Sechster Titel. Vergehen wider die öffentliche Ordnung.
§. 97.
Wer unbefugt bewaffnete Haufen bildet, oder solche befehligt, oder eine Mannschaft, von der er weiß, daß sie ohne gesetzliche Befugniß gesammelt ist, mit Waffen oder Kriegsbedürfnissen versieht, wird mit Gefängniß bis zu zwei Jahren bestraft.
Wer an solchen bewaffneten Haufen Theil nimmt, hat Gefängniß bis zu Einem Jahre verwirkt.
In diesem Titel ist eine Reihe von Vergehen aufgeführt, welche zum Theil unter einander in keiner inneren Beziehung stehen; sie tragen meistens den Charakter bloßer polizeilicher Uebertretungen an sich, zu denen sie aber nicht im dritten Theile gestellt werden konnten, weil eine höhere Strafe als das dort angenommene Maaß nothwendig schien.
Der §. 97. namentlich handelt von dem unbefugten Bilden be- waffneter Haufen; diese Handlung und die ihr gleichgestellten sind mit Gefängnißstrafe bedroht, deren Minimum von beziehungsweise sechs und drei Monaten, welches der Entwurf von 1850. §. 86. vorgeschrieben hatte, mit Rücksicht auf mögliche Fälle sehr geringer Strafbarkeit in der Kommission der zweiten Kammer gestrichen wurde. Nimmt dieß Ver- gehen, welches übrigens in den früheren Entwürfen noch nicht vorkommt, die Gestalt eines bestimmten Verbrechens an, indem z. B. die Ausfüh- rung eines hochverrätherischen Unternehmens Zweck der Anwerbung ist (§. 64.), so kommen natürlich andere gesetzliche Vorschriften zur Anwendung.
§. 98.
Die Theilnahme an einer Verbindung, deren Dasein, Verfassung oder Zweck vor der Staatsregierung geheim gehalten werden soll, oder in welcher gegen unbekannte Obere Gehorsam, oder gegen bekannte Obere unbedingter Gehorsam versprochen wird, ist an den Mitgliedern mit Gefängniß bis zu sechs Monaten, und an den Stiftern, Vorstehern und Beamten der Verbindung mit Gefängniß von Einem Monate bis zu Einem Jahre zu bestrafen.
Gegen öffentliche Beamte ist zugleich auf zeitige Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter zu erkennen.
§. 99.
Die Theilnahme an einer Verbindung, zu deren Zwecken oder Beschäfti- gungen es gehört, Maaßregeln der Verwaltung oder die Vollziehung von
Sechſter Titel. Vergehen wider die öffentliche Ordnung.
§. 97.
Wer unbefugt bewaffnete Haufen bildet, oder ſolche befehligt, oder eine Mannſchaft, von der er weiß, daß ſie ohne geſetzliche Befugniß geſammelt iſt, mit Waffen oder Kriegsbedürfniſſen verſieht, wird mit Gefängniß bis zu zwei Jahren beſtraft.
Wer an ſolchen bewaffneten Haufen Theil nimmt, hat Gefängniß bis zu Einem Jahre verwirkt.
In dieſem Titel iſt eine Reihe von Vergehen aufgeführt, welche zum Theil unter einander in keiner inneren Beziehung ſtehen; ſie tragen meiſtens den Charakter bloßer polizeilicher Uebertretungen an ſich, zu denen ſie aber nicht im dritten Theile geſtellt werden konnten, weil eine höhere Strafe als das dort angenommene Maaß nothwendig ſchien.
Der §. 97. namentlich handelt von dem unbefugten Bilden be- waffneter Haufen; dieſe Handlung und die ihr gleichgeſtellten ſind mit Gefängnißſtrafe bedroht, deren Minimum von beziehungsweiſe ſechs und drei Monaten, welches der Entwurf von 1850. §. 86. vorgeſchrieben hatte, mit Rückſicht auf mögliche Fälle ſehr geringer Strafbarkeit in der Kommiſſion der zweiten Kammer geſtrichen wurde. Nimmt dieß Ver- gehen, welches übrigens in den früheren Entwürfen noch nicht vorkommt, die Geſtalt eines beſtimmten Verbrechens an, indem z. B. die Ausfüh- rung eines hochverrätheriſchen Unternehmens Zweck der Anwerbung iſt (§. 64.), ſo kommen natürlich andere geſetzliche Vorſchriften zur Anwendung.
