Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.§§. 91. 92. Aufruhr; Auflauf. dieselbe Strafe gestellt; der Entwurf von 1847. handelte sie gemeinsamab. Es ist aber richtiger, beide Vergehen selbständig hinzustellen und mit verschiedenen Strafen zu bedrohen, da sie sowohl dem Thatbestande als dem Grade der Verschuldung nach nicht von gleicher Beschaffen- heit sind. Es ist hier nämlich von Handlungen die Rede, welche nicht bloß Die Strafe ist Gefängniß von drei Monaten bis zu fünf Jahren, §. 91. Wenn mehrere Personen öffentlich sich zusammenrotten und mit vereinten Diejenigen Theilnehmer, welche Gewaltthätigkeiten gegen Personen oder §. 92. Wenn mehrere auf öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen versammelte e) Bericht der Kommission der ersten Kammer zu §. 90. Vgl. Mo-
tive zum Entwurf von 1850. §. 79. 80. -- Abegg (der Entwurf des Straf- gesetzbuchs von 1850. S. 60. 61.) will die Strafbestimmung über den Aufruhr auch noch auf den Fall angewandt wissen, wenn Beamte oder Behörden zu Handlungen genöthigt werden, welche außerhalb ihrer Kompetenz liegen; er meint jedoch selbst, daß der Nachdruck nicht sowohl auf der rechtlichen Natur der Amtshandlung ruht, als auf dem strafrechtlichen Moment des Zwanges. §§. 91. 92. Aufruhr; Auflauf. dieſelbe Strafe geſtellt; der Entwurf von 1847. handelte ſie gemeinſamab. Es iſt aber richtiger, beide Vergehen ſelbſtändig hinzuſtellen und mit verſchiedenen Strafen zu bedrohen, da ſie ſowohl dem Thatbeſtande als dem Grade der Verſchuldung nach nicht von gleicher Beſchaffen- heit ſind. Es iſt hier nämlich von Handlungen die Rede, welche nicht bloß Die Strafe iſt Gefängniß von drei Monaten bis zu fünf Jahren, §. 91. Wenn mehrere Perſonen öffentlich ſich zuſammenrotten und mit vereinten Diejenigen Theilnehmer, welche Gewaltthätigkeiten gegen Perſonen oder §. 92. Wenn mehrere auf öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen verſammelte e) Bericht der Kommiſſion der erſten Kammer zu §. 90. Vgl. Mo-
tive zum Entwurf von 1850. §. 79. 80. — Abegg (der Entwurf des Straf- geſetzbuchs von 1850. S. 60. 61.) will die Strafbeſtimmung über den Aufruhr auch noch auf den Fall angewandt wiſſen, wenn Beamte oder Behörden zu Handlungen genöthigt werden, welche außerhalb ihrer Kompetenz liegen; er meint jedoch ſelbſt, daß der Nachdruck nicht ſowohl auf der rechtlichen Natur der Amtshandlung ruht, als auf dem ſtrafrechtlichen Moment des Zwanges. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0269" n="259"/><fw place="top" type="header">§§. 91. 92. Aufruhr; Auflauf.</fw><lb/> dieſelbe Strafe geſtellt; der Entwurf von 1847. handelte ſie gemeinſam<lb/> ab. Es iſt aber richtiger, beide Vergehen ſelbſtändig hinzuſtellen und<lb/> mit verſchiedenen Strafen zu bedrohen, da ſie ſowohl dem Thatbeſtande<lb/> als dem Grade der Verſchuldung nach nicht von gleicher Beſchaffen-<lb/> heit ſind.</p><lb/> <p>Es iſt hier nämlich von Handlungen die Rede, welche nicht bloß<lb/> eine Widerſetzlichkeit gegen Vollziehungsbeamte enthalten, ſondern darauf<lb/> gerichtet ſind, die amtliche Thätigkeit der Behörden oder Beamten durch<lb/> Zwang oder Drohung zu beherrſchen, und die alſo, wenn es auf die<lb/> Nöthigung zur Unterlaſſung einer Amtshandlung hinauskommt, einen<lb/> weit ſchwereren Charakter haben, als die in §. 89. vorgeſehenen Fälle.<lb/> Dieſe letzteren bilden eine Klaſſe für ſich, und es bedurfte daher auch<lb/> nicht des in der Kommiſſion der erſten Kammer beantragten Zuſatzes,<lb/> welcher darin beſtehen ſollte, hinter dem Worte „Wer“ hinzuzufügen:<lb/> „außer dem Falle des §. 89.“ — In dem Kommiſſionsbericht wird<lb/> dabei ganz richtig bemerkt, daß in dem Einen Falle der Beamte zu dem<lb/> Thäter komme, der ihm ſich widerſetze, in dem andern aber der Thäter<lb/> zu dem Beamten, um ihn zu zwingen. <note place="foot" n="e)"><hi rendition="#g">Bericht der Kommiſſion der erſten Kammer</hi> zu §. 90. Vgl. <hi rendition="#g">Mo-<lb/> tive zum Entwurf von</hi> 1850. §. 79. 80. — <hi rendition="#g">Abegg</hi> (der Entwurf des Straf-<lb/> geſetzbuchs von 1850. S. 60. 