Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 2. Aufl. Göttingen, 1782.

Bild:
<< vorherige Seite

so wie viele andere Thiere aus der Classe der
Würmer, ihren einmal eingenommenen Platz
nie von selbst wieder verlassen kann.

§. 6.

Andere berühmte Männer, haben, zumal
ganz neuerlich, die Gränzen zwischen Thier-
und Pflanzen-Reich gänzlich aufzuheben ge-
trachtet; indem sie sich auf organisirte Körper
bezogen haben, die gleich viel Anspruch aus
thierische und Pflanzen-Natur machen könnten,
die folglich mit Unrecht zu einem organisirten
Reiche insbesondere gezählt würden, sondern
die das Band zwischen beiden, und einen un-
merklichen Uebergang vom einen zum andern,
abgäben. Allein diese Einwürfe verschwinden,
sobald man sich über die Eigenschaften ver-
gleicht, die man zu einem Thier oder zu einer
Pflanze erfodert. Wir haben uns erklärt,
was wir für Begriffe mit Animalität oder Ve-
getabilität verbinden, und so ist unserm Be-
dünken nach alle Zweydeutigkeit und Ungewiß-
heit über diese Punkte gehoben. Der Polype
läßt sich zwar durch Zweige fortpflanzen, wie eine
Weide; aber wie kan er nun deswegen gleich
zur Pflanze, oder doch zum Mittelding zwi-
schen ihr und einem Thiere gemacht werden?
Er verschlingt seine Würmchen durch eine große
Oeffnung die an seinem Körper ist, und zieht
seine Nährung nicht durch Wurzelzäserchen in

so wie viele andere Thiere aus der Classe der
Würmer, ihren einmal eingenommenen Platz
nie von selbst wieder verlassen kann.

§. 6.

Andere berühmte Männer, haben, zumal
ganz neuerlich, die Gränzen zwischen Thier-
und Pflanzen-Reich gänzlich aufzuheben ge-
trachtet; indem sie sich auf organisirte Körper
bezogen haben, die gleich viel Anspruch aus
thierische und Pflanzen-Natur machen könnten,
die folglich mit Unrecht zu einem organisirten
Reiche insbesondere gezählt würden, sondern
die das Band zwischen beiden, und einen un-
merklichen Uebergang vom einen zum andern,
abgäben. Allein diese Einwürfe verschwinden,
sobald man sich über die Eigenschaften ver-
gleicht, die man zu einem Thier oder zu einer
Pflanze erfodert. Wir haben uns erklärt,
was wir für Begriffe mit Animalität oder Ve-
getabilität verbinden, und so ist unserm Be-
dünken nach alle Zweydeutigkeit und Ungewiß-
heit über diese Punkte gehoben. Der Polype
läßt sich zwar durch Zweige fortpflanzen, wie eine
Weide; aber wie kan er nun deswegen gleich
zur Pflanze, oder doch zum Mittelding zwi-
schen ihr und einem Thiere gemacht werden?
Er verschlingt seine Würmchen durch eine große
Oeffnung die an seinem Körper ist, und zieht
seine Nährung nicht durch Wurzelzäserchen in

<TEI>
  <text xml:id="blume_hbnatur_000023">
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0018" xml:id="pb006_0001" n="6"/>
so wie viele andere Thiere aus der Classe der<lb/>
Würmer, ihren einmal eingenommenen Platz<lb/>
nie von selbst wieder verlassen kann.</p>
        </div>
        <div n="2">
          <head rendition="#c">§. 6.</head><lb/>
          <p>Andere berühmte Männer, haben, zumal<lb/>
ganz neuerlich, die Gränzen zwischen Thier-<lb/>
und Pflanzen-Reich gänzlich aufzuheben ge-<lb/>
trachtet; indem sie sich auf organisirte Körper<lb/>
bezogen haben, die gleich viel Anspruch aus<lb/>
thierische und Pflanzen-Natur machen könnten,<lb/>
die folglich mit Unrecht zu einem organisirten<lb/>
Reiche insbesondere gezählt würden, sondern<lb/>
die das Band zwischen beiden, und einen un-<lb/>
merklichen Uebergang vom einen zum andern,<lb/>
abgäben. Allein diese Einwürfe verschwinden,<lb/>
sobald man sich über die Eigenschaften ver-<lb/>
gleicht, die man zu einem Thier oder zu einer<lb/>
Pflanze erfodert. Wir haben uns erklärt,<lb/>
was wir für Begriffe mit Animalität oder Ve-<lb/>
getabilität verbinden, und so ist unserm Be-<lb/>
dünken nach alle Zweydeutigkeit und Ungewiß-<lb/>
heit über diese Punkte gehoben. Der Polype<lb/>
läßt sich zwar durch Zweige fortpflanzen, wie eine<lb/>
Weide; aber wie kan er nun deswegen gleich<lb/>
zur Pflanze, oder doch zum Mittelding zwi-<lb/>
schen ihr und einem Thiere gemacht werden?<lb/>
Er verschlingt seine Würmchen durch eine große<lb/>
Oeffnung die an seinem Körper ist, und zieht<lb/>
seine Nährung nicht durch Wurzelzäserchen in<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[6/0018] so wie viele andere Thiere aus der Classe der Würmer, ihren einmal eingenommenen Platz nie von selbst wieder verlassen kann. §. 6. Andere berühmte Männer, haben, zumal ganz neuerlich, die Gränzen zwischen Thier- und Pflanzen-Reich gänzlich aufzuheben ge- trachtet; indem sie sich auf organisirte Körper bezogen haben, die gleich viel Anspruch aus thierische und Pflanzen-Natur machen könnten, die folglich mit Unrecht zu einem organisirten Reiche insbesondere gezählt würden, sondern die das Band zwischen beiden, und einen un- merklichen Uebergang vom einen zum andern, abgäben. Allein diese Einwürfe verschwinden, sobald man sich über die Eigenschaften ver- gleicht, die man zu einem Thier oder zu einer Pflanze erfodert. Wir haben uns erklärt, was wir für Begriffe mit Animalität oder Ve- getabilität verbinden, und so ist unserm Be- dünken nach alle Zweydeutigkeit und Ungewiß- heit über diese Punkte gehoben. Der Polype läßt sich zwar durch Zweige fortpflanzen, wie eine Weide; aber wie kan er nun deswegen gleich zur Pflanze, oder doch zum Mittelding zwi- schen ihr und einem Thiere gemacht werden? Er verschlingt seine Würmchen durch eine große Oeffnung die an seinem Körper ist, und zieht seine Nährung nicht durch Wurzelzäserchen in

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Editura GmbH & Co.KG, Berlin: Volltexterstellung und Basis-TEI-Auszeichung
Johann Friedrich Blumenbach – online: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-08-26T09:00:15Z)
Frank Wiegand: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2013-08-26T09:00:15Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Nicht erfasst: Bogensignaturen und Kustoden, Kolumnentitel.
  • Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterschiede zugunsten der Identifizierung von <titlePart>s verzichtet.
  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.
  • Langes ſ: als s transkribiert.
  • Hochgestellte e über Vokalen: in moderner Schreibweise erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1782
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1782/18
Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 2. Aufl. Göttingen, 1782, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1782/18>, abgerufen am 03.12.2024.