Daß aber von einzelnen Menschen, welche auch unter den Europäern hin und wieder durch ei- nen monströsen Auswuchs am Schwanzbeine sich ausgezeichnet haben, hier eben so wenig, als von den andern Misgeburten die Rede seyn könne, be- darf keiner Erinnerung.
§. 77. Nationalverschiedenheit als Folge von Krankheit.
Es ist schon (§. 38.) oben angemerkt worden, daß auch kränkliche Schwäche die äußere Gestalt der Thiere und sonderlich ihre Farbe so verändert, daß sie endlich, wenn sie sich durch mehrere Generatio- nen hindurch fortgeerbt hat, gleichsam zur andern Natur wird und in manchen Thiergattungen sonder- bare und bleibende Varietäten hervorbringt. Wir haben die bekanntsten Beyspiele von der weißen Haus- maus und den Kaninchen angeführt, deren weißes Fell und rothe Augensterne ohne allen Zweifel von einer krankhaften Schwäche, der Leukäthiopie, her- rühren.
Eben dergleichen angeerbte Krankheiten findet man auch hin und wieder bey Menschen. Doch zeig- ten sie sich bey ihnen nie so allgemein und bleibend, als unter den eben benannten Thieren, in so fern sie nämlich zu einer besondern und zahlreichen Varietät ausgeartet ist.
Dem ungeachtet müssen wir hier jene menschli- che Leukäthiopie noch berühren und zwar nur beyläu- fig, weil sie bey den Menschen eigentlich nicht als
eine
N 2
Daß aber von einzelnen Menſchen, welche auch unter den Europaͤern hin und wieder durch ei- nen monſtroͤſen Auswuchs am Schwanzbeine ſich ausgezeichnet haben, hier eben ſo wenig, als von den andern Misgeburten die Rede ſeyn koͤnne, be- darf keiner Erinnerung.
§. 77. Nationalverſchiedenheit als Folge von Krankheit.
Es iſt ſchon (§. 38.) oben angemerkt worden, daß auch kraͤnkliche Schwaͤche die aͤußere Geſtalt der Thiere und ſonderlich ihre Farbe ſo veraͤndert, daß ſie endlich, wenn ſie ſich durch mehrere Generatio- nen hindurch fortgeerbt hat, gleichſam zur andern Natur wird und in manchen Thiergattungen ſonder- bare und bleibende Varietaͤten hervorbringt. Wir haben die bekanntſten Beyſpiele von der weißen Haus- maus und den Kaninchen angefuͤhrt, deren weißes Fell und rothe Augenſterne ohne allen Zweifel von einer krankhaften Schwaͤche, der Leukaͤthiopie, her- ruͤhren.
Eben dergleichen angeerbte Krankheiten findet man auch hin und wieder bey Menſchen. Doch zeig- ten ſie ſich bey ihnen nie ſo allgemein und bleibend, als unter den eben benannten Thieren, in ſo fern ſie naͤmlich zu einer beſondern und zahlreichen Varietaͤt ausgeartet iſt.
