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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

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Th. II. V. d. einzelnen Verbr. etc. Tit. VI. Vergehen wider d. öffentl. Ordnung.
lizei-Aufsicht gestellt, den ihnen in Folge dessen auferlegten Beschränkun-
gen entgegen handeln (§. 116.). Das niedrige Maaß der auf die
Uebertretungen gesetzten Strafen verhinderte es, die bezeichneten Vergehen
zu denselben zu stellen.

§. 117.

Wer geschäftslos und arbeitslos umherzieht, ohne sich darüber ausweisen
zu können, daß er die Mittel zu seinem Unterhalte besitze, oder doch eine Ge-
legenheit zu demselben aufsuche, wird als Landstreicher mit Gefängniß von
Einer Woche bis zu drei Monaten bestraft.

§. 118.

Die Bettelei wird in folgenden Fällen als Vergehen mit Gefängniß von
Einer Woche bis zu drei Monaten bestraft:

1) wenn Jemand unter Drohungen oder mit Waffen, oder unter Gebrauch
eines falschen Namens, oder unter Vorspiegelung eines Unglücksfalles, einer
Krankheit oder eines Gebrechens bettelt;
2) wenn Jemand bettelt, oder Kinder zum betteln anleitet oder ausschickt,
oder Personen, welche seiner Gewalt und Aufsicht untergeben sind und zu
seiner Hausgenossenschaft gehören, vom Betteln abzuhalten unterläßt, nach-
dem er in den letzten drei Jahren wegen dieser Zuwiderhandlungen zwei
oder mehrere Male rechtskräftig verurtheilt worden ist.
§. 119.

Mit Gefängniß von Einer Woche bis zu drei Monaten wird bestraft:

1) wer dem Spiele, dem Trunke oder Müßiggange sich dergestalt hingiebt,
daß er in einen Zustand versinkt, in welchem zu seinem Unterhalte oder
zum Unterhalte derjenigen, zu deren Ernährung er verpflichtet ist, durch
Vermittelung der Behörde fremde Hülfe in Anspruch genommen werden muß;
2) wer eine Unterstützung aus öffentlichen Armenfonds empfängt, wenn er sich
weigert, die ihm von der Behörde angewiesene, seinen Kräften angemessene
Arbeit zu verrichten;
3) wer nach Verlust seines bisherigen Unterkommens binnen einer von der
Ortspolizei-Behörde zu bestimmenden Frist sich kein anderweitiges Unter-
kommen verschafft hat und auch nicht nachweisen kann, daß er solches, aller
angewandten Bemühungen ungeachtet, nicht vermocht habe.
§. 120.

In den Fällen der §§. 117-119. hat das Gericht zugleich zu erkennen,
daß nach ausgestandener Strafe der Ausländer aus dem Lande zu werfen und
der Inländer in ein Arbeitshaus zu bringen sei.

Die Dauer der Einsperrung in dem Arbeitshause ist von der Landespolizei-
Behörde nach den Umständen zu ermessen; sie darf aber einen Zeitraum von
drei Jahren nicht übersteigen.



Die vorstehende Anordnungen stimmen im Allgemeinen mit den
Vorschriften überein, welche das Gesetz vom 6. Januar 1843. (Gesetzs.

Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. VI. Vergehen wider d. öffentl. Ordnung.
lizei-Aufſicht geſtellt, den ihnen in Folge deſſen auferlegten Beſchränkun-
gen entgegen handeln (§. 116.). Das niedrige Maaß der auf die
Uebertretungen geſetzten Strafen verhinderte es, die bezeichneten Vergehen
zu denſelben zu ſtellen.

§. 117.

Wer geſchäftslos und arbeitslos umherzieht, ohne ſich darüber ausweiſen
zu können, daß er die Mittel zu ſeinem Unterhalte beſitze, oder doch eine Ge-
legenheit zu demſelben aufſuche, wird als Landſtreicher mit Gefängniß von
Einer Woche bis zu drei Monaten beſtraft.

§. 118.

Die Bettelei wird in folgenden Fällen als Vergehen mit Gefängniß von
Einer Woche bis zu drei Monaten beſtraft:

1) wenn Jemand unter Drohungen oder mit Waffen, oder unter Gebrauch
eines falſchen Namens, oder unter Vorſpiegelung eines Unglücksfalles, einer
Krankheit oder eines Gebrechens bettelt;
2) wenn Jemand bettelt, oder Kinder zum betteln anleitet oder ausſchickt,
oder Perſonen, welche ſeiner Gewalt und Aufſicht untergeben ſind und zu
ſeiner Hausgenoſſenſchaft gehören, vom Betteln abzuhalten unterläßt, nach-
dem er in den letzten drei Jahren wegen dieſer Zuwiderhandlungen zwei
oder mehrere Male rechtskräftig verurtheilt worden iſt.
§. 119.

