Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

Bild:
<< vorherige Seite

§. 263. Wucher.
indem namentlich hervorgehoben wurde, daß es nicht ganz unzweifelhaft
sei, ob das Verheimlichen oder Entziehen von Vermögensstücken unter
den Begriff des Betrugs in dem Sinne des Gesetzbuchs falle, und
jedenfalls nur durch ausdrückliche Vorschrift die Strafe des qualifizirten
Betruges für solche Handlungen begründet werde. t) -- In dem ver-
einigten ständischen Ausschuß wiederholte sich der Streit. Die vorbe-
rathende Abtheilung beantragte im Wesentlichen aus denselben Gründen,
welche schon in der Staatsraths-Kommission geltend gemacht waren, die
Streichung der angeführten Bestimmungen, und es wurde noch in den
weiteren Verhandlungen bemerkt, daß, soweit eine vorsätzliche Benach-
theiligung der Gläubiger stattfinde, die allgemeinen Strafbestimmungen
über den Betrug ausreichten, was von anderer Seite in Zweifel ge-
zogen wurde. Der Ausschuß erklärte sich für die Beibehaltung der
Paragraphen, u) welche der Entwurf von 1850. aber weggelassen hat.
In der Kommission der ersten Kammer wurde nun zwar ein Antrag
auf deren Wiederherstellung gemacht; er fand jedoch keine Unterstützung,
da die Praxis ähnliche Bestimmungen bereits abolirt habe, der That-
bestand schwer festzustellen sei, und die Vorschriften über den Betrug in
der Regel auch hier ausreichen würden. v)



Fünfundzwanzigster Titel.
Strafbarer Eigennutz.
§. 263.

Wer sich von seinen Schuldnern höhere Zinsen, als die Gesetze zulassen,
vorbedingt oder zahlen läßt und entweder diese Ueberschreitung gewohnheits-
mäßig betreibt oder das Geschäft so einkleidet, daß dadurch die Gesetzwidrigkeit
versteckt wird, ist wegen Wuchers mit Gefängniß von drei Monaten bis zu
Einem Jahre und zugleich mit Geldbuße von funfzig bis zu Eintausend Tha-
lern, sowie mit zeitiger Untersagung der Ausübung der bürgerlichen Ehren-
rechte zu bestrafen.



Unter der Bezeichnung "strafbarer Eigennutz" sind in diesem Titel

t) Revision von 1845. III. S. 57. 58.
u) Verhandlungen. IV. S. 332--37.
v) Bericht der Kommission der ersten Kammer zu §. 261. -- Allge-
meine Bestimmungen über den Betrug beim Konkurse enthalten übrigens Hessisches
Strafgesetzb.
Art. 402. -- Badisches Strafgesetzb. §. 465. 466., obgleich
sie den Bankerutt auch nur bei Handeltreibenden annehmen.

§. 263. Wucher.
indem namentlich hervorgehoben wurde, daß es nicht ganz unzweifelhaft
ſei, ob das Verheimlichen oder Entziehen von Vermögensſtücken unter
den Begriff des Betrugs in dem Sinne des Geſetzbuchs falle, und
jedenfalls nur durch ausdrückliche Vorſchrift die Strafe des qualifizirten
Betruges für ſolche Handlungen begründet werde. t) — In dem ver-
einigten ſtändiſchen Ausſchuß wiederholte ſich der Streit. Die vorbe-
rathende Abtheilung beantragte im Weſentlichen aus denſelben Gründen,
welche ſchon in der Staatsraths-Kommiſſion geltend gemacht waren, die
Streichung der angeführten Beſtimmungen, und es wurde noch in den
weiteren Verhandlungen bemerkt, daß, ſoweit eine vorſätzliche Benach-
theiligung der Gläubiger ſtattfinde, die allgemeinen Strafbeſtimmungen
über den Betrug ausreichten, was von anderer Seite in Zweifel ge-
zogen wurde. Der Ausſchuß erklärte ſich für die Beibehaltung der
Paragraphen, u) welche der Entwurf von 1850. aber weggelaſſen hat.
In der Kommiſſion der erſten Kammer wurde nun zwar ein Antrag
auf deren Wiederherſtellung gemacht; er fand jedoch keine Unterſtützung,
da die Praxis ähnliche Beſtimmungen bereits abolirt habe, der That-
beſtand ſchwer feſtzuſtellen ſei, und die Vorſchriften über den Betrug in
der Regel auch hier ausreichen würden. v)



Fünfundzwanzigſter Titel.
Strafbarer Eigennutz.
§. 263.

