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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

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§. 230. Begriff des Raubes.
einverstanden, und der Entwurf von 1847. enthielt daher keine Bestim-
mung über die Bestrafung fremder Theilnehmer am Diebstahle unter
Verwandten. Der Entwurf von 1850. §. 211., welcher nicht nur
gegen die Ehegatten, sondern auch gegen die näher bezeichneten Ver-
wandten überhaupt keine Bestrafung eintreten ließ, hatte dagegen den
Satz hinzugefügt:

"Diese Bestimmung findet keine Anwendung auf andere Personen,
welche als Theilnehmer oder Hehler schuldig sind."

Für die Fälle des §. 228. ist diese Bestimmung beibehalten worden,
für die des neugebildeten §. 229. erschien sie aber überflüssig, indem die
allgemeinen Grundsätze über die Theilnahme und die Strafanträge der
Verletzten (§§. 50-54.) hier maaßgebend sein sollten.

a. Wenn ein Ehegatte oder ein leiblicher Ascendent im Fall des
§. 228. der Thäter ist, so bleibt er freilich straflos, gegen andere Theil-
nehmer wird aber eingeschritten, als wenn jene Ausnahmebestimmung
gar keine Geltung hätte.
b. Ist in einem Falle des §. 229. ein Strafantrag erhoben, so
kommt die Regel des §. 52. zur Anwendung. Es kann also nicht,
wenn mehrere Kinder den Vater, mehrere Pflegebefohlene den Erzieher
bestohlen haben, auf die Bestrafung des Einen angetragen werden,
ohne daß nicht die Untersuchung auch gegen die anderen eingeleitet
würde.
c. Ist kein Strafantrag erhoben worden, so tritt eine Verfolgung
und Bestrafung der in §. 229. genannten Personen nicht ein; anderen
Theilnehmern kommt aber diese Begünstigung nicht zu statten. Es stellt
sich dann die Sache so, wie sie nach §. 228. ohne Rücksicht auf Straf-
anträge sich verhält. Die Vorschrift des §. 52. kommt hier nicht in
Betracht, da es sich nicht von den Folgen der Anbringung eines Straf-
antrags handelt, sondern von der Befreiung einzelner Personen von der
Untersuchung, weil kein Strafantrag gestellt worden ist.


Neunzehnter Titel.
Raub und Erpressung.
§. 230.

Einen Raub begeht, wer mit Gewalt gegen eine Person, oder unter An-
wendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben,
eine fremde bewegliche Sache einem Anderen in der Absicht wegnimmt, sich
dieselbe rechtswidrig zuzueignen.


§. 230. Begriff des Raubes.
einverſtanden, und der Entwurf von 1847. enthielt daher keine Beſtim-
mung über die Beſtrafung fremder Theilnehmer am Diebſtahle unter
Verwandten. Der Entwurf von 1850. §. 211., welcher nicht nur
gegen die Ehegatten, ſondern auch gegen die näher bezeichneten Ver-
wandten überhaupt keine Beſtrafung eintreten ließ, hatte dagegen den
Satz hinzugefügt:

„Dieſe Beſtimmung findet keine Anwendung auf andere Perſonen,
welche als Theilnehmer oder Hehler ſchuldig ſind.“

Für die Fälle des §. 228. iſt dieſe Beſtimmung beibehalten worden,
für die des neugebildeten §. 229. erſchien ſie aber überflüſſig, indem die
allgemeinen Grundſätze über die Theilnahme und die Strafanträge der
Verletzten (§§. 50-54.) hier maaßgebend ſein ſollten.

