Th. II. V. d. einzelnen Verbr. etc. Tit. XXVIII. Verbr. u. Verg. im Amte.
vorliegen, auf Zuchthaus von drei bis zu zehn Jahren erkannt werden. -- In dem Entwurf von 1847. §. 394. fand sich in Beziehung auf die einfache Unterschlagung der Zusatz:
"Die Absicht, das Unterschlagene wieder zu erstatten, soll die An- wendung dieser Strafe nicht ausschließen. -- Findet man das Geld oder die Sachen, welche ein Beamter in amtlicher Eigenschaft empfan- gen hat, bei ihm nicht vor, so wird angenommen, daß er dieselben unterschlagen habe, es sei denn, daß diese Annahme durch die Umstände widerlegt wird."
Die letztere Bestimmung, welche im Interesse der Kassenverwaltung aufgenommen war, v) wurde schon von dem vereinigten ständischen Aus- schuß als eine unzulässige praesumptio doli aufstellend, beseitigt; w) aber auch die erstere Bestimmung konnte als überflüssig weggelassen werden, da es unzweifelhaft ist, daß Beamten, welche Gelder oder an- dere Sachen in amtlicher Eigenschaft empfangen oder in Gewahrsam haben, eine Verfügung darüber nicht zusteht, und die Unterscheidungen, welche bei Privatleuten in Beziehung auf die Verwendung anvertrauter Sachen zu machen sind, hier keine Anwendung finden können. x)
§. 326.
Ein Beamter, welcher Gebühren oder andere Vergütungen für amtliche Verrichtungen zu seinem Vortheile zu erheben hat, wird, wenn er Gebühren oder Vergütungen erhebt oder zu erheben versucht, von denen er weiß, daß die Zahlenden sie gar nicht oder nur in geringerem Betrage verschulden, mit Geldbuße bis zu Einhundert Thalern oder mit Gefängniß bis zu Einem Jahre bestraft; es kann zugleich auf zeitige Unfähigkeit zu öffentlichen Aem- tern erkannt werden.
§. 327.
Ein Beamter, welcher Steuern, Gebühren oder andere Abgaben für eine öffentliche Kasse zu erheben hat, wird, wenn er Abgaben, von denen er weiß, daß der Zahlende sie gar nicht oder nur in geringerem Betrage verschuldet, erhebt und das rechtswidrig Erhobene ganz oder zum Theil nicht zur Kasse bringt, mit Gefängniß nicht unter drei Monaten bestraft; auch kann gegen denselben auf zeitige Unfähigkeit zu öffentlichen Aemtern erkannt werden.
Eine gleiche Strafe hat ein Beamter verwirkt, welcher bei amtlichen Aus-
v)Berathungs-Protokolle der Staatsraths-Kommission. III. S. 467. -- Protokolle des Staatsraths, Sitzung vom 29. Juni 1842. -- Revision von 1845. III. S. 113.
w)Verhandlungen. IV. S. 509-12.
x)Motive zum Entwurf von 1850. §. 296. Vgl. oben S. 431.
Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. XXVIII. Verbr. u. Verg. im Amte.
vorliegen, auf Zuchthaus von drei bis zu zehn Jahren erkannt werden. — In dem Entwurf von 1847. §. 394. fand ſich in Beziehung auf die einfache Unterſchlagung der Zuſatz:
„Die Abſicht, das Unterſchlagene wieder zu erſtatten, ſoll die An- wendung dieſer Strafe nicht ausſchließen. — Findet man das Geld oder die Sachen, welche ein Beamter in amtlicher Eigenſchaft empfan- gen hat, bei ihm nicht vor, ſo wird angenommen, daß er dieſelben unterſchlagen habe, es ſei denn, daß dieſe Annahme durch die Umſtände widerlegt wird.“
Die letztere Beſtimmung, welche im Intereſſe der Kaſſenverwaltung aufgenommen war, v) wurde ſchon von dem vereinigten ſtändiſchen Aus- ſchuß als eine unzuläſſige praesumptio doli aufſtellend, beſeitigt; w) aber auch die erſtere Beſtimmung konnte als überflüſſig weggelaſſen werden, da es unzweifelhaft iſt, daß Beamten, welche Gelder oder an- dere Sachen in amtlicher Eigenſchaft empfangen oder in Gewahrſam haben, eine Verfügung darüber nicht zuſteht, und die Unterſcheidungen, welche bei Privatleuten in Beziehung auf die Verwendung anvertrauter Sachen zu machen ſind, hier keine Anwendung finden können. x)
§. 326.
