Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

Bild:
<< vorherige Seite
§. 195. Theilnahme an einem Kaufhandel.

E. Die vorsätzliche Körperverletzung oder Mißhandlung hat den
Tod des Verletzten zur Folge gehabt; dann tritt Zuchthausstrafe von
zehn bis zu zwanzig Jahren ein (§. 194.) Hier wird aber voraus-
gesetzt, daß die Absicht nicht auf die Herbeiführung eines solchen Aus-
gangs gerichtet ist; denn ist dieses der Fall, so liegt entweder ein Mord
oder ein Todtschlag vor.

§. 195.

Wenn bei einer Schlägerei oder bei einem von Mehreren verübten Angriff
ein Mensch getödtet wird, oder eine schwere Körperverletzung (§. 193.) er-
leidet, so ist jeder Theilnehmer an der Schlägerei oder dem Angriff schon
wegen dieser Theilnahme mit Gefängniß nicht unter drei Monaten zu bestra-
fen, insofern nicht festgestellt wird, daß er ohne sein Verschulden hineingezogen
worden.

Sind mehreren Theilnehmern solche Verletzungen zuzuschreiben, welche nicht
einzeln für sich, sondern nur in ihrer Gesammtheit den Tod oder die schwere
Körperverletzung zur Folge gehabt haben, so ist jeder dieser Theilnehmer mit
Zuchthaus bis zu zehn Jahren zu bestrafen.

Die Anwendung der Gesetze gegen diejenigen, welche als Anstifter oder
Urheber eines Mordes, oder eines Todtschlages, oder einer schweren Körper-
verletzung, oder als Theilnehmer an diesen Verbrechen schuldig sind, ist hier-
durch nicht ausgeschlossen.



Wenn ein Mord, ein Todtschlag oder eine schwere Körperverletzung
von mehreren Theilnehmern begangen worden ist, und es wird fest-
gestellt, wie die Einzelnen sich bei dem Verbrechen betheiligt haben, so
kommen die allgemeinen Grundsätze über die Theilnahme an Verbrechen
und Vergehen (§§. 34. 35.) zur Anwendung. Nur der Vollständigkeit
wegen und zur richtigen Begränzung der vorangehenden Bestimmungen
ist dieß in §. 195. Abs. 3. ausdrücklich ausgesprochen worden.

Es geschieht nämlich nicht selten, daß bei einer Schlägerei oder
einem von Mehreren verübten Angriff ein Mensch getödtet wird oder
eine schwere Körperverletzung erleidet, ohne daß bestimmt nachgewiesen
werden kann, welchem von den Theilnehmern die That beizumessen ist.
Schon die Karolina (Art. 148.) stellte über Fälle dieser Art nach dem
Vorgange älterer Deutscher Rechtsquellen besondere Bestimmungen auf,
deren mangelhafte Fassung aber die Ausbildung fester Rechtsgrundsätze
in der gemeinrechtlichen Doktrin verhindert hat. Die neueren Deutschen
Gesetzgebungen haben den Gegenstand aber wieder aufgenommen, und
in besonderen Vorschriften über die Tödtung und über die Körperver-

§. 195. Theilnahme an einem Kaufhandel.

E. Die vorſätzliche Körperverletzung oder Mißhandlung hat den
Tod des Verletzten zur Folge gehabt; dann tritt Zuchthausſtrafe von
zehn bis zu zwanzig Jahren ein (§. 194.) Hier wird aber voraus-
geſetzt, daß die Abſicht nicht auf die Herbeiführung eines ſolchen Aus-
gangs gerichtet iſt; denn iſt dieſes der Fall, ſo liegt entweder ein Mord
oder ein Todtſchlag vor.

§. 195.

Wenn bei einer Schlägerei oder bei einem von Mehreren verübten Angriff
ein Menſch getödtet wird, oder eine ſchwere Körperverletzung (§. 193.) er-
leidet, ſo iſt jeder Theilnehmer an der Schlägerei oder dem Angriff ſchon
wegen dieſer Theilnahme mit Gefängniß nicht unter drei Monaten zu beſtra-
fen, inſofern nicht feſtgeſtellt wird, daß er ohne ſein Verſchulden hineingezogen
worden.

Sind mehreren Theilnehmern ſolche Verletzungen zuzuſchreiben, welche nicht
einzeln für ſich, ſondern nur in ihrer Geſammtheit den Tod oder die ſchwere
Körperverletzung zur Folge gehabt haben, ſo iſt jeder dieſer Theilnehmer mit
Zuchthaus bis zu zehn Jahren zu beſtrafen.

Die Anwendung der Geſetze gegen diejenigen, welche als Anſtifter oder
Urheber eines Mordes, oder eines Todtſchlages, oder einer ſchweren Körper-
verletzung, oder als Theilnehmer an dieſen Verbrechen ſchuldig ſind, iſt hier-
durch nicht ausgeſchloſſen.



