Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Blumenbach, Johann Friedrich: Geschichte und Beschreibung der Knochen des menschlichen Körpers. Göttingen, 1786.

Bild:
<< vorherige Seite

*), daß es
einem irgend geübten Auge nicht schwer fallen
muß, aus einem nur leidlich erhaltnen Gerippe
nicht blos Alter und Geschlecht, sondern auch
Wuchs, Constitution und die Hauptzüge der
Gesichtsbildung des Körpers, dem es ehedem
zur Grundlage gedient, zu erkennen.

§. 108.

So unendlich nemlich der individuelle Kör-
perbau, und die Gesichtsbildung, des im Gan-
zen freylich sich gleich bleibenden Menschenge-
schlechts, überhaupt verschieden ist, - eben
solch eine unendliche Verschiedenheit findet sich
bey einer genauern scharfsichtigen Prüfung unter
der Bildung und Form und Taille und mehrern
oder mindern Eleganz u. s. w. der, freylich auch
im Ganzen einander gleich scheinenden mensch-

*) Und daß eben aus jenem Grunde noch das ana-
tomische Studium der Künstler sich nicht etwa
auf einen Muskelmann einschränken, sondern von
der Osteologie ausgehen müsse, darüber kann man
zwey der gültigsten Richter nachlesen: Beide selbst
sehr große Künstler, und die zwey andre der aller-
größten deshalb zu Beyspielen aufstellen: benve-
nvto cellini
in den disc. sopra i principi del disegno
am Ende seiner due Trattati, den Michelangelo
Buonarota (den vertrauten Freund des Reald.
Columbus, und der wie man aus Vasari weis,
12 Jahre lang Anatomie studirt haben soll) und
Mengs über die Schönheit und den Geschmack in
der Malerey S. 77. den Raphael. -

*), daß es
einem irgend geübten Auge nicht schwer fallen
muß, aus einem nur leidlich erhaltnen Gerippe
nicht blos Alter und Geschlecht, sondern auch
Wuchs, Constitution und die Hauptzüge der
Gesichtsbildung des Körpers, dem es ehedem
zur Grundlage gedient, zu erkennen.

§. 108.

So unendlich nemlich der individuelle Kör-
perbau, und die Gesichtsbildung, des im Gan-
zen freylich sich gleich bleibenden Menschenge-
schlechts, überhaupt verschieden ist, – eben
solch eine unendliche Verschiedenheit findet sich
bey einer genauern scharfsichtigen Prüfung unter
der Bildung und Form und Taille und mehrern
oder mindern Eleganz u. s. w. der, freylich auch
im Ganzen einander gleich scheinenden mensch-

