/>
entwickelt und ausgebildet werden muß; daß                         sie<lb/>
aber dagegen zweytens auch unendlich unbe-<lb/>
schränkter und eines täglich zunehmenden Wachs-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[38/0058] weben, die Failgruben des Ameisenlöwen; fer- ner die Auswahl der bestimmten Bau-Mate- rialien, und die regelmäßige – aber ewig einför- mige – Gestalt dieser Wohnungen überhaupt, folgends aber die einzelnen erstaunenswürdigen Beyspiele wie z. E. der Bienen die nicht einerley – sondern drey ganz verschiedne Sorten von Zellen, nach eben so verschiedenen Maas und Zweck erbauen müssen; vor allen aber die innere Einrichtung der colossalischen Wohnhügel der sogenannten weißen Ameisen u. s. w. geben un- erschöpflich zahlreiche Beweise von der Größe und Mannichfaltigkeit dieser unbegreiflichen Na- turtriebe. §. 37. Der Mensch zeigt außer den Begattungs- trieben wenig andere Spuren von Instinct: Kunsttriebe aber hat er folgends ganz und gar nicht. Was ihn hingegen reichlich für diesen Mangel entschädigt, ist der Gebrauch der Ver- nunft, die ihm allein ausschließlich, und durch- aus keinem andern Thiere zukommt, und die sich schon dadurch von den Instincten aufs deut- lichste auszeichnet, daß sie erstens nicht so wie diese eine angebohrne Fertigkeit ist, sondern erst durch Erziehung, Unterricht und Cultur gleichsam entwickelt und ausgebildet werden muß; daß sie aber dagegen zweytens auch unendlich unbe- schränkter und eines täglich zunehmenden Wachs-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Editura GmbH & Co.KG, Berlin: Volltexterstellung und Basis-TEI-Auszeichung
Johann Friedrich Blumenbach – online: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-08-26T09:00:15Z)
Frank Wiegand: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2013-08-26T09:00:15Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Nicht erfasst: Bogensignaturen und Kustoden, Kolumnentitel.
  • Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterschiede zugunsten der Identifizierung von <titlePart>s verzichtet.
  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.
  • Langes ſ: als s transkribiert.
  • Hochgestellte e über Vokalen: in moderner Schreibweise erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1788
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1788/58
Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 3. Aufl. Göttingen, 1788, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1788/58>, abgerufen am 03.12.2024.