schädigung und von der Selbsthülfe. Allein dazu ist der Zusatz nicht erforderlich. Wer die Sache nimmt, um sie sofort zu zerstören, der hat nicht die Absicht der Zueignung, und wer Selbsthülfe verübt, der be- trachtet die Zueignung nicht als eine widerrechtliche; in beiden Fällen kann auch nach dem Entwurf kein Diebstahl angenommen werden."
Diese auch dem Rheinischen Recht entsprechende Ansicht über den Dolus bei dem Diebstahl ist später festgehalten worden, obgleich sie namentlich in dem vereinigten ständischen Ausschuß in dem Laufe einer sehr unklar geführten Verhandlung lebhaft bekämpft wurde. d) Geschieht aber überhaupt der gewinnsüchtigen Absicht keine Erwähnung, so fällt auch die Unterscheidung, ob der Thäter die Sache für sich oder einen Anderen gestohlen hat, von selbst weg.
IV. Noch der Entwurf von 1847. §. 267. hatte eine Bestimmung über den Zeitpunkt, wann der Diebstahl für vollendet zu halten ist, indem er dabei der s. g. Apprehensionstheorie folgte. Das Gesetzbuch hat diese Vorschrift weggelassen, in der richtigen Ansicht, daß die Lösung solcher Fragen der Jurisprudenz zu überlassen ist, und weil bei der Be- handlung, welche der Versuch gegenwärtig gefunden hat, die praktische Bedeutung einer solchen Bestimmung nur gering ist. e)
§. 216.
Der Diebstahl und der Versuch des Diebstahls wird mit Gefängniß nicht unter Einem Monate und mit zeitiger Untersagung der Ausübung der bürger- lichen Ehrenrechte bestraft. Der Schuldige kann zugleich unter Polizei-Aufsicht gestellt werden.
Wird festgestellt, daß mildernde Umstände vorhanden sind, so kann die Strafe bis auf Eine Woche Gefängniß ermäßigt werden.
§. 217.
In folgenden Fällen soll die Gefängnißstrafe nicht unter drei Mona- ten sein:
1) wenn Ackergeräthschaften oder Thiere, welche zum Ackerbau gebraucht werden, von dem Felde, Thiere von der Weide, Wild aus umzäunten Gehegen, Fische aus Teichen oder Behältern, Bienenstöcke von dem Stande, Tuche, Linnen, Gewebe oder Garne von dem Rahmen oder von der Bleiche gestohlen werden;
2) wenn Früchte oder andere Bodenerzeugnisse, welche bereits geerndtet sind, von Feldern oder Wiesen oder aus Gärten gestohlen werden;
3) wenn geschlagenes Holz aus dem Walde oder von der Ablage, oder wenn Schwemm- oder Flößholz gestohlen wird;
d)Verhandlungen. IV. S. 122 ff. -- Vgl. Bericht der Kommission der zweiten Kammer zu §. 198. (215.) -- Bericht der Kommission der ersten Kammer ebendas.
e)Motive zum Entwurf von 1850. §. 198.
27*
§§. 216. 217. Einfacher Diebſtahl.
ſchädigung und von der Selbſthülfe. Allein dazu iſt der Zuſatz nicht erforderlich. Wer die Sache nimmt, um ſie ſofort zu zerſtören, der hat nicht die Abſicht der Zueignung, und wer Selbſthülfe verübt, der be- trachtet die Zueignung nicht als eine widerrechtliche; in beiden Fällen kann auch nach dem Entwurf kein Diebſtahl angenommen werden.“
Dieſe auch dem Rheiniſchen Recht entſprechende Anſicht über den Dolus bei dem Diebſtahl iſt ſpäter feſtgehalten worden, obgleich ſie namentlich in dem vereinigten ſtändiſchen Ausſchuß in dem Laufe einer ſehr unklar geführten Verhandlung lebhaft bekämpft wurde. d) Geſchieht aber überhaupt der gewinnſüchtigen Abſicht keine Erwähnung, ſo fällt auch die Unterſcheidung, ob der Thäter die Sache für ſich oder einen Anderen geſtohlen hat, von ſelbſt weg.
IV. Noch der Entwurf von 1847. §. 267. hatte eine Beſtimmung über den Zeitpunkt, wann der Diebſtahl für vollendet zu halten iſt, indem er dabei der ſ. g. Apprehenſionstheorie folgte. Das Geſetzbuch hat dieſe Vorſchrift weggelaſſen, in der richtigen Anſicht, daß die Löſung ſolcher Fragen der Jurisprudenz zu überlaſſen iſt, und weil bei der Be- handlung, welche der Verſuch gegenwärtig gefunden hat, die praktiſche Bedeutung einer ſolchen Beſtimmung nur gering iſt. e)
§. 216.
