Mit dem Hirnschädel eines jüngern Menschen- ähnlichen Thieres, dessen Skeletts Ueberreste ich zu London im britannischen Museum entdeckte, verhält es sich aber anders. Dem alten noch daran han- genden Zettel zu folge, war es ein Orang-Utang, welchen der Schifskapitain Aprix von der Insel Su- matra mitgebracht hatte. In diesem Hirnschädel war auch nicht ein Schatten von den Näthen des Zwischenkinnladenbeines, ob schon die übrigen ins- gesamt vorhanden waren.
Aber auch weder Ed. Tyson hat sie in seinem Troglodyten von Angola gefunden, noch sind sie sichtbar in Daubentons Abbildung eines ähnlichen Hirnschädels von einem ebendaselbst erzeugten Thiere.
Dem sey indessen, wie ihm wolle, so ist doch dieses ausgemacht, was man ebenfalls zu den Merk- zeichen des Menschen rechnen kann, daß die Kinn- backen in den Hirnschädeln der genannten Affen und übrigen Säugthiere bey weitem mehr vorwärts ragen.
§. 16. B) Die Unterschiebe des Menschen von den andern Säug- thieren in Ansehung einiger innern Theile.
Man sieht leicht ein, daß hier nur von wenigen und zwar den besondersten Unterschieden der Art die Rede seyn könne.
Um also von dem Kopfe anzufangen, so hat der Mensch einiges minder Wichtige, z. B. die Kry- stall- oder Augenlinse, welche (das Wallfischgeschlecht etwa ungerechnet) bey ihm nach Verhältniß sehr klein scheint, und bey dem Erwachsenen nicht so erhaben, als bey andern Thieren, ist das große
Hin-
Mit dem Hirnſchaͤdel eines juͤngern Menſchen- aͤhnlichen Thieres, deſſen Skeletts Ueberreſte ich zu London im britanniſchen Muſeum entdeckte, verhaͤlt es ſich aber anders. Dem alten noch daran han- genden Zettel zu folge, war es ein Orang-Utang, welchen der Schifskapitain Aprix von der Inſel Su- matra mitgebracht hatte. In dieſem Hirnſchaͤdel war auch nicht ein Schatten von den Naͤthen des Zwiſchenkinnladenbeines, ob ſchon die uͤbrigen ins- geſamt vorhanden waren.
Aber auch weder Ed. Tyſon hat ſie in ſeinem Troglodyten von Angola gefunden, noch ſind ſie ſichtbar in Daubentons Abbildung eines aͤhnlichen Hirnſchaͤdels von einem ebendaſelbſt erzeugten Thiere.
Dem ſey indeſſen, wie ihm wolle, ſo iſt doch dieſes ausgemacht, was man ebenfalls zu den Merk- zeichen des Menſchen rechnen kann, daß die Kinn- backen in den Hirnſchaͤdeln der genannten Affen und uͤbrigen Saͤugthiere bey weitem mehr vorwaͤrts ragen.
§. 16. B) Die Unterſchiebe des Menſchen von den andern Säug- thieren in Anſehung einiger innern Theile.
Man ſieht leicht ein, daß hier nur von wenigen und zwar den beſonderſten Unterſchieden der Art die Rede ſeyn koͤnne.
Um alſo von dem Kopfe anzufangen, ſo hat der Menſch einiges minder Wichtige, z. B. die Kry- ſtall- oder Augenlinſe, welche (das Wallfiſchgeſchlecht etwa ungerechnet) bey ihm nach Verhaͤltniß ſehr klein ſcheint, und bey dem Erwachſenen nicht ſo erhaben, als bey andern Thieren, iſt das große
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Mit dem Hirnſchaͤdel eines juͤngern Menſchen-
aͤhnlichen Thieres, deſſen Skeletts Ueberreſte ich zu
London im britanniſchen Muſeum entdeckte, verhaͤlt
es ſich aber anders. Dem alten noch daran han-
genden Zettel zu folge, war es ein Orang-Utang,
welchen der Schifskapitain Aprix von der Inſel Su-
matra mitgebracht hatte. In dieſem Hirnſchaͤdel
war auch nicht ein Schatten von den Naͤthen des
Zwiſchenkinnladenbeines, ob ſchon die uͤbrigen ins-
geſamt vorhanden waren.
Aber auch weder Ed. Tyſon hat ſie in ſeinem
Troglodyten von Angola gefunden, noch ſind ſie
ſichtbar in Daubentons Abbildung eines aͤhnlichen
Hirnſchaͤdels von einem ebendaſelbſt erzeugten Thiere.
Dem ſey indeſſen, wie ihm wolle, ſo iſt doch
dieſes ausgemacht, was man ebenfalls zu den Merk-
zeichen des Menſchen rechnen kann, daß die Kinn-
backen in den Hirnſchaͤdeln der genannten Affen und
uͤbrigen Saͤugthiere bey weitem mehr vorwaͤrts ragen.
§. 16.
B) Die Unterſchiebe des Menſchen von den andern Säug-
thieren in Anſehung einiger innern Theile.
Man ſieht leicht ein, daß hier nur von wenigen
und zwar den beſonderſten Unterſchieden der Art die
Rede ſeyn koͤnne.
Um alſo von dem Kopfe anzufangen, ſo hat
der Menſch einiges minder Wichtige, z. B. die Kry-
ſtall- oder Augenlinſe, welche (das Wallfiſchgeſchlecht
etwa ungerechnet) bey ihm nach Verhaͤltniß ſehr
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
"Über die natürlichen Verschiedenheiten im Mensch… [mehr]
"Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte" ist die überarbeitete Fassung von Blumenbachs Dissertationsschrift "De generis humani varietate nativa" (1. Aufl. 1775 bei Friedrich Andreas Rosenbusch in Göttingen). Die Dissertation erschien in lateinischer Sprache; für das DTA wurde Johann Gottfried Grubers Übersetzung der dritten Auflage von Blumenbachs Dissertation (1795 bei Vandenhoek & Ruprecht) digitalisiert, die 1798 in Leipzig bei Breitkopf & Härtel erschien. Erstmals lag hiermit Blumenbachs Werk "De generis humani varietate nativa" in deutscher Sprache vor.
Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht_1798/76>, abgerufen am 22.02.2025.
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