Wer ſich von ſeinen Schuldnern höhere Zinſen, als die Geſetze zulaſſen,
vorbedingt oder zahlen läßt und entweder dieſe Ueberſchreitung gewohnheits-
mäßig betreibt oder das Geſchäft ſo einkleidet, daß dadurch die Geſetzwidrigkeit
verſteckt wird, iſt wegen Wuchers mit Gefängniß von drei Monaten bis zu
Einem Jahre und zugleich mit Geldbuße von funfzig bis zu Eintauſend Tha-
lern, ſowie mit zeitiger Unterſagung der Ausübung der bürgerlichen Ehren-
rechte zu beſtrafen.



Unter der Bezeichnung „ſtrafbarer Eigennutz“ ſind in dieſem Titel

t) Reviſion von 1845. III. S. 57. 58.
u) Verhandlungen. IV. S. 332—37.
v) Bericht der Kommiſſion der erſten Kammer zu §. 261. — Allge-
meine Beſtimmungen über den Betrug beim Konkurſe enthalten übrigens Heſſiſches
Strafgeſetzb.
Art. 402. — Badiſches Strafgeſetzb. §. 465. 466., obgleich
ſie den Bankerutt auch nur bei Handeltreibenden annehmen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0509" n="499"/><fw place="top" type="header">§. 263. Wucher.</fw><lb/>
indem namentlich hervorgehoben          wurde, daß es nicht ganz unzweifelhaft<lb/>
&#x017F;ei, ob das Verheimlichen oder          Entziehen von Vermögens&#x017F;tücken unter<lb/>
den Begriff des Betrugs in dem Sinne          des Ge&#x017F;etzbuchs falle, und<lb/>
jedenfalls nur durch ausdrückliche          Vor&#x017F;chrift die Strafe des qualifizirten<lb/>
Betruges für &#x017F;olche          Handlungen begründet werde. <note place="foot" n="t)"><hi rendition="#g">Revi&#x017F;ion von</hi> 1845. III. S. 57. 58.</note> &#x2014; In dem          ver-<lb/>
einigten &#x017F;tändi&#x017F;chen Aus&#x017F;chuß wiederholte          &#x017F;ich der Streit. Die vorbe-<lb/>
rathende Abtheilung beantragte im          We&#x017F;entlichen aus den&#x017F;elben Gründen,<lb/>
welche &#x017F;chon in          der Staatsraths-Kommi&#x017F;&#x017F;ion geltend gemacht waren, die<lb/>
Streichung          der angeführten Be&#x017F;timmungen, und es wurde noch in den<lb/>
weiteren          Verhandlungen bemerkt, daß, &#x017F;oweit eine vor&#x017F;ätzliche          Benach-<lb/>
theiligung der Gläubiger &#x017F;tattfinde, die allgemeinen          Strafbe&#x017F;timmungen<lb/>
über den Betrug ausreichten, was von anderer Seite in          Zweifel ge-<lb/>
zogen wurde. Der Aus&#x017F;chuß erklärte &#x017F;ich für die          Beibehaltung der<lb/>
Paragraphen, <note place="foot" n="u)"><hi rendition="#g">Verhandlungen</hi>. IV. S. 332&#x2014;37.</note> welche der Entwurf von 1850. aber          weggela&#x017F;&#x017F;en hat.<lb/>
In der Kommi&#x017F;&#x017F;ion der          er&#x017F;ten Kammer wurde nun zwar ein Antrag<lb/>
auf deren          Wiederher&#x017F;tellung gemacht; er fand jedoch keine Unter&#x017F;tützung,<lb/>
da          die Praxis ähnliche Be&#x017F;timmungen bereits abolirt habe, der          That-<lb/>
be&#x017F;tand &#x017F;chwer fe&#x017F;tzu&#x017F;tellen          &#x017F;ei, und die Vor&#x017F;chriften über den Betrug in<lb/>
der Regel auch hier          ausreichen würden. <note place="foot" n="v)"><hi rendition="#g">Bericht der            Kommi&#x017F;&#x017F;ion der er&#x017F;ten Kammer</hi> zu §. 261.           &#x2014; Allge-<lb/>
meine Be&#x017F;timmungen über den Betrug beim           Konkur&#x017F;e enthalten übrigens <hi rendition="#g">He&#x017F;&#x017F;i&#x017F;ches<lb/>
Strafge&#x017F;etzb.</hi> Art. 402.           &#x2014; <hi rendition="#g">Badi&#x017F;ches Strafge&#x017F;etzb.</hi> §. 465.           466., obgleich<lb/>
&#x017F;ie den Bankerutt auch nur bei Handeltreibenden           annehmen.</note>         </p>
              </div>
            </div>
          </div><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <div n="3">
