ein Gebiet, auf welchem nur der Spruch des Richters, der legis instar gelten muß, sich in ungefährdeter Autorität behauptet.
Erwägungen dieser und ähnlicher Art sind es ohne Zweifel gewe- sen, die den jetzt regierenden Monarchen bald nach seinem Regierungs- antritte bewogen haben, die frühere Form der Bestätigung von Todes- urtheilen aufzugeben, und an ihre Stelle die Formel zu setzen:
"daß der Gerechtigkeit freier Lauf zu lassen." Der Einwand endlich: daß durch das Aufgeben der Landesherr- lichen Bestätigung leicht eine Beeinträchtigung des landesherrlichen Be- gnadigungsrechtes herbeigeführt werden könnte, widerlegt sich, wenn man -- wie der Entwurf der neuen Strafprozeßordnung es §. 514. vor- schlägt:
ein Todesurteil nicht eher vollstrecken läßt, als bis fest steht, daß der König von seinem Begnadigungsrecht keinen Gebrauch ge- macht habe -- (Justizministerial-Blatt von 1851. S. 143.) -- und es scheint in diesem Vorschlage überhaupt der richtige Weg getrof- fen zu sein, auf welchem die vielberufene Frage über das landesherr- liche Bestätigungsrecht bei Todesurtheilen in angemessener, der Gerech- tigkeit und Autorität des Landesherrn gleich entsprechender Weise, von der Gesetzgebung wird gelöst werden müssen.
§. 10.
Die Zuchthausstrafe ist entweder eine lebenslängliche oder eine zeitige.
Die Dauer der zeitigen Zuchthausstrafe ist mindestens zwei Jahre und höchstens zwanzig Jahre.
§. 11.
Die zur Zuchthausstrafe Verurtheilten werden in einer Strafanstalt verwahrt und zu den in derselben eingeführten Arbeiten angehalten.
Während der Strafzeit sind die zur Zuchthausstrafe Verurtheilten unfähig, ihr Vermögen zu verwalten und unter Lebenden darüber zu verfügen; sie wer- den nach den Formen, die zur Ernennung der Vormünder vorgeschrieben sind, unter Vormundschaft gestellt; auch darf ihnen während der Strafzeit kein Theil ihres Vermögens oder ihrer Einkünfte verabfolgt werden.
Die Verurtheilung zur Zuchthausstrafe zieht den Verlust der bürgerlichen Ehre von Rechtswegen nach sich.
Die Zuchthausstrafe ist diejenige Strafe, welche gewöhnlich bei Verbrechen zur Anwendung kommt; sie findet sich daher sehr häufig in dem Gesetzbuch. Ihrer Dauer nach ist sie entweder eine lebenslängliche oder zeitige.
I. Die lebenslängliche Zuchthausstrafe. Diese ist an- gedroht
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§§. 10. 11. Die Zuchthausſtrafe.
ein Gebiet, auf welchem nur der Spruch des Richters, der legis instar gelten muß, ſich in ungefährdeter Autorität behauptet.
Erwägungen dieſer und ähnlicher Art ſind es ohne Zweifel gewe- ſen, die den jetzt regierenden Monarchen bald nach ſeinem Regierungs- antritte bewogen haben, die frühere Form der Beſtätigung von Todes- urtheilen aufzugeben, und an ihre Stelle die Formel zu ſetzen:
„daß der Gerechtigkeit freier Lauf zu laſſen.“ Der Einwand endlich: daß durch das Aufgeben der Landesherr- lichen Beſtätigung leicht eine Beeinträchtigung des landesherrlichen Be- gnadigungsrechtes herbeigeführt werden könnte, widerlegt ſich, wenn man — wie der Entwurf der neuen Strafprozeßordnung es §. 514. vor- ſchlägt:
ein Todesurteil nicht eher vollſtrecken läßt, als bis feſt ſteht, daß der König von ſeinem Begnadigungsrecht keinen Gebrauch ge- macht habe — (Juſtizminiſterial-Blatt von 1851. S. 143.) — und es ſcheint in dieſem Vorſchlage überhaupt der richtige Weg getrof- fen zu ſein, auf welchem die vielberufene Frage über das landesherr- liche Beſtätigungsrecht bei Todesurtheilen in angemeſſener, der Gerech- tigkeit und Autorität des Landesherrn gleich entſprechender Weiſe, von der Geſetzgebung wird gelöſt werden müſſen.
§. 10.
Die Zuchthausſtrafe iſt entweder eine lebenslängliche oder eine zeitige.
