Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

Bild:
<< vorherige Seite
Th. II. B. d. einzelnen Verbr. u. Vergehen. Tit. I. Hoch- u. Landesverrath.
§. 66.

Jede andere, ein hochverrätherisches Unternehmen vorbereitende Handlung
soll mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren, oder, wenn festgestellt wird, daß mil-
dernde Umstände vorhanden sind, mit Einschließung von Einem bis zu fünf
Jahren bestraft werden.



An die Vorschriften des Gesetzbuchs über den vollendeten Hochver-
rath schließen sich andere an über solche Handlungen, welche nach all-
gemeinen Rechtsgrundsätzen nicht strafbar sein würden, bei dem Hoch-
verrath aber, wo der Thatbestand des Verbrechens schon den Versuch
in sich schließt, in den Kreis der Strafsatzungen mit hineingezogen sind.
Diese Handlungen sind: das Komplott (§. 63.); besonders schwere Fälle
der Vorbereitung eines Hochverraths (§. 64.); die öffentliche Aufforde-
rung zu einem hochverrätherischen Unternehmen (§. 65.) und jede an-
dere, ein hochverrätherisches Unternehmen vorbereitende Handlung (§.66.).
Die Abweichung von allgemeinen Rechtsgrundsätzen besteht in den ange-
führten Fällen darin, daß bloß vorbereitende Handlungen, die keinen An-
fang der Ausführung enthalten, gegen die Regel des §.31. bestraft wer-
den sollen, und daß nach §. 65. die Aufforderung zu einem Verbre-
chen, ohne Rücksicht auf ihren Erfolg, mit einer andern Strafe bedroht
ist als der des §. 36.

Doch hat, wie oben gezeigt worden ist, das Strafgesetzbuch sich
darin von der älteren Gesetzgebung und Jurisprudenz getrennt, daß es
diese Fälle von dem Hochverrath selbst ausgeschieden und unter mildere
Strafen gestellt hat. Auch sind die strafbaren Handlungen immer auf
den, §. 62. definirten Begriff des vollendeten Hochverraths bezogen, so
daß sie auf ein bestimmtes Unternehmen dieser Art gerichtet sein müssen,
um unter die gesetzliche Strafe zu fallen, und allgemeine, vage hochver-
rätherische Pläne und Bestrebungen nicht dazu gerechnet werden, wenn
sie auch aus andern Gründen, z. B. weil sie zu einer verbotenen Ver-
bindung geführt haben, strafbar erscheinen können. Dieser Sinn der
betreffenden Bestimmungen wurde in der Kommission der zweiten Kam-
mer als der richtige anerkannt, und die Kommission fand sich dadurch
veranlaßt, den Inhalt der Paragraphen im Allgemeinen bestehen zu
lassen, und nur eine Fassung zu wählen, in welcher die Absicht des
Gesetzgebers bestimmter ausgedrückt würde. q) Zu diesem Behuf wurden
zwei Abänderungen in der Regierungsvorlage beschlossen.


q) Bericht der Kommission der zweiten Kammer zu §§. 54-56.
(63-66.)
Th. II. B. d. einzelnen Verbr. u. Vergehen. Tit. I. Hoch- u. Landesverrath.
§. 66.

Jede andere, ein hochverrätheriſches Unternehmen vorbereitende Handlung
ſoll mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren, oder, wenn feſtgeſtellt wird, daß mil-
dernde Umſtände vorhanden ſind, mit Einſchließung von Einem bis zu fünf
Jahren beſtraft werden.



An die Vorſchriften des Geſetzbuchs über den vollendeten Hochver-
rath ſchließen ſich andere an über ſolche Handlungen, welche nach all-
gemeinen Rechtsgrundſätzen nicht ſtrafbar ſein würden, bei dem Hoch-
verrath aber, wo der Thatbeſtand des Verbrechens ſchon den Verſuch
in ſich ſchließt, in den Kreis der Strafſatzungen mit hineingezogen ſind.
Dieſe Handlungen ſind: das Komplott (§. 63.); beſonders ſchwere Fälle
der Vorbereitung eines Hochverraths (§. 64.); die öffentliche Aufforde-
rung zu einem hochverrätheriſchen Unternehmen (§. 65.) und jede an-
dere, ein hochverrätheriſches Unternehmen vorbereitende Handlung (§.66.).
Die Abweichung von allgemeinen Rechtsgrundſätzen beſteht in den ange-
führten Fällen darin, daß bloß vorbereitende Handlungen, die keinen An-
fang der Ausführung enthalten, gegen die Regel des §.31. beſtraft wer-
den ſollen, und daß nach §. 65. die Aufforderung zu einem Verbre-
chen, ohne Rückſicht auf ihren Erfolg, mit einer andern Strafe bedroht
iſt als der des §. 36.