Wenn ein Mord, ein Todtſchlag oder eine ſchwere Körperverletzung
von mehreren Theilnehmern begangen worden iſt, und es wird feſt-
geſtellt, wie die Einzelnen ſich bei dem Verbrechen betheiligt haben, ſo
kommen die allgemeinen Grundſätze über die Theilnahme an Verbrechen
und Vergehen (§§. 34. 35.) zur Anwendung. Nur der Vollſtändigkeit
wegen und zur richtigen Begränzung der vorangehenden Beſtimmungen
iſt dieß in §. 195. Abſ. 3. ausdrücklich ausgeſprochen worden.

Es geſchieht nämlich nicht ſelten, daß bei einer Schlägerei oder
einem von Mehreren verübten Angriff ein Menſch getödtet wird oder
eine ſchwere Körperverletzung erleidet, ohne daß beſtimmt nachgewieſen
werden kann, welchem von den Theilnehmern die That beizumeſſen iſt.
Schon die Karolina (Art. 148.) ſtellte über Fälle dieſer Art nach dem
Vorgange älterer Deutſcher Rechtsquellen beſondere Beſtimmungen auf,
deren mangelhafte Faſſung aber die Ausbildung feſter Rechtsgrundſätze
in der gemeinrechtlichen Doktrin verhindert hat. Die neueren Deutſchen
Geſetzgebungen haben den Gegenſtand aber wieder aufgenommen, und
in beſonderen Vorſchriften über die Tödtung und über die Körperver-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0385" n="375"/>
              <fw place="top" type="header">§. 195. Theilnahme an einem Kaufhandel.</fw><lb/>
              <p><hi rendition="#aq">E</hi>. Die vor&#x017F;ätzliche Körperverletzung oder Mißhandlung         hat den<lb/>
Tod des Verletzten zur Folge gehabt; dann tritt Zuchthaus&#x017F;trafe         von<lb/>
zehn bis zu zwanzig Jahren ein (§. 194.) Hier wird aber         voraus-<lb/>
ge&#x017F;etzt, daß die Ab&#x017F;icht nicht auf die Herbeiführung eines         &#x017F;olchen Aus-<lb/>
gangs gerichtet i&#x017F;t; denn i&#x017F;t         die&#x017F;es der Fall, &#x017F;o liegt entweder ein Mord<lb/>
oder ein         Todt&#x017F;chlag vor.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 195.</head><lb/>
              <div n="5">
                <head/>
                <p>Wenn bei einer Schlägerei oder bei einem von Mehreren verübten Angriff<lb/>
ein          Men&#x017F;ch getödtet wird, oder eine &#x017F;chwere Körperverletzung (§. 193.)          er-<lb/>
leidet, &#x017F;o i&#x017F;t jeder Theilnehmer an der Schlägerei oder dem          Angriff &#x017F;chon<lb/>
wegen die&#x017F;er Theilnahme mit Gefängniß nicht unter          drei Monaten zu be&#x017F;tra-<lb/>
fen, in&#x017F;ofern nicht          fe&#x017F;tge&#x017F;tellt wird, daß er ohne &#x017F;ein Ver&#x017F;chulden          hineingezogen<lb/>
worden.</p><lb/>
                <p>Sind mehreren Theilnehmern &#x017F;olche Verletzungen zuzu&#x017F;chreiben,          welche nicht<lb/>
einzeln für &#x017F;ich, &#x017F;ondern nur in ihrer          Ge&#x017F;ammtheit den Tod oder die &#x017F;chwere<lb/>
Körperverletzung zur Folge          gehabt haben, &#x017F;o i&#x017F;t jeder die&#x017F;er Theilnehmer          mit<lb/>
Zuchthaus bis zu zehn Jahren zu be&#x017F;trafen.</p><lb/>
                <p>Die Anwendung der Ge&#x017F;etze gegen diejenigen, welche als An&#x017F;tifter          oder<lb/>
Urheber eines Mordes, oder eines Todt&#x017F;chlages, oder einer          &#x017F;chweren Körper-<lb/>
verletzung, oder als Theilnehmer an die&#x017F;en          Verbrechen &#x017F;chuldig &#x017F;ind, i&#x017F;t hier-<lb/>
durch nicht          ausge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en.</p>
              </div><lb/>
              <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
              <div n="5">
                <head/>
                <p>Wenn ein Mord, ein Todt&#x017F;chlag oder eine &#x017F;chwere          Körperverletzung<lb/>
von mehreren Theilnehmern begangen worden i&#x017F;t, und es wird          fe&#x017F;t-<lb/>
ge&#x017F;tellt, wie die Einzelnen &#x017F;ich bei dem          Verbrechen betheiligt haben, &#x017F;o<lb/>
kommen die allgemeinen Grund&#x017F;ätze          über die Theilnahme an Verbrechen<lb/>
und Vergehen (§§. 34. 35.) zur Anwendung. Nur der          Voll&#x017F;tändigkeit<lb/>
