und hingegen die Gewächse, wenn sie aus ih- rem eigenthümlichen Erdreich in fremdes von anderer Art verpflanzt werden, in der Bildung und in der Kraft ausarten. So verlieren man- che giftige Sumpfpflanzen in dürrem sandichten Boden ihre Schädlichkeit: so artet der Wein- stock in fremden Ländern aus u. s. w.
§. 179.
Die Nothwendigkeit des gemischten Nah- rungssaftes für die Pflanzen wird weder durch das Beyspiel der Hyacinthenzwiebeln, die man auf blossem Wasser wachsen läßt; noch durch Bonners Versuche, Pflanzen in nassen Pa- pierspänen und Baumwolle oder Moos auszu- ziehen; noch durch die Erscheinung entkräftet, da man grosse Pflanzen aus Dachen, und an kahlen Felsen und Mauern heraus wachsen sieht. Denn jenes Wasser, Moos etc. ist nicht von Er- de, Salz etc. entblöst. Und um nackte Mauern und Felsen mit Gewächsen zu beleben, läßt die Natur erst trockne Schorf-Moose (Lichenes) anfliegen, die wenig Nahrung bedürfen: wenn diese dann absterben und selbst zu Erde zerfal- len, so kan aus ihrem vom Regen und Than befeuchteten Moder ein Saamenkorn, das etwa von Vögeln dahin gebracht worden, auskei- men und Nahrung ziehen.
und hingegen die Gewächse, wenn sie aus ih- rem eigenthümlichen Erdreich in fremdes von anderer Art verpflanzt werden, in der Bildung und in der Kraft ausarten. So verlieren man- che giftige Sumpfpflanzen in dürrem sandichten Boden ihre Schädlichkeit: so artet der Wein- stock in fremden Ländern aus u. s. w.
§. 179.
Die Nothwendigkeit des gemischten Nah- rungssaftes für die Pflanzen wird weder durch das Beyspiel der Hyacinthenzwiebeln, die man auf blossem Wasser wachsen läßt; noch durch Bonners Versuche, Pflanzen in nassen Pa- pierspänen und Baumwolle oder Moos auszu- ziehen; noch durch die Erscheinung entkräftet, da man grosse Pflanzen aus Dachen, und an kahlen Felsen und Mauern heraus wachsen sieht. Denn jenes Wasser, Moos ꝛc. ist nicht von Er- de, Salz ꝛc. entblöst. Und um nackte Mauern und Felsen mit Gewächsen zu beleben, läßt die Natur erst trockne Schorf-Moose (Lichenes) anfliegen, die wenig Nahrung bedürfen: wenn diese dann absterben und selbst zu Erde zerfal- len, so kan aus ihrem vom Regen und Than befeuchteten Moder ein Saamenkorn, das etwa von Vögeln dahin gebracht worden, auskei- men und Nahrung ziehen.
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[453/0009]
und hingegen die Gewächse, wenn sie aus ih-
rem eigenthümlichen Erdreich in fremdes von
anderer Art verpflanzt werden, in der Bildung
und in der Kraft ausarten. So verlieren man-
che giftige Sumpfpflanzen in dürrem sandichten
Boden ihre Schädlichkeit: so artet der Wein-
stock in fremden Ländern aus u. s. w.
§. 179.
Die Nothwendigkeit des gemischten Nah-
rungssaftes für die Pflanzen wird weder durch
das Beyspiel der Hyacinthenzwiebeln, die man
auf blossem Wasser wachsen läßt; noch durch
Bonners Versuche, Pflanzen in nassen Pa-
pierspänen und Baumwolle oder Moos auszu-
ziehen; noch durch die Erscheinung entkräftet,
da man grosse Pflanzen aus Dachen, und an
kahlen Felsen und Mauern heraus wachsen sieht.
Denn jenes Wasser, Moos ꝛc. ist nicht von Er-
de, Salz ꝛc. entblöst. Und um nackte Mauern
und Felsen mit Gewächsen zu beleben, läßt die
Natur erst trockne Schorf-Moose (Lichenes)
anfliegen, die wenig Nahrung bedürfen: wenn
diese dann absterben und selbst zu Erde zerfal-
len, so kan aus ihrem vom Regen und Than
befeuchteten Moder ein Saamenkorn, das etwa
von Vögeln dahin gebracht worden, auskei-
men und Nahrung ziehen.
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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. Bd. 2. Göttingen, 1780, S. 453. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1780/9>, abgerufen am 03.03.2025.
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