Die Dauer der zeitigen Zuchthausſtrafe iſt mindeſtens zwei Jahre und höchſtens zwanzig Jahre.
§. 11.
Die zur Zuchthausſtrafe Verurtheilten werden in einer Strafanſtalt verwahrt und zu den in derſelben eingeführten Arbeiten angehalten.
Während der Strafzeit ſind die zur Zuchthausſtrafe Verurtheilten unfähig, ihr Vermögen zu verwalten und unter Lebenden darüber zu verfügen; ſie wer- den nach den Formen, die zur Ernennung der Vormünder vorgeſchrieben ſind, unter Vormundſchaft geſtellt; auch darf ihnen während der Strafzeit kein Theil ihres Vermögens oder ihrer Einkünfte verabfolgt werden.
Die Verurtheilung zur Zuchthausſtrafe zieht den Verluſt der bürgerlichen Ehre von Rechtswegen nach ſich.
Die Zuchthausſtrafe iſt diejenige Strafe, welche gewöhnlich bei Verbrechen zur Anwendung kommt; ſie findet ſich daher ſehr häufig in dem Geſetzbuch. Ihrer Dauer nach iſt ſie entweder eine lebenslängliche oder zeitige.
I. Die lebenslängliche Zuchthausſtrafe. Dieſe iſt an- gedroht
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§§. 10. 11. Die Zuchthausſtrafe.
ein Gebiet, auf welchem nur der Spruch des Richters, der legis instar
gelten muß, ſich in ungefährdeter Autorität behauptet.
Erwägungen dieſer und ähnlicher Art ſind es ohne Zweifel gewe-
ſen, die den jetzt regierenden Monarchen bald nach ſeinem Regierungs-
antritte bewogen haben, die frühere Form der Beſtätigung von Todes-
urtheilen aufzugeben, und an ihre Stelle die Formel zu ſetzen:
„daß der Gerechtigkeit freier Lauf zu laſſen.“
Der Einwand endlich: daß durch das Aufgeben der Landesherr-
lichen Beſtätigung leicht eine Beeinträchtigung des landesherrlichen Be-
gnadigungsrechtes herbeigeführt werden könnte, widerlegt ſich, wenn man
— wie der Entwurf der neuen Strafprozeßordnung es §. 514. vor-
ſchlägt:
ein Todesurteil nicht eher vollſtrecken läßt, als bis feſt ſteht, daß
der König von ſeinem Begnadigungsrecht keinen Gebrauch ge-
macht habe — (Juſtizminiſterial-Blatt von 1851. S. 143.) —
und es ſcheint in dieſem Vorſchlage überhaupt der richtige Weg getrof-
fen zu ſein, auf welchem die vielberufene Frage über das landesherr-
liche Beſtätigungsrecht bei Todesurtheilen in angemeſſener, der Gerech-
tigkeit und Autorität des Landesherrn gleich entſprechender Weiſe, von
der Geſetzgebung wird gelöſt werden müſſen.
§. 10.
Die Zuchthausſtrafe iſt entweder eine lebenslängliche oder eine zeitige.
Die Dauer der zeitigen Zuchthausſtrafe iſt mindeſtens zwei Jahre und
höchſtens zwanzig Jahre.
§. 11.
Die zur Zuchthausſtrafe Verurtheilten werden in einer Strafanſtalt verwahrt
und zu den in derſelben eingeführten Arbeiten angehalten.
Während der Strafzeit ſind die zur Zuchthausſtrafe Verurtheilten unfähig,
ihr Vermögen zu verwalten und unter Lebenden darüber zu verfügen; ſie wer-
den nach den Formen, die zur Ernennung der Vormünder vorgeſchrieben ſind,
unter Vormundſchaft geſtellt; auch darf ihnen während der Strafzeit kein Theil
ihres Vermögens oder ihrer Einkünfte verabfolgt werden.
Die Verurtheilung zur Zuchthausſtrafe zieht den Verluſt der bürgerlichen
Ehre von Rechtswegen nach ſich.
Die Zuchthausſtrafe iſt diejenige Strafe, welche gewöhnlich bei
Verbrechen zur Anwendung kommt; ſie findet ſich daher ſehr häufig in
dem Geſetzbuch. Ihrer Dauer nach iſt ſie entweder eine lebenslängliche
oder zeitige.
I. Die lebenslängliche Zuchthausſtrafe. Dieſe iſt an-
gedroht
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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/109>, abgerufen am 22.02.2025.
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