Doch hat, wie oben gezeigt worden iſt, das Strafgeſetzbuch ſich
darin von der älteren Geſetzgebung und Jurisprudenz getrennt, daß es
dieſe Fälle von dem Hochverrath ſelbſt ausgeſchieden und unter mildere
Strafen geſtellt hat. Auch ſind die ſtrafbaren Handlungen immer auf
den, §. 62. definirten Begriff des vollendeten Hochverraths bezogen, ſo
daß ſie auf ein beſtimmtes Unternehmen dieſer Art gerichtet ſein müſſen,
um unter die geſetzliche Strafe zu fallen, und allgemeine, vage hochver-
rätheriſche Pläne und Beſtrebungen nicht dazu gerechnet werden, wenn
ſie auch aus andern Gründen, z. B. weil ſie zu einer verbotenen Ver-
bindung geführt haben, ſtrafbar erſcheinen können. Dieſer Sinn der
betreffenden Beſtimmungen wurde in der Kommiſſion der zweiten Kam-
mer als der richtige anerkannt, und die Kommiſſion fand ſich dadurch
veranlaßt, den Inhalt der Paragraphen im Allgemeinen beſtehen zu
laſſen, und nur eine Faſſung zu wählen, in welcher die Abſicht des
Geſetzgebers beſtimmter ausgedrückt würde. q) Zu dieſem Behuf wurden
zwei Abänderungen in der Regierungsvorlage beſchloſſen.


