Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

und Verhältniß festzusetzen, durch welches man die
Schädelverschiedenheiten gleichsam nach Graden be-
rechnen, und in Classen abtheilen könnte; worun-
ter denn vor allen übrigen des scharfsinnigen Cam-
pers 132) Gesichtslinie einer besondern Erwähnung
verdient.

§. 59.
Campers Gesichtslinie.

Er stellt sich nämlich im Profil des Hirnschädels
zwey gerade, sich durchschneidende, Linien vor. Die
erste ist horizontal durch den äußern Gehörgang und
den Nasengrund gezogen. Die andere aber fällt
von dem hervorragenden Theile des Stirnknochens
herab bis zum äußersten Zahnhölensaum der
obern Kinnlade. Nach dem Winkel, in welchem
sich diese beyde Linien durchschneiden, glaubte dieser
scharfsinnige Forscher den Unterschied der Schädel
sowohl bey den Thieren als bey den verschiedenen Na-
tionen des Menschengeschlechts berechnen zu müssen.

§. 60.
Bemerkungen über diese Gesichtslinie.

Dieses Verfahren zu Ausmessung der Schädel
ist jedoch, nach meiner Einsicht, auf mehr als eine
Weise unrichtig. Denn 1) ist, wie aus dem oben

über
132) S. bessen kleinere Schriften, Th. 1. Ab-
schnitt 1. S. 15. Dessen Naturgeschichte des
Orang-Utang
, S. 181. 212. Und ein besondres
Werk über den natürlichen Unterschied des
Gesichtszüge
u. s. w.
Versch, des M. K

und Verhaͤltniß feſtzuſetzen, durch welches man die
Schaͤdelverſchiedenheiten gleichſam nach Graden be-
rechnen, und in Claſſen abtheilen koͤnnte; worun-
ter denn vor allen uͤbrigen des ſcharfſinnigen Cam-
pers 132) Geſichtslinie einer beſondern Erwaͤhnung
verdient.

§. 59.
Campers Geſichtslinie.

Er ſtellt ſich naͤmlich im Profil des Hirnſchaͤdels
zwey gerade, ſich durchſchneidende, Linien vor. Die
erſte iſt horizontal durch den aͤußern Gehoͤrgang und
den Naſengrund gezogen. Die andere aber faͤllt
von dem hervorragenden Theile des Stirnknochens
herab bis zum aͤußerſten Zahnhoͤlenſaum der
obern Kinnlade. Nach dem Winkel, in welchem
ſich dieſe beyde Linien durchſchneiden, glaubte dieſer
ſcharfſinnige Forſcher den Unterſchied der Schaͤdel
ſowohl bey den Thieren als bey den verſchiedenen Na-
tionen des Menſchengeſchlechts berechnen zu muͤſſen.

§. 60.
Bemerkungen uͤber dieſe Geſichtslinie.

Dieſes Verfahren zu Ausmeſſung der Schaͤdel
iſt jedoch, nach meiner Einſicht, auf mehr als eine
Weiſe unrichtig. Denn 1) iſt, wie aus dem oben