*) Und daß eben aus jenem Grunde noch das ana-
tomische Studium der Künstler sich nicht etwa
auf einen Muskelmann einschränken, sondern von
der Osteologie ausgehen müsse, darüber kann man
zwey der gültigsten Richter nachlesen: Beide selbst
sehr große Künstler, und die zwey andre der aller-
größten deshalb zu Beyspielen aufstellen: benve-
nvto cellini
in den disc. sopra i principi del disegno
am Ende seiner due Trattati, den Michelangelo
Buonarota (den vertrauten Freund des Reald.
Columbus, und der wie man aus Vasari weis,
12 Jahre lang Anatomie studirt haben soll) und
Mengs über die Schönheit und den Geschmack in
der Malerey S. 77. den Raphael. –
<TEI>
  <text xml:id="blume_hbnatur_000062">
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p rendition="#no_indent"><note anchored="true" place="foot" n="*)"><p><pb facs="#f0110" xml:id="pb078_0001" n="78"/>
Und daß eben aus jenem Grunde noch das ana-<lb/>
tomische Studium der Künstler sich nicht etwa<lb/>
auf einen Muskelmann einschränken, sondern von<lb/>
der Osteologie ausgehen müsse, darüber kann man<lb/>
zwey der gültigsten Richter nachlesen: Beide selbst<lb/>
sehr große Künstler, und die zwey andre der aller-<lb/>
größten deshalb zu Beyspielen aufstellen: <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">benve-<lb/>
nvto cellini</hi></hi> in den <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">disc. sopra i principi del disegno</hi></hi><lb/>
am Ende seiner <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">due Trattati</hi></hi>, den Michelangelo<lb/>
Buonarota (den vertrauten Freund des Reald.<lb/>
Columbus, und der wie man aus Vasari weis,<lb/>
12 Jahre lang Anatomie studirt haben soll) und<lb/>
Mengs über die Schönheit und den Geschmack in<lb/>
der Malerey S. 77. den Raphael. &#x2013;</p></note>, daß es<lb/>
einem irgend geübten Auge nicht schwer fallen<lb/>
muß, aus einem nur leidlich erhaltnen Gerippe<lb/>
nicht blos Alter und Geschlecht, sondern auch<lb/>
Wuchs, Constitution und die Hauptzüge der<lb/>
Gesichtsbildung des Körpers, dem es ehedem<lb/>
zur Grundlage gedient, zu erkennen.</p>
          </div>
          <div n="3">
            <head rendition="#c">§. 108.</head><lb/>
            <p>So unendlich nemlich der individuelle Kör-<lb/>
perbau, und die Gesichtsbildung, des im Gan-<lb/>
zen freylich sich gleich bleibenden Menschenge-<lb/>
schlechts, überhaupt verschieden ist, &#x2013; eben<lb/>
solch eine unendliche Verschiedenheit findet sich<lb/>
bey einer genauern scharfsichtigen Prüfung unter<lb/>
der Bildung und Form und Taille und mehrern<lb/>
oder mindern Eleganz u. s. w. der, freylich auch<lb/>
im Ganzen einander gleich scheinenden mensch-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[78/0110] *), daß es einem irgend geübten Auge nicht schwer fallen muß, aus einem nur leidlich erhaltnen Gerippe nicht blos Alter und Geschlecht, sondern auch Wuchs, Constitution und die Hauptzüge der Gesichtsbildung des Körpers, dem es ehedem zur Grundlage gedient, zu erkennen. §. 108. So unendlich nemlich der individuelle Kör- perbau, und die Gesichtsbildung, des im Gan- zen freylich sich gleich bleibenden Menschenge- schlechts, überhaupt verschieden ist, – eben solch eine unendliche Verschiedenheit findet sich bey einer genauern scharfsichtigen Prüfung unter der Bildung und Form und Taille und mehrern oder mindern Eleganz u. s. w. der, freylich auch im Ganzen einander gleich scheinenden mensch- *) Und daß eben aus jenem Grunde noch das ana- tomische Studium der Künstler sich nicht etwa auf einen Muskelmann einschränken, sondern von der Osteologie ausgehen müsse, darüber kann man zwey der gültigsten Richter nachlesen: Beide selbst sehr große Künstler, und die zwey andre der aller- größten deshalb zu Beyspielen aufstellen: benve- nvto cellini in den disc. sopra i principi del disegno am Ende seiner due Trattati, den Michelangelo Buonarota (den vertrauten Freund des Reald. Columbus, und der wie man aus Vasari weis, 12 Jahre lang Anatomie studirt haben soll) und Mengs über die Schönheit und den Geschmack in der Malerey S. 77. den Raphael. –

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Editura GmbH & Co.KG, Berlin: Volltexterstellung und Basis-TEI-Auszeichung
Johann Friedrich Blumenbach – online: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-08-26T09:00:15Z)
Frank Wiegand: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2013-08-26T09:00:15Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Nicht erfasst: Bogensignaturen und Kustoden, Kolumnentitel.
  • Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterschiede zugunsten der Identifizierung von <titlePart>s verzichtet.
  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.
  • Langes ſ: als s transkribiert.
  • Hochgestellte e über Vokalen: in moderner Schreibweise erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_knochen_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_knochen_1786/110
Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Geschichte und Beschreibung der Knochen des menschlichen Körpers. Göttingen, 1786, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_knochen_1786/110>, abgerufen am 21.11.2024.