61.) will die Strafbeſtimmung über den Aufruhr auch<lb/> noch auf den Fall angewandt wiſſen, wenn Beamte oder Behörden zu Handlungen<lb/> genöthigt werden, welche außerhalb ihrer Kompetenz liegen; er meint jedoch ſelbſt,<lb/> daß der Nachdruck nicht ſowohl auf der rechtlichen Natur der Amtshandlung ruht,<lb/> als auf dem ſtrafrechtlichen Moment des <hi rendition="#g">Zwanges</hi>.</note> </p><lb/> <p>Die Strafe iſt Gefängniß von drei Monaten bis zu fünf Jahren,<lb/> welche hier auch auf den Verſuch des Vergehens geſetzt iſt.</p> </div> </div><lb/> <div n="3"> <head>§. 91.</head><lb/> <div n="4"> <head/> <p>Wenn mehrere Perſonen öffentlich ſich zuſammenrotten und mit vereinten<lb/> Kräften die in den §§. 89. und 90. genannten Handlungen verüben, ſo wer-<lb/> den dieſelben wegen Aufruhrs mit Gefängniß nicht unter ſechs Monaten<lb/> beſtraft; auch kann gegen ſie auf Stellung unter Polizei-Aufſicht erkannt<lb/> werden.</p><lb/> <p>Diejenigen Theilnehmer, welche Gewaltthätigkeiten gegen Perſonen oder<lb/> Sachen verüben, werden mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren und Stellung<lb/> unter Polizei-Aufſicht beſtraft.</p> </div> </div><lb/> <div n="3"> <head>§. 92.</head><lb/> <div n="4"> <head/> <p>Wenn mehrere auf öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen verſammelte<lb/> Perſonen von den Beamten der gerichtlichen oder der Verwaltungs-Polizei,<lb/> oder von dem Befehlshaber der bewaffneten Macht aufgefordert werden, ſich<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [259/0269]
§§. 91. 92. Aufruhr; Auflauf.
dieſelbe Strafe geſtellt; der Entwurf von 1847. handelte ſie gemeinſam
ab. Es iſt aber richtiger, beide Vergehen ſelbſtändig hinzuſtellen und
mit verſchiedenen Strafen zu bedrohen, da ſie ſowohl dem Thatbeſtande
als dem Grade der Verſchuldung nach nicht von gleicher Beſchaffen-
heit ſind.
Es iſt hier nämlich von Handlungen die Rede, welche nicht bloß
eine Widerſetzlichkeit gegen Vollziehungsbeamte enthalten, ſondern darauf
gerichtet ſind, die amtliche Thätigkeit der Behörden oder Beamten durch
Zwang oder Drohung zu beherrſchen, und die alſo, wenn es auf die
Nöthigung zur Unterlaſſung einer Amtshandlung hinauskommt, einen
weit ſchwereren Charakter haben, als die in §. 89. vorgeſehenen Fälle.
Dieſe letzteren bilden eine Klaſſe für ſich, und es bedurfte daher auch
nicht des in der Kommiſſion der erſten Kammer beantragten Zuſatzes,
welcher darin beſtehen ſollte, hinter dem Worte „Wer“ hinzuzufügen:
„außer dem Falle des §. 89.“ — In dem Kommiſſionsbericht wird
dabei ganz richtig bemerkt, daß in dem Einen Falle der Beamte zu dem
Thäter komme, der ihm ſich widerſetze, in dem andern aber der Thäter
zu dem Beamten, um ihn zu zwingen. e)
Die Strafe iſt Gefängniß von drei Monaten bis zu fünf Jahren,
welche hier auch auf den Verſuch des Vergehens geſetzt iſt.
§. 91.
Wenn mehrere Perſonen öffentlich ſich zuſammenrotten und mit vereinten
Kräften die in den §§. 89. und 90. genannten Handlungen verüben, ſo wer-
den dieſelben wegen Aufruhrs mit Gefängniß nicht unter ſechs Monaten
beſtraft; auch kann gegen ſie auf Stellung unter Polizei-Aufſicht erkannt
werden.
Diejenigen Theilnehmer, welche Gewaltthätigkeiten gegen Perſonen oder
Sachen verüben, werden mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren und Stellung
unter Polizei-Aufſicht beſtraft.
§. 92.
Wenn mehrere auf öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen verſammelte
Perſonen von den Beamten der gerichtlichen oder der Verwaltungs-Polizei,
oder von dem Befehlshaber der bewaffneten Macht aufgefordert werden, ſich
e) Bericht der Kommiſſion der erſten Kammer zu §. 90. Vgl. Mo-
tive zum Entwurf von 1850. §. 79. 80. — Abegg (der Entwurf des Straf-
geſetzbuchs von 1850. S. 60. 61.) will die Strafbeſtimmung über den Aufruhr auch
noch auf den Fall angewandt wiſſen, wenn Beamte oder Behörden zu Handlungen
genöthigt werden, welche außerhalb ihrer Kompetenz liegen; er meint jedoch ſelbſt,
daß der Nachdruck nicht ſowohl auf der rechtlichen Natur der Amtshandlung ruht,
als auf dem ſtrafrechtlichen Moment des Zwanges.
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