wegen und zur richtigen Begränzung der vorangehenden          Be&#x017F;timmungen<lb/>
i&#x017F;t dieß in §. 195. Ab&#x017F;. 3. ausdrücklich          ausge&#x017F;prochen worden.</p><lb/>
                <p>Es ge&#x017F;chieht nämlich nicht &#x017F;elten, daß bei einer Schlägerei          oder<lb/>
einem von Mehreren verübten Angriff ein Men&#x017F;ch getödtet wird          oder<lb/>
eine &#x017F;chwere Körperverletzung erleidet, ohne daß be&#x017F;timmt          nachgewie&#x017F;en<lb/>
werden kann, welchem von den Theilnehmern die That          beizume&#x017F;&#x017F;en i&#x017F;t.<lb/>
Schon die Karolina (Art. 148.)          &#x017F;tellte über Fälle die&#x017F;er Art nach dem<lb/>
Vorgange älterer          Deut&#x017F;cher Rechtsquellen be&#x017F;ondere Be&#x017F;timmungen          auf,<lb/>
deren mangelhafte Fa&#x017F;&#x017F;ung aber die Ausbildung          fe&#x017F;ter Rechtsgrund&#x017F;ätze<lb/>
in der gemeinrechtlichen Doktrin          verhindert hat. Die neueren Deut&#x017F;chen<lb/>
Ge&#x017F;etzgebungen haben den          Gegen&#x017F;tand aber wieder aufgenommen, und<lb/>
in be&#x017F;onderen          Vor&#x017F;chriften über die Tödtung und über die Körperver-<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[375/0385] §. 195. Theilnahme an einem Kaufhandel. E. Die vorſätzliche Körperverletzung oder Mißhandlung hat den Tod des Verletzten zur Folge gehabt; dann tritt Zuchthausſtrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren ein (§. 194.) Hier wird aber voraus- geſetzt, daß die Abſicht nicht auf die Herbeiführung eines ſolchen Aus- gangs gerichtet iſt; denn iſt dieſes der Fall, ſo liegt entweder ein Mord oder ein Todtſchlag vor. §. 195. Wenn bei einer Schlägerei oder bei einem von Mehreren verübten Angriff ein Menſch getödtet wird, oder eine ſchwere Körperverletzung (§. 193.) er- leidet, ſo iſt jeder Theilnehmer an der Schlägerei oder dem Angriff ſchon wegen dieſer Theilnahme mit Gefängniß nicht unter drei Monaten zu beſtra- fen, inſofern nicht feſtgeſtellt wird, daß er ohne ſein Verſchulden hineingezogen worden. Sind mehreren Theilnehmern ſolche Verletzungen zuzuſchreiben, welche nicht einzeln für ſich, ſondern nur in ihrer Geſammtheit den Tod oder die ſchwere Körperverletzung zur Folge gehabt haben, ſo iſt jeder dieſer Theilnehmer mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren zu beſtrafen. Die Anwendung der Geſetze gegen diejenigen, welche als Anſtifter oder Urheber eines Mordes, oder eines Todtſchlages, oder einer ſchweren Körper- verletzung, oder als Theilnehmer an dieſen Verbrechen ſchuldig ſind, iſt hier- durch nicht ausgeſchloſſen. Wenn ein Mord, ein Todtſchlag oder eine ſchwere Körperverletzung von mehreren Theilnehmern begangen worden iſt, und es wird feſt- geſtellt, wie die Einzelnen ſich bei dem Verbrechen betheiligt haben, ſo kommen die allgemeinen Grundſätze über die Theilnahme an Verbrechen und Vergehen (§§. 34. 35.) zur Anwendung. Nur der Vollſtändigkeit wegen und zur richtigen Begränzung der vorangehenden Beſtimmungen iſt dieß in §. 195. Abſ. 3. ausdrücklich ausgeſprochen worden. Es geſchieht nämlich nicht ſelten, daß bei einer Schlägerei oder einem von Mehreren verübten Angriff ein Menſch getödtet wird oder eine ſchwere Körperverletzung erleidet, ohne daß beſtimmt nachgewieſen werden kann, welchem von den Theilnehmern die That beizumeſſen iſt. Schon die Karolina (Art. 148.) ſtellte über Fälle dieſer Art nach dem Vorgange älterer Deutſcher Rechtsquellen beſondere Beſtimmungen auf, deren mangelhafte Faſſung aber die Ausbildung feſter Rechtsgrundſätze in der gemeinrechtlichen Doktrin verhindert hat. Die neueren Deutſchen Geſetzgebungen haben den Gegenſtand aber wieder aufgenommen, und in beſonderen Vorſchriften über die Tödtung und über die Körperver-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/385
Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 375. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/385>, abgerufen am 30.12.2024.