Th. II. V. d. einzelnen Verbr. etc. Tit. VI. Vergehen wider d. öffentl. Ordnung.
nen, einen Zeugen oder Sachverständigen, während sie in der Ausübung ihres Berufes begriffen sind, oder in Beziehung auf ihren Beruf beleidigt, wird mit Gefängniß von Einer Woche bis zu Einem Jahre bestraft.
Hat die Beleidigung den Charakter der Verleumdung, so ist die Strafe Gefängniß von vierzehn Tagen bis zu achtzehn Monaten, und wenn die Verleumdung öffentlich begangen wurde, Gefängniß von Einem Monate bis zu Zwei Jahren.
Wird festgestellt, daß milderne Umstände vorhanden sind, so kann in allen Fällen die Strafe auf Geldbuße von zehn bis zu dreihundert Thalern be- stimmt werden.
§. 103.
Wegen Beleidigung einer der beiden Kammern darf die Verfolgung nur mit Ermächtigung der Kammer, und wegen Beleidigung eines Mitgliedes der Kammer nur auf dessen Antrag eingeleitet werden.
In Ansehung der übrigen im §. 102. vorgesehenen Ehrverletzungen bedarf es zur Einleitung der Verfolgung eines Antrages des Verletzten nicht.
Die Vorschriften dieser Paragraphen unterscheiden sich in zwiefacher Weise von den allgemeinen Bestimmungen über die Ehrverletzung; sie enthalten nämlich einmal höhere Strafen und stellen außerdem die Regel auf, daß es zur Einleitung der Verfolgung einess Antrags des Verletzten nicht bedarf. Ob es deswegen nöthig war, die frühere An- ordnung zu verlassen, w) und das Vergehen an dieser Stelle, statt im dreizehnten Titel bei den Verletzungen der Ehre abzuhandeln, kann al- lerdings mit Recht bezweifelt werden. Jedenfalls wird der allgemeine Begriff des hier in Frage stehenden Vergehens durch die Stellung des- selben im Systeme nicht geändert; es ist eine gesetzlich ausgezeichnete Ehrverletzung.
I. Nach dem System des Strafgesetzbuchs sind die Realinjurien auch hier ausgeschieden; sie werden unter den Mißhandlungen und Kör- perverletzungen begriffen (§. 192.).
II. Die Vorschriften des §. 102. sind der Verordnung über die Presse vom 30. Juni 1849. §. 23. entlehnt; nur sind unter den Per- sonen, deren Beleidigung härter bestraft werden soll, noch die Zeugen und Sachverständigen aufgeführt worden.
III. Die Beleidigung muß den betreffenden Körperschaften, Be- hörden und einzelnen Personen zugefügt sein, während sie in der Aus- übung ihres Berufs begriffen sind oder in Beziehung auf ihren Beruf. Diese letztere Bezeichnung ist allerdings weiter als die des Allgemeinen Landrechts (Th. II. Tit. 20. §. 208.) "in oder bei Ausübung ihres
w)Entwurf von 1847. §. 196. -- Revision von 1845. II. S. 41.
Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. VI. Vergehen wider d. öffentl. Ordnung.
nen, einen Zeugen oder Sachverſtändigen, während ſie in der Ausübung ihres Berufes begriffen ſind, oder in Beziehung auf ihren Beruf beleidigt, wird mit Gefängniß von Einer Woche bis zu Einem Jahre beſtraft.
Hat die Beleidigung den Charakter der Verleumdung, ſo iſt die Strafe Gefängniß von vierzehn Tagen bis zu achtzehn Monaten, und wenn die Verleumdung öffentlich begangen wurde, Gefängniß von Einem Monate bis zu Zwei Jahren.
Wird feſtgeſtellt, daß milderne Umſtände vorhanden ſind, ſo kann in allen Fällen die Strafe auf Geldbuße von zehn bis zu dreihundert Thalern be- ſtimmt werden.
§. 103.
Wegen Beleidigung einer der beiden Kammern darf die Verfolgung nur mit Ermächtigung der Kammer, und wegen Beleidigung eines Mitgliedes der Kammer nur auf deſſen Antrag eingeleitet werden.
In Anſehung der übrigen im §. 102. vorgeſehenen Ehrverletzungen bedarf es zur Einleitung der Verfolgung eines Antrages des Verletzten nicht.
Die Vorſchriften dieſer Paragraphen unterſcheiden ſich in zwiefacher Weiſe von den allgemeinen Beſtimmungen über die Ehrverletzung; ſie enthalten nämlich einmal höhere Strafen und ſtellen außerdem die Regel auf, daß es zur Einleitung der Verfolgung eineſs Antrags des Verletzten nicht bedarf. Ob es deswegen nöthig war, die frühere An- ordnung zu verlaſſen, w) und das Vergehen an dieſer Stelle, ſtatt im dreizehnten Titel bei den Verletzungen der Ehre abzuhandeln, kann al- lerdings mit Recht bezweifelt werden. Jedenfalls wird der allgemeine Begriff des hier in Frage ſtehenden Vergehens durch die Stellung des- ſelben im Syſteme nicht geändert; es iſt eine geſetzlich ausgezeichnete Ehrverletzung.