§. 98.
Die Theilnahme an einer Verbindung, deren Daſein, Verfaſſung oder Zweck vor der Staatsregierung geheim gehalten werden ſoll, oder in welcher gegen unbekannte Obere Gehorſam, oder gegen bekannte Obere unbedingter Gehorſam verſprochen wird, iſt an den Mitgliedern mit Gefängniß bis zu ſechs Monaten, und an den Stiftern, Vorſtehern und Beamten der Verbindung mit Gefängniß von Einem Monate bis zu Einem Jahre zu beſtrafen.
Gegen öffentliche Beamte iſt zugleich auf zeitige Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter zu erkennen.
§. 99.
Die Theilnahme an einer Verbindung, zu deren Zwecken oder Beſchäfti- gungen es gehört, Maaßregeln der Verwaltung oder die Vollziehung von
Beſeler Kommentar. 18
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0275"n="265"/><fwplace="top"type="header">§. 97. Unbef. Bilden bewaffn. Haufen. §§. 98. 99. Strafb. Theiln. an Verb.</fw><lb/><divn="3"><head><hirendition="#b">Sechſter Titel.</hi><lb/><hirendition="#g">Vergehen wider die öffentliche Ordnung</hi>.</head><lb/><divn="4"><head>§. 97.</head><lb/><divn="5"><head/><p>Wer unbefugt bewaffnete Haufen bildet, oder ſolche befehligt, oder eine<lb/>
Mannſchaft, von der er weiß, daß ſie ohne geſetzliche Befugniß geſammelt iſt,<lb/>
mit Waffen oder Kriegsbedürfniſſen verſieht, wird mit Gefängniß bis zu zwei<lb/>
Jahren beſtraft.</p><lb/><p>Wer an ſolchen bewaffneten Haufen Theil nimmt, hat Gefängniß bis zu<lb/>
Einem Jahre verwirkt.</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="5"><head/><p>In dieſem Titel iſt eine Reihe von Vergehen aufgeführt, welche<lb/>
zum Theil unter einander in keiner inneren Beziehung ſtehen; ſie tragen<lb/>
meiſtens den Charakter bloßer polizeilicher Uebertretungen an ſich, zu<lb/>
denen ſie aber nicht im dritten Theile geſtellt werden konnten, weil eine<lb/>
höhere Strafe als das dort angenommene Maaß nothwendig ſchien.</p><lb/><p>Der §. 97. namentlich handelt von dem unbefugten Bilden be-<lb/>
waffneter Haufen; dieſe Handlung und die ihr gleichgeſtellten ſind mit<lb/>
Gefängnißſtrafe bedroht, deren Minimum von beziehungsweiſe ſechs und<lb/>
drei Monaten, welches der Entwurf von 1850. §. 86. vorgeſchrieben<lb/>
hatte, mit Rückſicht auf mögliche Fälle ſehr geringer Strafbarkeit in der<lb/>
Kommiſſion der zweiten Kammer geſtrichen wurde. Nimmt dieß Ver-<lb/>
gehen, welches übrigens in den früheren Entwürfen noch nicht vorkommt,<lb/>
die Geſtalt eines beſtimmten Verbrechens an, indem z. B. die Ausfüh-<lb/>
rung eines hochverrätheriſchen Unternehmens Zweck der Anwerbung<lb/>
iſt (§. 64.), ſo kommen natürlich andere geſetzliche Vorſchriften zur<lb/>
Anwendung.</p></div></div><lb/><divn="4"><head>§. 98.</head><lb/><divn="5"><head/><p>Die Theilnahme an einer Verbindung, deren Daſein, Verfaſſung oder Zweck<lb/>
vor der Staatsregierung geheim gehalten werden ſoll, oder in welcher gegen<lb/>
unbekannte Obere Gehorſam, oder gegen bekannte Obere unbedingter Gehorſam<lb/>
verſprochen wird, iſt an den Mitgliedern mit Gefängniß bis zu ſechs Monaten,<lb/>
und an den Stiftern, Vorſtehern und Beamten der Verbindung mit Gefängniß<lb/>
von Einem Monate bis zu Einem Jahre zu beſtrafen.</p><lb/><p>Gegen öffentliche Beamte iſt zugleich auf zeitige Unfähigkeit zur Bekleidung<lb/>
öffentlicher Aemter zu erkennen.</p></div></div><lb/><divn="4"><head>§. 99.</head><lb/><divn="5"><head/><p>Die Theilnahme an einer Verbindung, zu deren Zwecken oder Beſchäfti-<lb/>
gungen es gehört, Maaßregeln der Verwaltung oder die Vollziehung von<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#g">Beſeler</hi> Kommentar. 18</fw><lb/></p></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[265/0275]
§. 97. Unbef. Bilden bewaffn. Haufen. §§. 98. 99. Strafb. Theiln. an Verb.