a. Wenn ein Ehegatte oder ein leiblicher Aſcendent im Fall des
§. 228. der Thäter iſt, ſo bleibt er freilich ſtraflos, gegen andere Theil-
nehmer wird aber eingeſchritten, als wenn jene Ausnahmebeſtimmung
gar keine Geltung hätte.
b. Iſt in einem Falle des §. 229. ein Strafantrag erhoben, ſo
kommt die Regel des §. 52. zur Anwendung. Es kann alſo nicht,
wenn mehrere Kinder den Vater, mehrere Pflegebefohlene den Erzieher
beſtohlen haben, auf die Beſtrafung des Einen angetragen werden,
ohne daß nicht die Unterſuchung auch gegen die anderen eingeleitet
würde.
c. Iſt kein Strafantrag erhoben worden, ſo tritt eine Verfolgung
und Beſtrafung der in §. 229. genannten Perſonen nicht ein; anderen
Theilnehmern kommt aber dieſe Begünſtigung nicht zu ſtatten. Es ſtellt
ſich dann die Sache ſo, wie ſie nach §. 228. ohne Rückſicht auf Straf-
anträge ſich verhält. Die Vorſchrift des §. 52. kommt hier nicht in
Betracht, da es ſich nicht von den Folgen der Anbringung eines Straf-
antrags handelt, ſondern von der Befreiung einzelner Perſonen von der
Unterſuchung, weil kein Strafantrag geſtellt worden iſt.


Neunzehnter Titel.
Raub und Erpreſſung.
§. 230.

Einen Raub begeht, wer mit Gewalt gegen eine Perſon, oder unter An-
wendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben,
eine fremde bewegliche Sache einem Anderen in der Abſicht wegnimmt, ſich
dieſelbe rechtswidrig zuzueignen.


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[439/0449] §. 230. Begriff des Raubes. einverſtanden, und der Entwurf von 1847. enthielt daher keine Beſtim- mung über die Beſtrafung fremder Theilnehmer am Diebſtahle unter Verwandten. Der Entwurf von 1850. §. 211., welcher nicht nur gegen die Ehegatten, ſondern auch gegen die näher bezeichneten Ver- wandten überhaupt keine Beſtrafung eintreten ließ, hatte dagegen den Satz hinzugefügt: „Dieſe Beſtimmung findet keine Anwendung auf andere Perſonen, welche als Theilnehmer oder Hehler ſchuldig ſind.“ Für die Fälle des §. 228. iſt dieſe Beſtimmung beibehalten worden, für die des neugebildeten §. 229. erſchien ſie aber überflüſſig, indem die allgemeinen Grundſätze über die Theilnahme und die Strafanträge der Verletzten (§§. 50-54.) hier maaßgebend ſein ſollten. a. Wenn ein Ehegatte oder ein leiblicher Aſcendent im Fall des §. 228. der Thäter iſt, ſo bleibt er freilich ſtraflos, gegen andere Theil- nehmer wird aber eingeſchritten, als wenn jene Ausnahmebeſtimmung gar keine Geltung hätte. b. Iſt in einem Falle des §. 229. ein Strafantrag erhoben, ſo kommt die Regel des §. 52. zur Anwendung. Es kann alſo nicht, wenn mehrere Kinder den Vater, mehrere Pflegebefohlene den Erzieher beſtohlen haben, auf die Beſtrafung des Einen angetragen werden, ohne daß nicht die Unterſuchung auch gegen die anderen eingeleitet würde. c. Iſt kein Strafantrag erhoben worden, ſo tritt eine Verfolgung und Beſtrafung der in §. 229. genannten Perſonen nicht ein; anderen Theilnehmern kommt aber dieſe Begünſtigung nicht zu ſtatten. Es ſtellt ſich dann die Sache ſo, wie ſie nach §. 228. ohne Rückſicht auf Straf- anträge ſich verhält. Die Vorſchrift des §. 52. kommt hier nicht in Betracht, da es ſich nicht von den Folgen der Anbringung eines Straf- antrags handelt, ſondern von der Befreiung einzelner Perſonen von der Unterſuchung, weil kein Strafantrag geſtellt worden iſt. Neunzehnter Titel. Raub und Erpreſſung. §. 230. Einen Raub begeht, wer mit Gewalt gegen eine Perſon, oder unter An- wendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben, eine fremde bewegliche Sache einem Anderen in der Abſicht wegnimmt, ſich dieſelbe rechtswidrig zuzueignen.

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Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 439. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/449>, abgerufen am 21.11.2024.