Der Diebſtahl und der Verſuch des Diebſtahls wird mit Gefängniß nicht unter Einem Monate und mit zeitiger Unterſagung der Ausübung der bürger- lichen Ehrenrechte beſtraft. Der Schuldige kann zugleich unter Polizei-Aufſicht geſtellt werden.
Wird feſtgeſtellt, daß mildernde Umſtände vorhanden ſind, ſo kann die Strafe bis auf Eine Woche Gefängniß ermäßigt werden.
§. 217.
In folgenden Fällen ſoll die Gefängnißſtrafe nicht unter drei Mona- ten ſein:
1) wenn Ackergeräthſchaften oder Thiere, welche zum Ackerbau gebraucht werden, von dem Felde, Thiere von der Weide, Wild aus umzäunten Gehegen, Fiſche aus Teichen oder Behältern, Bienenſtöcke von dem Stande, Tuche, Linnen, Gewebe oder Garne von dem Rahmen oder von der Bleiche geſtohlen werden;
2) wenn Früchte oder andere Bodenerzeugniſſe, welche bereits geerndtet ſind, von Feldern oder Wieſen oder aus Gärten geſtohlen werden;
3) wenn geſchlagenes Holz aus dem Walde oder von der Ablage, oder wenn Schwemm- oder Flößholz geſtohlen wird;
d)Verhandlungen. IV. S. 122 ff. — Vgl. Bericht der Kommiſſion der zweiten Kammer zu §. 198. (215.) — Bericht der Kommiſſion der erſten Kammer ebendaſ.
e)Motive zum Entwurf von 1850. §. 198.
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erforderlich. Wer die Sache nimmt, um ſie ſofort zu zerſtören, der hat
nicht die Abſicht der Zueignung, und wer Selbſthülfe verübt, der be-
trachtet die Zueignung nicht als eine widerrechtliche; in beiden Fällen
kann auch nach dem Entwurf kein Diebſtahl angenommen werden.“
Dieſe auch dem Rheiniſchen Recht entſprechende Anſicht über den
Dolus bei dem Diebſtahl iſt ſpäter feſtgehalten worden, obgleich ſie
namentlich in dem vereinigten ſtändiſchen Ausſchuß in dem Laufe einer
ſehr unklar geführten Verhandlung lebhaft bekämpft wurde. d) Geſchieht
aber überhaupt der gewinnſüchtigen Abſicht keine Erwähnung, ſo fällt
auch die Unterſcheidung, ob der Thäter die Sache für ſich oder einen
Anderen geſtohlen hat, von ſelbſt weg.
IV. Noch der Entwurf von 1847. §. 267. hatte eine Beſtimmung
über den Zeitpunkt, wann der Diebſtahl für vollendet zu halten iſt,
indem er dabei der ſ. g. Apprehenſionstheorie folgte. Das Geſetzbuch
hat dieſe Vorſchrift weggelaſſen, in der richtigen Anſicht, daß die Löſung
ſolcher Fragen der Jurisprudenz zu überlaſſen iſt, und weil bei der Be-
handlung, welche der Verſuch gegenwärtig gefunden hat, die praktiſche
Bedeutung einer ſolchen Beſtimmung nur gering iſt. e)
§. 216.
Der Diebſtahl und der Verſuch des Diebſtahls wird mit Gefängniß nicht
unter Einem Monate und mit zeitiger Unterſagung der Ausübung der bürger-
lichen Ehrenrechte beſtraft. Der Schuldige kann zugleich unter Polizei-Aufſicht
geſtellt werden.
Wird feſtgeſtellt, daß mildernde Umſtände vorhanden ſind, ſo kann die
Strafe bis auf Eine Woche Gefängniß ermäßigt werden.
§. 217.
In folgenden Fällen ſoll die Gefängnißſtrafe nicht unter drei Mona-
ten ſein:
1) wenn Ackergeräthſchaften oder Thiere, welche zum Ackerbau gebraucht
werden, von dem Felde, Thiere von der Weide, Wild aus umzäunten
Gehegen, Fiſche aus Teichen oder Behältern, Bienenſtöcke von dem
Stande, Tuche, Linnen, Gewebe oder Garne von dem Rahmen oder
von der Bleiche geſtohlen werden;
2) wenn Früchte oder andere Bodenerzeugniſſe, welche bereits geerndtet ſind,
von Feldern oder Wieſen oder aus Gärten geſtohlen werden;
3) wenn geſchlagenes Holz aus dem Walde oder von der Ablage, oder
wenn Schwemm- oder Flößholz geſtohlen wird;
d) Verhandlungen. IV. S. 122 ff. — Vgl. Bericht der Kommiſſion
der zweiten Kammer zu §. 198. (215.) — Bericht der Kommiſſion der
erſten Kammer ebendaſ.
e) Motive zum Entwurf von 1850. §. 198.
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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 411. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/421>, abgerufen am 22.02.2025.
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