Dem ungeachtet muͤſſen wir hier jene menſchli- che Leukaͤthiopie noch beruͤhren und zwar nur beylaͤu- fig, weil ſie bey den Menſchen eigentlich nicht als
eine
N 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0229"n="195"/><p>Daß aber von einzelnen Menſchen, welche<lb/>
auch unter den Europaͤern hin und wieder durch ei-<lb/>
nen monſtroͤſen Auswuchs am Schwanzbeine ſich<lb/>
ausgezeichnet haben, hier eben ſo wenig, als von<lb/>
den andern Misgeburten die Rede ſeyn koͤnne, be-<lb/>
darf keiner Erinnerung.</p></div><lb/><divn="2"><head>§. 77.<lb/>
Nationalverſchiedenheit als Folge von Krankheit.</head><lb/><p>Es iſt ſchon (§. 38.) oben angemerkt worden,<lb/>
daß auch kraͤnkliche Schwaͤche die aͤußere Geſtalt der<lb/>
Thiere und ſonderlich ihre Farbe ſo veraͤndert, daß<lb/>ſie endlich, wenn ſie ſich durch mehrere Generatio-<lb/>
nen hindurch fortgeerbt hat, gleichſam zur andern<lb/>
Natur wird und in manchen Thiergattungen ſonder-<lb/>
bare und bleibende Varietaͤten hervorbringt. Wir<lb/>
haben die bekanntſten Beyſpiele von der weißen Haus-<lb/>
maus und den Kaninchen angefuͤhrt, deren weißes<lb/>
Fell und rothe Augenſterne ohne allen Zweifel von<lb/>
einer krankhaften Schwaͤche, der Leukaͤthiopie, her-<lb/>
ruͤhren.</p><lb/><p>Eben dergleichen angeerbte Krankheiten findet<lb/>
man auch hin und wieder bey Menſchen. Doch zeig-<lb/>
ten ſie ſich bey ihnen nie ſo allgemein und bleibend,<lb/>
als unter den eben benannten Thieren, in ſo fern ſie<lb/>
naͤmlich zu einer beſondern und zahlreichen Varietaͤt<lb/>
ausgeartet iſt.</p><lb/><p>Dem ungeachtet muͤſſen wir hier jene menſchli-<lb/>
che Leukaͤthiopie noch beruͤhren und zwar nur beylaͤu-<lb/>
fig, weil ſie bey den Menſchen eigentlich nicht als<lb/><fwplace="bottom"type="sig">N 2</fw><fwplace="bottom"type="catch">eine</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[195/0229]
Daß aber von einzelnen Menſchen, welche
auch unter den Europaͤern hin und wieder durch ei-
nen monſtroͤſen Auswuchs am Schwanzbeine ſich
ausgezeichnet haben, hier eben ſo wenig, als von
den andern Misgeburten die Rede ſeyn koͤnne, be-
darf keiner Erinnerung.
§. 77.
Nationalverſchiedenheit als Folge von Krankheit.
Es iſt ſchon (§. 38.) oben angemerkt worden,
daß auch kraͤnkliche Schwaͤche die aͤußere Geſtalt der
Thiere und ſonderlich ihre Farbe ſo veraͤndert, daß
ſie endlich, wenn ſie ſich durch mehrere Generatio-
nen hindurch fortgeerbt hat, gleichſam zur andern
Natur wird und in manchen Thiergattungen ſonder-
bare und bleibende Varietaͤten hervorbringt. Wir
haben die bekanntſten Beyſpiele von der weißen Haus-
maus und den Kaninchen angefuͤhrt, deren weißes
Fell und rothe Augenſterne ohne allen Zweifel von
einer krankhaften Schwaͤche, der Leukaͤthiopie, her-
ruͤhren.
Eben dergleichen angeerbte Krankheiten findet
man auch hin und wieder bey Menſchen. Doch zeig-
ten ſie ſich bey ihnen nie ſo allgemein und bleibend,
als unter den eben benannten Thieren, in ſo fern ſie
naͤmlich zu einer beſondern und zahlreichen Varietaͤt
ausgeartet iſt.
Dem ungeachtet muͤſſen wir hier jene menſchli-
che Leukaͤthiopie noch beruͤhren und zwar nur beylaͤu-
fig, weil ſie bey den Menſchen eigentlich nicht als
eine
N 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
"Über die natürlichen Verschiedenheiten im Mensch… [mehr]
"Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte" ist die überarbeitete Fassung von Blumenbachs Dissertationsschrift "De generis humani varietate nativa" (1. Aufl. 1775 bei Friedrich Andreas Rosenbusch in Göttingen). Die Dissertation erschien in lateinischer Sprache; für das DTA wurde Johann Gottfried Grubers Übersetzung der dritten Auflage von Blumenbachs Dissertation (1795 bei Vandenhoek & Ruprecht) digitalisiert, die 1798 in Leipzig bei Breitkopf & Härtel erschien. Erstmals lag hiermit Blumenbachs Werk "De generis humani varietate nativa" in deutscher Sprache vor.
Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht_1798/229>, abgerufen am 22.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.