Blumenbach, Johann Friedrich: Geschichte und Beschreibung der Knochen des menschlichen Körpers. Göttingen, 1786.§. 8. Diese zarte Grundlage des künftigen Ge- §. 9. Ohngefähr in der siebenten**) *) Einige ältere Zergliederer haben bey den Knochen des Hirnschedels eine Ausnahme machen, und denselben bey der zarten Leibesfrucht nicht sowol für knorplicht als häuticht halten wollen. Aber schon B. S. Albinus hat den Ungrund dieses ver- meynten Unterschiedes erwiesen: Species eorum membranacea est, natura cartilaginea. Icon. ossium foetus p. 150. **) Bey der menschlichen Leibesfrucht und bey an-
dern ungebohrnen Säugethieren fängt folglich die Verknöcherung verhältnisweise ungleich früher an als beym bebrüteten Vogel im Eye. Beym jungen Hünchen z. B. das 21 Tage bebrütet wird, zeigt sich die erste Spur eines Knochenkerns nicht früher als zu Anfang des 9ten Tages, der mit der 17ten Woche der menschlischen Schwanger- schaft zu vergleichen ist. Die Natur scheint nem- lich bey den lebendiggebärenden die Ossification deshalb zu beschleunigen, um dem Fötus so bald als möglich seine bestimmte Bildung zu geben, und ihn dadurch für vielen sonstigen Gefahren, zu- §. 8. Diese zarte Grundlage des künftigen Ge- §. 9. Ohngefähr in der siebenten**) *) Einige ältere Zergliederer haben bey den Knochen des Hirnschedels eine Ausnahme machen, und denselben bey der zarten Leibesfrucht nicht sowol für knorplicht als häuticht halten wollen. Aber schon B. S. Albinus hat den Ungrund dieses ver- meynten Unterschiedes erwiesen: Species eorum membranacea est, natura cartilaginea. Icon. ossium foetus p. 150. **) Bey der menschlichen Leibesfrucht und bey an-
dern ungebohrnen Säugethieren fängt folglich die Verknöcherung verhältnisweise ungleich früher an als beym bebrüteten Vogel im Eye. Beym jungen Hünchen z. B. das 21 Tage bebrütet wird, zeigt sich die erste Spur eines Knochenkerns nicht früher als zu Anfang des 9ten Tages, der mit der 17ten Woche der menschlischen Schwanger- schaft zu vergleichen ist. Die Natur scheint nem- lich bey den lebendiggebärenden die Ossification deshalb zu beschleunigen, um dem Fötus so bald als möglich seine bestimmte Bildung zu geben, und ihn dadurch für vielen sonstigen Gefahren, zu- <TEI> <text xml:id="blume_hbnatur_000062"> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0040" xml:id="pb008_0001" n="8"/> <head rendition="#c">§. 8.</head><lb/> <p>Diese zarte Grundlage des künftigen Ge-<lb/> rippes besteht aber dann noch blos aus weich-<lb/> lichen gallertigen Knorpeln<note anchored="true" place="foot" n="*)"><p>Einige ältere Zergliederer haben bey den Knochen<lb/> des Hirnschedels eine Ausnahme machen, und<lb/> denselben bey der zarten Leibesfrucht nicht sowol<lb/> für knorplicht als häuticht halten wollen. Aber<lb/> schon B. S. Albinus hat den Ungrund dieses ver-<lb/> meynten Unterschiedes erwiesen: <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Species</hi></hi> <hi rendition="#aq">eorum<lb/> membranacea est</hi>, <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">natura</hi></hi> <hi rendition="#aq">cartilaginea</hi>. <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Icon. ossium<lb/> foetus</hi></hi> <hi rendition="#aq">p</hi>. 150.</p></note>, die erst nach<lb/> und nach an Festigkeit und Schnellkraft zuneh-<lb/> men, und zugleich immer schärfer ausgebildet<lb/> werden und selbst schon grossentheils die Form<lb/> der nachher in ihnen entstehenden Knochen<lb/> erhalten.</p> </div> <div n="3"> <head rendition="#c">§. 9.</head><lb/> <p>Ohngefähr in der siebenten<note anchored="true" place="foot" n="**)"><p>Bey der menschlichen Leibesfrucht und bey an-<lb/> dern ungebohrnen Säugethieren fängt folglich die<lb/> Verknöcherung verhältnisweise ungleich früher an<lb/> als beym bebrüteten Vogel im Eye. Beym<lb/> jungen Hünchen z. B. das 21 Tage bebrütet wird,<lb/> zeigt sich die erste Spur eines Knochenkerns nicht<lb/> früher als zu Anfang des 9ten Tages, der mit<lb/> der 17ten Woche der menschlischen Schwanger-<lb/> schaft zu vergleichen ist. Die Natur scheint nem-<lb/> lich bey den lebendiggebärenden die Ossification<lb/> deshalb zu beschleunigen, um dem Fötus so bald<lb/> als möglich seine bestimmte Bildung zu geben, und<lb/> ihn dadurch für vielen sonstigen Gefahren, zu-<lb/></p></note></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [8/0040]
§. 8.
Diese zarte Grundlage des künftigen Ge-
rippes besteht aber dann noch blos aus weich-
lichen gallertigen Knorpeln *), die erst nach
und nach an Festigkeit und Schnellkraft zuneh-
men, und zugleich immer schärfer ausgebildet
werden und selbst schon grossentheils die Form
der nachher in ihnen entstehenden Knochen
erhalten.
§. 9.
Ohngefähr in der siebenten **)
*) Einige ältere Zergliederer haben bey den Knochen
des Hirnschedels eine Ausnahme machen, und
denselben bey der zarten Leibesfrucht nicht sowol
für knorplicht als häuticht halten wollen. Aber
schon B. S. Albinus hat den Ungrund dieses ver-
meynten Unterschiedes erwiesen: Species eorum
membranacea est, natura cartilaginea. Icon. ossium
foetus p. 150.
**) Bey der menschlichen Leibesfrucht und bey an-
dern ungebohrnen Säugethieren fängt folglich die
Verknöcherung verhältnisweise ungleich früher an
als beym bebrüteten Vogel im Eye. Beym
jungen Hünchen z. B. das 21 Tage bebrütet wird,
zeigt sich die erste Spur eines Knochenkerns nicht
früher als zu Anfang des 9ten Tages, der mit
der 17ten Woche der menschlischen Schwanger-
schaft zu vergleichen ist. Die Natur scheint nem-
lich bey den lebendiggebärenden die Ossification
deshalb zu beschleunigen, um dem Fötus so bald
als möglich seine bestimmte Bildung zu geben, und
ihn dadurch für vielen sonstigen Gefahren, zu-
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