            <head><hi rendition="#b">Fünfundzwanzig&#x017F;ter Titel.</hi><lb/><hi rendition="#g">Strafbarer Eigennutz</hi>.</head><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 263.</head><lb/>
              <div n="5">
                <head/>
                <p>Wer &#x017F;ich von &#x017F;einen Schuldnern höhere Zin&#x017F;en, als die          Ge&#x017F;etze zula&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
vorbedingt oder zahlen läßt und          entweder die&#x017F;e Ueber&#x017F;chreitung gewohnheits-<lb/>
mäßig betreibt oder          das Ge&#x017F;chäft &#x017F;o einkleidet, daß dadurch die          Ge&#x017F;etzwidrigkeit<lb/>
ver&#x017F;teckt wird, i&#x017F;t wegen Wuchers mit          Gefängniß von drei Monaten bis zu<lb/>
Einem Jahre und zugleich mit Geldbuße von funfzig bis          zu Eintau&#x017F;end Tha-<lb/>
lern, &#x017F;owie mit zeitiger          Unter&#x017F;agung der Ausübung der bürgerlichen Ehren-<lb/>
rechte zu          be&#x017F;trafen.</p>
              </div><lb/>
              <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
              <div n="5">
                <head/>
                <p>Unter der Bezeichnung &#x201E;&#x017F;trafbarer Eigennutz&#x201C;          &#x017F;ind in die&#x017F;em Titel<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[499/0509] §. 263. Wucher. indem namentlich hervorgehoben wurde, daß es nicht ganz unzweifelhaft ſei, ob das Verheimlichen oder Entziehen von Vermögensſtücken unter den Begriff des Betrugs in dem Sinne des Geſetzbuchs falle, und jedenfalls nur durch ausdrückliche Vorſchrift die Strafe des qualifizirten Betruges für ſolche Handlungen begründet werde. t) — In dem ver- einigten ſtändiſchen Ausſchuß wiederholte ſich der Streit. Die vorbe- rathende Abtheilung beantragte im Weſentlichen aus denſelben Gründen, welche ſchon in der Staatsraths-Kommiſſion geltend gemacht waren, die Streichung der angeführten Beſtimmungen, und es wurde noch in den weiteren Verhandlungen bemerkt, daß, ſoweit eine vorſätzliche Benach- theiligung der Gläubiger ſtattfinde, die allgemeinen Strafbeſtimmungen über den Betrug ausreichten, was von anderer Seite in Zweifel ge- zogen wurde. Der Ausſchuß erklärte ſich für die Beibehaltung der Paragraphen, u) welche der Entwurf von 1850. aber weggelaſſen hat. In der Kommiſſion der erſten Kammer wurde nun zwar ein Antrag auf deren Wiederherſtellung gemacht; er fand jedoch keine Unterſtützung, da die Praxis ähnliche Beſtimmungen bereits abolirt habe, der That- beſtand ſchwer feſtzuſtellen ſei, und die Vorſchriften über den Betrug in der Regel auch hier ausreichen würden. v) Fünfundzwanzigſter Titel. Strafbarer Eigennutz. §. 263. Wer ſich von ſeinen Schuldnern höhere Zinſen, als die Geſetze zulaſſen, vorbedingt oder zahlen läßt und entweder dieſe Ueberſchreitung gewohnheits- mäßig betreibt oder das Geſchäft ſo einkleidet, daß dadurch die Geſetzwidrigkeit verſteckt wird, iſt wegen Wuchers mit Gefängniß von drei Monaten bis zu Einem Jahre und zugleich mit Geldbuße von funfzig bis zu Eintauſend Tha- lern, ſowie mit zeitiger Unterſagung der Ausübung der bürgerlichen Ehren- rechte zu beſtrafen. Unter der Bezeichnung „ſtrafbarer Eigennutz“ ſind in dieſem Titel t) Reviſion von 1845. III. S. 57. 58. u) Verhandlungen. IV. S. 332—37. v) Bericht der Kommiſſion der erſten Kammer zu §. 261. — Allge- meine Beſtimmungen über den Betrug beim Konkurſe enthalten übrigens Heſſiſches Strafgeſetzb. Art. 402. — Badiſches Strafgeſetzb. §. 465. 466., obgleich ſie den Bankerutt auch nur bei Handeltreibenden annehmen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/509
Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 499. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/509>, abgerufen am 21.12.2024.