Sechſter Titel.
Vergehen wider die öffentliche Ordnung.
§. 97.
Wer unbefugt bewaffnete Haufen bildet, oder ſolche befehligt, oder eine
Mannſchaft, von der er weiß, daß ſie ohne geſetzliche Befugniß geſammelt iſt,
mit Waffen oder Kriegsbedürfniſſen verſieht, wird mit Gefängniß bis zu zwei
Jahren beſtraft.
Wer an ſolchen bewaffneten Haufen Theil nimmt, hat Gefängniß bis zu
Einem Jahre verwirkt.
In dieſem Titel iſt eine Reihe von Vergehen aufgeführt, welche
zum Theil unter einander in keiner inneren Beziehung ſtehen; ſie tragen
meiſtens den Charakter bloßer polizeilicher Uebertretungen an ſich, zu
denen ſie aber nicht im dritten Theile geſtellt werden konnten, weil eine
höhere Strafe als das dort angenommene Maaß nothwendig ſchien.
Der §. 97. namentlich handelt von dem unbefugten Bilden be-
waffneter Haufen; dieſe Handlung und die ihr gleichgeſtellten ſind mit
Gefängnißſtrafe bedroht, deren Minimum von beziehungsweiſe ſechs und
drei Monaten, welches der Entwurf von 1850. §. 86. vorgeſchrieben
hatte, mit Rückſicht auf mögliche Fälle ſehr geringer Strafbarkeit in der
Kommiſſion der zweiten Kammer geſtrichen wurde. Nimmt dieß Ver-
gehen, welches übrigens in den früheren Entwürfen noch nicht vorkommt,
die Geſtalt eines beſtimmten Verbrechens an, indem z. B. die Ausfüh-
rung eines hochverrätheriſchen Unternehmens Zweck der Anwerbung
iſt (§. 64.), ſo kommen natürlich andere geſetzliche Vorſchriften zur
Anwendung.
§. 98.
Die Theilnahme an einer Verbindung, deren Daſein, Verfaſſung oder Zweck
vor der Staatsregierung geheim gehalten werden ſoll, oder in welcher gegen
unbekannte Obere Gehorſam, oder gegen bekannte Obere unbedingter Gehorſam
verſprochen wird, iſt an den Mitgliedern mit Gefängniß bis zu ſechs Monaten,
und an den Stiftern, Vorſtehern und Beamten der Verbindung mit Gefängniß
von Einem Monate bis zu Einem Jahre zu beſtrafen.
Gegen öffentliche Beamte iſt zugleich auf zeitige Unfähigkeit zur Bekleidung
öffentlicher Aemter zu erkennen.
§. 99.
Die Theilnahme an einer Verbindung, zu deren Zwecken oder Beſchäfti-
gungen es gehört, Maaßregeln der Verwaltung oder die Vollziehung von
Beſeler Kommentar. 18
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/275>, abgerufen am 03.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.