I. Nach dem Syſtem des Strafgeſetzbuchs ſind die Realinjurien auch hier ausgeſchieden; ſie werden unter den Mißhandlungen und Kör- perverletzungen begriffen (§. 192.).
II. Die Vorſchriften des §. 102. ſind der Verordnung über die Preſſe vom 30. Juni 1849. §. 23. entlehnt; nur ſind unter den Per- ſonen, deren Beleidigung härter beſtraft werden ſoll, noch die Zeugen und Sachverſtändigen aufgeführt worden.
III. Die Beleidigung muß den betreffenden Körperſchaften, Be- hörden und einzelnen Perſonen zugefügt ſein, während ſie in der Aus- übung ihres Berufs begriffen ſind oder in Beziehung auf ihren Beruf. Dieſe letztere Bezeichnung iſt allerdings weiter als die des Allgemeinen Landrechts (Th. II. Tit. 20. §. 208.) „in oder bei Ausübung ihres
w)Entwurf von 1847. §. 196. — Reviſion von 1845. II. S. 41.
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Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. VI. Vergehen wider d. öffentl. Ordnung.
nen, einen Zeugen oder Sachverſtändigen, während ſie in der Ausübung ihres
Berufes begriffen ſind, oder in Beziehung auf ihren Beruf beleidigt, wird mit
Gefängniß von Einer Woche bis zu Einem Jahre beſtraft.
Hat die Beleidigung den Charakter der Verleumdung, ſo iſt die Strafe
Gefängniß von vierzehn Tagen bis zu achtzehn Monaten, und wenn die
Verleumdung öffentlich begangen wurde, Gefängniß von Einem Monate bis
zu Zwei Jahren.
Wird feſtgeſtellt, daß milderne Umſtände vorhanden ſind, ſo kann in allen
Fällen die Strafe auf Geldbuße von zehn bis zu dreihundert Thalern be-
ſtimmt werden.
§. 103.
Wegen Beleidigung einer der beiden Kammern darf die Verfolgung nur
mit Ermächtigung der Kammer, und wegen Beleidigung eines Mitgliedes der
Kammer nur auf deſſen Antrag eingeleitet werden.
In Anſehung der übrigen im §. 102. vorgeſehenen Ehrverletzungen bedarf
es zur Einleitung der Verfolgung eines Antrages des Verletzten nicht.
Die Vorſchriften dieſer Paragraphen unterſcheiden ſich in zwiefacher
Weiſe von den allgemeinen Beſtimmungen über die Ehrverletzung; ſie
enthalten nämlich einmal höhere Strafen und ſtellen außerdem die
Regel auf, daß es zur Einleitung der Verfolgung eineſs Antrags des
Verletzten nicht bedarf. Ob es deswegen nöthig war, die frühere An-
ordnung zu verlaſſen, w) und das Vergehen an dieſer Stelle, ſtatt im
dreizehnten Titel bei den Verletzungen der Ehre abzuhandeln, kann al-
lerdings mit Recht bezweifelt werden. Jedenfalls wird der allgemeine
Begriff des hier in Frage ſtehenden Vergehens durch die Stellung des-
ſelben im Syſteme nicht geändert; es iſt eine geſetzlich ausgezeichnete
Ehrverletzung.
I. Nach dem Syſtem des Strafgeſetzbuchs ſind die Realinjurien
auch hier ausgeſchieden; ſie werden unter den Mißhandlungen und Kör-
perverletzungen begriffen (§. 192.).
II. Die Vorſchriften des §. 102. ſind der Verordnung über die
Preſſe vom 30. Juni 1849. §. 23. entlehnt; nur ſind unter den Per-
ſonen, deren Beleidigung härter beſtraft werden ſoll, noch die Zeugen
und Sachverſtändigen aufgeführt worden.
III. Die Beleidigung muß den betreffenden Körperſchaften, Be-
hörden und einzelnen Perſonen zugefügt ſein, während ſie in der Aus-
übung ihres Berufs begriffen ſind oder in Beziehung auf ihren Beruf.
Dieſe letztere Bezeichnung iſt allerdings weiter als die des Allgemeinen
Landrechts (Th. II. Tit. 20. §. 208.) „in oder bei Ausübung ihres
w) Entwurf von 1847. §. 196. — Reviſion von 1845. II. S. 41.
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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/280>, abgerufen am 22.02.2025.
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