q) Bericht der Kommiſſion der zweiten Kammer zu §§. 54-56.
(63-66.)
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0236" n="226"/>
          <fw place="top" type="header">Th. II. B. d. einzelnen Verbr. u. Vergehen. Tit. I. Hoch- u.       Landesverrath.</fw><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 66.</head><lb/>
            <div n="4">
              <head/>
              <p>Jede andere, ein hochverrätheri&#x017F;ches Unternehmen         vorbereitende Handlung<lb/>
&#x017F;oll mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren, oder, wenn         fe&#x017F;tge&#x017F;tellt wird, daß mil-<lb/>
dernde Um&#x017F;tände vorhanden         &#x017F;ind, mit Ein&#x017F;chließung von Einem bis zu fünf<lb/>
Jahren         be&#x017F;traft werden.</p>
            </div><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
            <div n="4">
              <head/>
              <p>An die Vor&#x017F;chriften des Ge&#x017F;etzbuchs über den vollendeten         Hochver-<lb/>
rath &#x017F;chließen &#x017F;ich andere an über &#x017F;olche         Handlungen, welche nach all-<lb/>
gemeinen Rechtsgrund&#x017F;ätzen nicht         &#x017F;trafbar &#x017F;ein würden, bei dem Hoch-<lb/>
verrath aber, wo der         Thatbe&#x017F;tand des Verbrechens &#x017F;chon den Ver&#x017F;uch<lb/>
in         &#x017F;ich &#x017F;chließt, in den Kreis der Straf&#x017F;atzungen mit         hineingezogen &#x017F;ind.<lb/>
Die&#x017F;e Handlungen &#x017F;ind: das Komplott         (§. 63.); be&#x017F;onders &#x017F;chwere Fälle<lb/>
der Vorbereitung eines         Hochverraths (§. 64.); die öffentliche Aufforde-<lb/>
rung zu einem         hochverrätheri&#x017F;chen Unternehmen (§. 65.) und jede an-<lb/>
dere, ein         hochverrätheri&#x017F;ches Unternehmen vorbereitende Handlung (§.66.).<lb/>
Die         Abweichung von allgemeinen Rechtsgrund&#x017F;ätzen be&#x017F;teht in den         ange-<lb/>
führten Fällen darin, daß bloß vorbereitende Handlungen, die keinen An-<lb/>
fang         der Ausführung enthalten, gegen die Regel des §.31. be&#x017F;traft wer-<lb/>
den         &#x017F;ollen, und daß nach §. 65. die Aufforderung zu einem Verbre-<lb/>
chen, ohne         Rück&#x017F;icht auf ihren Erfolg, mit einer andern Strafe bedroht<lb/>
i&#x017F;t         als der des §. 36.</p><lb/>
              <p>Doch hat, wie oben gezeigt worden i&#x017F;t, das Strafge&#x017F;etzbuch         &#x017F;ich<lb/>
darin von der älteren Ge&#x017F;etzgebung und Jurisprudenz getrennt,         daß es<lb/>
die&#x017F;e Fälle von dem Hochverrath &#x017F;elb&#x017F;t         ausge&#x017F;chieden und unter mildere<lb/>
Strafen ge&#x017F;tellt hat. Auch         &#x017F;ind die &#x017F;trafbaren Handlungen immer auf<lb/>
den, §. 62. definirten         Begriff des vollendeten Hochverraths bezogen, &#x017F;o<lb/>
daß &#x017F;ie auf ein         be&#x017F;timmtes Unternehmen die&#x017F;er Art gerichtet &#x017F;ein         mü&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
um unter die ge&#x017F;etzliche Strafe zu fallen, und         allgemeine, vage hochver-<lb/>
rätheri&#x017F;che Pläne und Be&#x017F;trebungen nicht         dazu gerechnet werden, wenn<lb/>
&#x017F;ie auch aus andern Gründen, z. B. weil         &#x017F;ie zu einer verbotenen Ver-<lb/>
bindung geführt haben, &#x017F;trafbar         er&#x017F;cheinen können. Die&#x017F;er Sinn der<lb/>
betreffenden         Be&#x017F;timmungen wurde in der Kommi&#x017F;&#x017F;ion der zweiten         Kam-<lb/>
mer als der richtige anerkannt, und die Kommi&#x017F;&#x017F;ion fand         &#x017F;ich dadurch<lb/>
veranlaßt, den Inhalt der Paragraphen im Allgemeinen         be&#x017F;tehen zu<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en, und nur eine         Fa&#x017F;&#x017F;ung zu wählen, in welcher die Ab&#x017F;icht         des<lb/>
Ge&#x017F;etzgebers be&#x017F;timmter ausgedrückt würde. <note place="foot" n="q)"><hi rendition="#g">Bericht der Kommi&#x017F;&#x017F;ion der zweiten           Kammer</hi> zu §§. 54-56.<lb/>
(63-66.)</note> Zu die&#x017F;em Behuf wurden<lb/>
zwei         Abänderungen in der Regierungsvorlage be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[226/0236] Th. II. B. d. einzelnen Verbr. u. Vergehen. Tit. I. Hoch- u. Landesverrath. §. 66. Jede andere, ein hochverrätheriſches Unternehmen vorbereitende Handlung ſoll mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren, oder, wenn feſtgeſtellt wird, daß mil- dernde Umſtände vorhanden ſind, mit Einſchließung von Einem bis zu fünf Jahren beſtraft werden. An die Vorſchriften des Geſetzbuchs über den vollendeten Hochver- rath ſchließen ſich andere an über ſolche Handlungen, welche nach all- gemeinen Rechtsgrundſätzen nicht ſtrafbar ſein würden, bei dem Hoch- verrath aber, wo der Thatbeſtand des Verbrechens ſchon den Verſuch in ſich ſchließt, in den Kreis der Strafſatzungen mit hineingezogen ſind. Dieſe Handlungen ſind: das Komplott (§. 63.); beſonders ſchwere Fälle der Vorbereitung eines Hochverraths (§. 64.); die öffentliche Aufforde- rung zu einem hochverrätheriſchen Unternehmen (§. 65.) und jede an- dere, ein hochverrätheriſches Unternehmen vorbereitende Handlung (§.66.). Die Abweichung von allgemeinen Rechtsgrundſätzen beſteht in den ange- führten Fällen darin, daß bloß vorbereitende Handlungen, die keinen An- fang der Ausführung enthalten, gegen die Regel des §.31. beſtraft wer- den ſollen, und daß nach §. 65. die Aufforderung zu einem Verbre- chen, ohne Rückſicht auf ihren Erfolg, mit einer andern Strafe bedroht iſt als der des §. 36. Doch hat, wie oben gezeigt worden iſt, das Strafgeſetzbuch ſich darin von der älteren Geſetzgebung und Jurisprudenz getrennt, daß es dieſe Fälle von dem Hochverrath ſelbſt ausgeſchieden und unter mildere Strafen geſtellt hat. Auch ſind die ſtrafbaren Handlungen immer auf den, §. 62. definirten Begriff des vollendeten Hochverraths bezogen, ſo daß ſie auf ein beſtimmtes Unternehmen dieſer Art gerichtet ſein müſſen, um unter die geſetzliche Strafe zu fallen, und allgemeine, vage hochver- rätheriſche Pläne und Beſtrebungen nicht dazu gerechnet werden, wenn ſie auch aus andern Gründen, z. B. weil ſie zu einer verbotenen Ver- bindung geführt haben, ſtrafbar erſcheinen können. Dieſer Sinn der betreffenden Beſtimmungen wurde in der Kommiſſion der zweiten Kam- mer als der richtige anerkannt, und die Kommiſſion fand ſich dadurch veranlaßt, den Inhalt der Paragraphen im Allgemeinen beſtehen zu laſſen, und nur eine Faſſung zu wählen, in welcher die Abſicht des Geſetzgebers beſtimmter ausgedrückt würde. q) Zu dieſem Behuf wurden zwei Abänderungen in der Regierungsvorlage beſchloſſen. q) Bericht der Kommiſſion der zweiten Kammer zu §§. 54-56. (63-66.)

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/236
Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/236>, abgerufen am 21.11.2024.