Ein Beamter, welcher Gebühren oder andere Vergütungen für amtliche Verrichtungen zu ſeinem Vortheile zu erheben hat, wird, wenn er Gebühren oder Vergütungen erhebt oder zu erheben verſucht, von denen er weiß, daß die Zahlenden ſie gar nicht oder nur in geringerem Betrage verſchulden, mit Geldbuße bis zu Einhundert Thalern oder mit Gefängniß bis zu Einem Jahre beſtraft; es kann zugleich auf zeitige Unfähigkeit zu öffentlichen Aem- tern erkannt werden.
§. 327.
Ein Beamter, welcher Steuern, Gebühren oder andere Abgaben für eine öffentliche Kaſſe zu erheben hat, wird, wenn er Abgaben, von denen er weiß, daß der Zahlende ſie gar nicht oder nur in geringerem Betrage verſchuldet, erhebt und das rechtswidrig Erhobene ganz oder zum Theil nicht zur Kaſſe bringt, mit Gefängniß nicht unter drei Monaten beſtraft; auch kann gegen denſelben auf zeitige Unfähigkeit zu öffentlichen Aemtern erkannt werden.
Eine gleiche Strafe hat ein Beamter verwirkt, welcher bei amtlichen Aus-
v)Berathungs-Protokolle der Staatsraths-Kommiſſion. III. S. 467. — Protokolle des Staatsraths, Sitzung vom 29. Juni 1842. — Reviſion von 1845. III. S. 113.
w)Verhandlungen. IV. S. 509-12.
x)Motive zum Entwurf von 1850. §. 296. Vgl. oben S. 431.
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Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. XXVIII. Verbr. u. Verg. im Amte.
vorliegen, auf Zuchthaus von drei bis zu zehn Jahren erkannt werden.
— In dem Entwurf von 1847. §. 394. fand ſich in Beziehung auf
die einfache Unterſchlagung der Zuſatz:
„Die Abſicht, das Unterſchlagene wieder zu erſtatten, ſoll die An-
wendung dieſer Strafe nicht ausſchließen. — Findet man das Geld
oder die Sachen, welche ein Beamter in amtlicher Eigenſchaft empfan-
gen hat, bei ihm nicht vor, ſo wird angenommen, daß er dieſelben
unterſchlagen habe, es ſei denn, daß dieſe Annahme durch die Umſtände
widerlegt wird.“
Die letztere Beſtimmung, welche im Intereſſe der Kaſſenverwaltung
aufgenommen war, v) wurde ſchon von dem vereinigten ſtändiſchen Aus-
ſchuß als eine unzuläſſige praesumptio doli aufſtellend, beſeitigt; w)
aber auch die erſtere Beſtimmung konnte als überflüſſig weggelaſſen
werden, da es unzweifelhaft iſt, daß Beamten, welche Gelder oder an-
dere Sachen in amtlicher Eigenſchaft empfangen oder in Gewahrſam
haben, eine Verfügung darüber nicht zuſteht, und die Unterſcheidungen,
welche bei Privatleuten in Beziehung auf die Verwendung anvertrauter
Sachen zu machen ſind, hier keine Anwendung finden können. x)
§. 326.
Ein Beamter, welcher Gebühren oder andere Vergütungen für amtliche
Verrichtungen zu ſeinem Vortheile zu erheben hat, wird, wenn er Gebühren
oder Vergütungen erhebt oder zu erheben verſucht, von denen er weiß, daß
die Zahlenden ſie gar nicht oder nur in geringerem Betrage verſchulden, mit
Geldbuße bis zu Einhundert Thalern oder mit Gefängniß bis zu Einem
Jahre beſtraft; es kann zugleich auf zeitige Unfähigkeit zu öffentlichen Aem-
tern erkannt werden.
§. 327.
Ein Beamter, welcher Steuern, Gebühren oder andere Abgaben für eine
öffentliche Kaſſe zu erheben hat, wird, wenn er Abgaben, von denen er weiß,
daß der Zahlende ſie gar nicht oder nur in geringerem Betrage verſchuldet,
erhebt und das rechtswidrig Erhobene ganz oder zum Theil nicht zur Kaſſe
bringt, mit Gefängniß nicht unter drei Monaten beſtraft; auch kann gegen
denſelben auf zeitige Unfähigkeit zu öffentlichen Aemtern erkannt werden.
Eine gleiche Strafe hat ein Beamter verwirkt, welcher bei amtlichen Aus-
v) Berathungs-Protokolle der Staatsraths-Kommiſſion. III.
S. 467. — Protokolle des Staatsraths, Sitzung vom 29. Juni 1842. —
Reviſion von 1845. III. S. 113.
w) Verhandlungen. IV. S. 509-12.
x) Motive zum Entwurf von 1850. §. 296. Vgl. oben S. 431.
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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 560. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/570>, abgerufen am 22.02.2025.
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