Mit Gefängniß von Einer Woche bis zu drei Monaten wird beſtraft:

1) wer dem Spiele, dem Trunke oder Müßiggange ſich dergeſtalt hingiebt,
daß er in einen Zuſtand verſinkt, in welchem zu ſeinem Unterhalte oder
zum Unterhalte derjenigen, zu deren Ernährung er verpflichtet iſt, durch
Vermittelung der Behörde fremde Hülfe in Anſpruch genommen werden muß;
2) wer eine Unterſtützung aus öffentlichen Armenfonds empfängt, wenn er ſich
weigert, die ihm von der Behörde angewieſene, ſeinen Kräften angemeſſene
Arbeit zu verrichten;
3) wer nach Verluſt ſeines bisherigen Unterkommens binnen einer von der
Ortspolizei-Behörde zu beſtimmenden Friſt ſich kein anderweitiges Unter-
kommen verſchafft hat und auch nicht nachweiſen kann, daß er ſolches, aller
angewandten Bemühungen ungeachtet, nicht vermocht habe.
§. 120.

In den Fällen der §§. 117-119. hat das Gericht zugleich zu erkennen,
daß nach ausgeſtandener Strafe der Ausländer aus dem Lande zu werfen und
der Inländer in ein Arbeitshaus zu bringen ſei.

Die Dauer der Einſperrung in dem Arbeitshauſe iſt von der Landespolizei-
Behörde nach den Umſtänden zu ermeſſen; ſie darf aber einen Zeitraum von
drei Jahren nicht überſteigen.



Die vorſtehende Anordnungen ſtimmen im Allgemeinen mit den
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[278/0288] Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. VI. Vergehen wider d. öffentl. Ordnung. lizei-Aufſicht geſtellt, den ihnen in Folge deſſen auferlegten Beſchränkun- gen entgegen handeln (§. 116.). Das niedrige Maaß der auf die Uebertretungen geſetzten Strafen verhinderte es, die bezeichneten Vergehen zu denſelben zu ſtellen. §. 117. Wer geſchäftslos und arbeitslos umherzieht, ohne ſich darüber ausweiſen zu können, daß er die Mittel zu ſeinem Unterhalte beſitze, oder doch eine Ge- legenheit zu demſelben aufſuche, wird als Landſtreicher mit Gefängniß von Einer Woche bis zu drei Monaten beſtraft. §. 118. Die Bettelei wird in folgenden Fällen als Vergehen mit Gefängniß von Einer Woche bis zu drei Monaten beſtraft: 1) wenn Jemand unter Drohungen oder mit Waffen, oder unter Gebrauch eines falſchen Namens, oder unter Vorſpiegelung eines Unglücksfalles, einer Krankheit oder eines Gebrechens bettelt; 2) wenn Jemand bettelt, oder Kinder zum betteln anleitet oder ausſchickt, oder Perſonen, welche ſeiner Gewalt und Aufſicht untergeben ſind und zu ſeiner Hausgenoſſenſchaft gehören, vom Betteln abzuhalten unterläßt, nach- dem er in den letzten drei Jahren wegen dieſer Zuwiderhandlungen zwei oder mehrere Male rechtskräftig verurtheilt worden iſt. §. 119. Mit Gefängniß von Einer Woche bis zu drei Monaten wird beſtraft: 1) wer dem Spiele, dem Trunke oder Müßiggange ſich dergeſtalt hingiebt, daß er in einen Zuſtand verſinkt, in welchem zu ſeinem Unterhalte oder zum Unterhalte derjenigen, zu deren Ernährung er verpflichtet iſt, durch Vermittelung der Behörde fremde Hülfe in Anſpruch genommen werden muß; 2) wer eine Unterſtützung aus öffentlichen Armenfonds empfängt, wenn er ſich weigert, die ihm von der Behörde angewieſene, ſeinen Kräften angemeſſene Arbeit zu verrichten; 3) wer nach Verluſt ſeines bisherigen Unterkommens binnen einer von der Ortspolizei-Behörde zu beſtimmenden Friſt ſich kein anderweitiges Unter- kommen verſchafft hat und auch nicht nachweiſen kann, daß er ſolches, aller angewandten Bemühungen ungeachtet, nicht vermocht habe. §. 120. In den Fällen der §§. 117-119. hat das Gericht zugleich zu erkennen, daß nach ausgeſtandener Strafe der Ausländer aus dem Lande zu werfen und der Inländer in ein Arbeitshaus zu bringen ſei. Die Dauer der Einſperrung in dem Arbeitshauſe iſt von der Landespolizei- Behörde nach den Umſtänden zu ermeſſen; ſie darf aber einen Zeitraum von drei Jahren nicht überſteigen. Die vorſtehende Anordnungen ſtimmen im Allgemeinen mit den Vorſchriften überein, welche das Geſetz vom 6. Januar 1843. (Geſetzſ.

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Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/288>, abgerufen am 21.11.2024.