uͤber
132) S. beſſen kleinere Schriften, Th. 1. Ab-
ſchnitt 1. S. 15. Deſſen Naturgeſchichte des
Orang-Utang
, S. 181. 212. Und ein beſondres
Werk uͤber den natuͤrlichen Unterſchied des
Geſichtszuͤge
u. ſ. w.
Verſch, des M. K
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0179" n="145"/>
und Verha&#x0364;ltniß fe&#x017F;tzu&#x017F;etzen, durch welches man die<lb/>
Scha&#x0364;delver&#x017F;chiedenheiten gleich&#x017F;am nach Graden be-<lb/>
rechnen, und in Cla&#x017F;&#x017F;en abtheilen ko&#x0364;nnte; worun-<lb/>
ter denn vor allen u&#x0364;brigen des &#x017F;charf&#x017F;innigen Cam-<lb/>
pers <note place="foot" n="132)">S. <hi rendition="#g">be&#x017F;&#x017F;en kleinere Schriften</hi>, Th. 1. Ab-<lb/>
&#x017F;chnitt 1. S. 15. De&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#g">Naturge&#x017F;chichte des<lb/>
Orang-Utang</hi>, S. 181. 212. Und ein be&#x017F;ondres<lb/>
Werk <hi rendition="#g">u&#x0364;ber den natu&#x0364;rlichen Unter&#x017F;chied des<lb/>
Ge&#x017F;ichtszu&#x0364;ge</hi> u. &#x017F;. w.</note> Ge&#x017F;ichtslinie einer be&#x017F;ondern Erwa&#x0364;hnung<lb/>
verdient.</p>
          </div>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 59.<lb/><hi rendition="#g">Campers Ge&#x017F;ichtslinie</hi>.</head><lb/>
          <p>Er &#x017F;tellt &#x017F;ich na&#x0364;mlich im Profil des Hirn&#x017F;cha&#x0364;dels<lb/>
zwey gerade, &#x017F;ich durch&#x017F;chneidende, Linien vor. Die<lb/>
er&#x017F;te i&#x017F;t horizontal durch den a&#x0364;ußern Geho&#x0364;rgang und<lb/>
den Na&#x017F;engrund gezogen. Die andere aber fa&#x0364;llt<lb/>
von dem hervorragenden Theile des Stirnknochens<lb/>
herab bis zum a&#x0364;ußer&#x017F;ten Zahnho&#x0364;len&#x017F;aum der<lb/>
obern Kinnlade. Nach dem Winkel, in welchem<lb/>
&#x017F;ich die&#x017F;e beyde Linien durch&#x017F;chneiden, glaubte die&#x017F;er<lb/>
&#x017F;charf&#x017F;innige For&#x017F;cher den Unter&#x017F;chied der Scha&#x0364;del<lb/>
&#x017F;owohl bey den Thieren als bey den ver&#x017F;chiedenen Na-<lb/>
tionen des Men&#x017F;chenge&#x017F;chlechts berechnen zu mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 60.<lb/><hi rendition="#g">Bemerkungen u&#x0364;ber die&#x017F;e Ge&#x017F;ichtslinie</hi>.</head><lb/>
          <p>Die&#x017F;es Verfahren zu Ausme&#x017F;&#x017F;ung der Scha&#x0364;del<lb/>
i&#x017F;t jedoch, nach meiner Ein&#x017F;icht, auf mehr als eine<lb/>
Wei&#x017F;e unrichtig. Denn 1) i&#x017F;t, wie aus dem oben<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">u&#x0364;ber</fw><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Ver&#x017F;ch, des M. K</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[145/0179] und Verhaͤltniß feſtzuſetzen, durch welches man die Schaͤdelverſchiedenheiten gleichſam nach Graden be- rechnen, und in Claſſen abtheilen koͤnnte; worun- ter denn vor allen uͤbrigen des ſcharfſinnigen Cam- pers 132) Geſichtslinie einer beſondern Erwaͤhnung verdient. §. 59. Campers Geſichtslinie. Er ſtellt ſich naͤmlich im Profil des Hirnſchaͤdels zwey gerade, ſich durchſchneidende, Linien vor. Die erſte iſt horizontal durch den aͤußern Gehoͤrgang und den Naſengrund gezogen. Die andere aber faͤllt von dem hervorragenden Theile des Stirnknochens herab bis zum aͤußerſten Zahnhoͤlenſaum der obern Kinnlade. Nach dem Winkel, in welchem ſich dieſe beyde Linien durchſchneiden, glaubte dieſer ſcharfſinnige Forſcher den Unterſchied der Schaͤdel ſowohl bey den Thieren als bey den verſchiedenen Na- tionen des Menſchengeſchlechts berechnen zu muͤſſen. §. 60. Bemerkungen uͤber dieſe Geſichtslinie. Dieſes Verfahren zu Ausmeſſung der Schaͤdel iſt jedoch, nach meiner Einſicht, auf mehr als eine Weiſe unrichtig. Denn 1) iſt, wie aus dem oben uͤber 132) S. beſſen kleinere Schriften, Th. 1. Ab- ſchnitt 1. S. 15. Deſſen Naturgeſchichte des Orang-Utang, S. 181. 212. Und ein beſondres Werk uͤber den natuͤrlichen Unterſchied des Geſichtszuͤge u. ſ. w. Verſch, des M. K

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

"Über die natürlichen Verschiedenheiten im Mensch… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht_1798/179
Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht_1798/179>, abgerufen am 30.12.2024.