Bion, Nicolas: Neueröfnete mathematische Werkschule. (Übers. Johann Gabriel Doppelmayr). Bd. 1, 5. Aufl. Nürnberg, 1765.[Abbildung]
Definitiones, oder Erklärungen der Kunstwörter, die man nothwendig vorhero wissen muß, wenn dieses Werk recht verstanden werden soll. Die Gränze (Terminus) einer Sache, nennet man ihr äuserstes, Eine stetige Grösse (Continuum) nennet man, derer Theile alle Die geometrische Ausdehnung (extensio geometrica) ist ein Raum, den ei- Eine körperliche Ausdehnung (extensio solida) heist diejenige Ausdehnung, die Der Punct ist die Gränze der Linie; mithin aller Ausdehnung. Er hat also Fig. 1. Die Linie ist eine Grösse, dessen Theile in die Länge alleine stehen. Auf dem Es gibt dreyerley Arten von Linien, gerade, (rectae) krumme, (curvae) und Eine grade Linie ist, deren Puncte alle einerley Richtung haben, oder nach ei- Eine krumme Linie ist, deren Puncte nicht alle nach einerley Gegend zu liegen, [Abbildung]
Definitiones, oder Erklärungen der Kunſtwörter, die man nothwendig vorhero wiſſen muß, wenn dieſes Werk recht verſtanden werden ſoll. Die Gränze (Terminus) einer Sache, nennet man ihr äuſerſtes, Eine ſtetige Gröſſe (Continuum) nennet man, derer Theile alle Die geometriſche Ausdehnung (extenſio geometrica) iſt ein Raum, den ei- Eine körperliche Ausdehnung (extenſio ſolida) heiſt diejenige Ausdehnung, die Der Punct iſt die Gränze der Linie; mithin aller Ausdehnung. Er hat alſo Fig. 1. Die Linie iſt eine Gröſſe, deſſen Theile in die Länge alleine ſtehen. Auf dem Es gibt dreyerley Arten von Linien, gerade, (rectae) krumme, (curvae) und Eine grade Linie iſt, deren Puncte alle einerley Richtung haben, oder nach ei- Eine krumme Linie iſt, deren Puncte nicht alle nach einerley Gegend zu liegen, <TEI> <text> <front> <pb facs="#f0023" n="[1]"/> <figure rendition="#c"/><lb/> <div> <head>Definitiones,<lb/> oder<lb/> Erklärungen der Kunſtwörter, die man nothwendig<lb/> vorhero wiſſen muß, wenn dieſes Werk recht verſtanden<lb/> werden ſoll.</head><lb/> <p><hi rendition="#in">D</hi>ie Gränze (Terminus) einer Sache, nennet man ihr äuſerſtes,<lb/> oder wo es aufhöret. </p> <p>Eine ſtetige Gröſſe (Continuum) nennet man, derer Theile alle<lb/> ſo genau zuſammenhängen, daß gleich wo der eine aufhöret,<lb/> der andere anfängt; alſo nichts zwiſchen des einen Ende, und des an-<lb/> dern Anfang enthalten iſt, welches nicht zu dieſer Gröſſe gehörte. </p> <p>Die geometriſche Ausdehnung (extenſio geometrica) iſt ein Raum, den ei-<lb/> ne ſtetige Gröſſe ausfüllt. </p> <p>Eine körperliche Ausdehnung (extenſio ſolida) heiſt diejenige Ausdehnung, die<lb/> das, was ſich in ihren Gränzen befindet, nach allen Seiten zu umgiebt. Die<lb/> Ausdehnung der Körper an ihren Gränzen, heiſt eine Fläche (ſuperficies) die<lb/> Ausdehnung der Flächen aber an ihren Gränzen, eine Linie (linea.) </p> <p>Der Punct iſt die Gränze der Linie; mithin aller Ausdehnung. Er hat alſo<lb/> weder Ausdehnung noch Theile. Euclides hatte alſo wohl recht, wenn er<lb/> ſagt: punctum eſt cuius pars nulla eſt. </p> <note place="right">Tab. 1.<lb/> Fig. 1.</note> <p>Die Linie iſt eine Gröſſe, deſſen Theile in die Länge alleine ſtehen. Auf dem<lb/> Felde, wird eine Linie mit Stäben abgeſteckt, wenn alſo das Auge mit dem<lb/> erſten Stabe die übrigen alle deckt, ſo iſt die Linie grad. Daher hat Pla-<lb/> to die gerade Linie beſchrieben: quod eius extrema obumbrent omnia media. </p> <note place="right">Fig. 2.</note> <p>Es gibt dreyerley Arten von Linien, gerade, (rectae) krumme, (curvae) und<lb/> vermiſchte. (mixtae)</p> <p>Eine grade Linie iſt, deren Puncte alle einerley Richtung haben, oder nach ei-<lb/> ner Gegend zu liegen; daher ſie auch die kürzeſte unter allen Linien iſt. </p> <note place="right">Fig. 2.</note> <p>Eine krumme Linie iſt, deren Puncte nicht alle nach einerley Gegend zu liegen,<lb/> oder einerley Richtung behalten. </p> <note place="right">Fig. 3.</note> </div> </front> </text> </TEI> [[1]/0023]
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Definitiones,
oder
Erklärungen der Kunſtwörter, die man nothwendig
vorhero wiſſen muß, wenn dieſes Werk recht verſtanden
werden ſoll.
Die Gränze (Terminus) einer Sache, nennet man ihr äuſerſtes,
oder wo es aufhöret.
Eine ſtetige Gröſſe (Continuum) nennet man, derer Theile alle
ſo genau zuſammenhängen, daß gleich wo der eine aufhöret,
der andere anfängt; alſo nichts zwiſchen des einen Ende, und des an-
dern Anfang enthalten iſt, welches nicht zu dieſer Gröſſe gehörte.
Die geometriſche Ausdehnung (extenſio geometrica) iſt ein Raum, den ei-
ne ſtetige Gröſſe ausfüllt.
Eine körperliche Ausdehnung (extenſio ſolida) heiſt diejenige Ausdehnung, die
das, was ſich in ihren Gränzen befindet, nach allen Seiten zu umgiebt. Die
Ausdehnung der Körper an ihren Gränzen, heiſt eine Fläche (ſuperficies) die
Ausdehnung der Flächen aber an ihren Gränzen, eine Linie (linea.)
Der Punct iſt die Gränze der Linie; mithin aller Ausdehnung. Er hat alſo
weder Ausdehnung noch Theile. Euclides hatte alſo wohl recht, wenn er
ſagt: punctum eſt cuius pars nulla eſt.
Die Linie iſt eine Gröſſe, deſſen Theile in die Länge alleine ſtehen. Auf dem
Felde, wird eine Linie mit Stäben abgeſteckt, wenn alſo das Auge mit dem
erſten Stabe die übrigen alle deckt, ſo iſt die Linie grad. Daher hat Pla-
to die gerade Linie beſchrieben: quod eius extrema obumbrent omnia media.
Es gibt dreyerley Arten von Linien, gerade, (rectae) krumme, (curvae) und
vermiſchte. (mixtae)
Eine grade Linie iſt, deren Puncte alle einerley Richtung haben, oder nach ei-
ner Gegend zu liegen; daher ſie auch die kürzeſte unter allen Linien iſt.
Eine krumme Linie iſt, deren Puncte nicht alle nach einerley Gegend zu liegen,
oder einerley Richtung behalten.
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